Bei Swiss Re folgt Andreas Berger als Konzernchef auf Christian Mumenthaler – trotz starker Jahreszahlen 2023. Der Aktienkurs des Rückversicherers hat sich in den vergangenen Jahren allerdings deutlich schlechter entwickelt als bei der Konkurrenz.
Der Rückversicherer Swiss Re bekommt einen neuen Konzernchef. Andreas Berger wird ab Juli dieses Jahres die Nachfolge von Christian Mumenthaler antreten. Der 54-jährige Mumenthaler hatte das Amt seit Juli 2016 ausgeübt.
Berger, 57, leitet bei dem Rückversicherer die Geschäftseinheit Corporate Solutions, die das Erstversicherungsgeschäft mit Grosskunden bündelt. Der Verwaltungsrat der Swiss Re sei sich einig gewesen, dass Berger die richtige Führungspersönlichkeit sei, um den Rückversicherer in die nächste Phase der Entwicklung zu führen, wurde Jacques de Vaucleroy, Vizepräsident des Swiss-Re-Verwaltungsrats, in einer Mitteilung zitiert.
Der in Kigali, Rwanda, geborene Deutsche Berger ist seit 2019 bei Swiss Re und war zuvor in Führungspositionen bei dem Beratungsunternehmen Boston Consulting Group sowie den Versicherern Gerling und Allianz tätig.
Starke Jahreszahlen nach Enttäuschungen
Im Jahr 2023 hatte Swiss Re, die zu den grössten Rückversicherern der Welt zählt, zum ersten Mal seit langem wieder starke Jahreszahlen publiziert. Mumenthaler hielt dabei sein Versprechen, Swiss Re werde einen Reingewinn von mehr als 3 Milliarden Dollar erzielen. Mehrmals hatte sich das Management des Rückversicherers in den Jahren davor aber zu optimistisch gezeigt und war hinter den Erwartungen von Investoren zurückgeblieben.
«Man konnte den Rücktritt irgendwann erwarten, das Timing ist aber überraschend», sagt Simon Fössmeier, Versicherungsanalytiker bei der Bank Vontobel. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 habe Swiss Re durchwachsene bis schlechte Geschäftszahlen vorgelegt. Die Gewinnorientierung des Unternehmens sei «nicht die ausgeprägteste». Lange Jahre hatte Swiss Re mit äusseren Umständen wie den ultraniedrigen Zinsen, teuren Naturkatastrophen oder der Corona-Pandemie gehadert. Diese Umstände hatte die Konkurrenz aber auch zu erdulden.
Aktien von Munich Re und Hannover Re besser
Ein anderer Beobachter sagte dazu, dass Mumenthaler in dieser Zeit Glück gehabt habe, dass potenzielle Nachfolger wie der Underwriting-Chef Thierry Léger das Unternehmen verlassen hätten. Léger startete im Mai 2023 als Konzernchef des französischen Konkurrenten Scor. Mehr als zwanzig Quartale lang bekomme man selten eine Chance, hiess es weiter.
Im Jahr 2023 sah es dann für Swiss Re besser aus, und der Rückversicherer setzte auch deutliche Preiserhöhungen durch. Im laufenden Jahr haben die Titel von Swiss Re bisher ein Plus von 18 Prozent erzielt. Die davor lange Jahre verhaltene Entwicklung des Aktienkurses sorgte unter Investoren indessen immer wieder für Kritik an Mumenthaler.
In den vergangenen fünf Jahren verbuchten die Aktien von Swiss Re – Dividenden nicht eingerechnet – ein mageres Plus von knapp 15 Prozent. Bei den Wettbewerbern Hannover Re und Munich Re waren es hingegen rund 90 beziehungsweise 110 Prozent. Rechnet man die Dividenden ein, lagen die Werte in den vergangenen fünf Jahren für Swiss Re bei 60 Prozent, bei Hannover Re bei 127 und bei Munich Re bei 160 Prozent.
Laut Georg Marti und Michael Klien, Analytiker bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), sei es wohl nach acht Jahren an der Zeit gewesen, einen Nachfolger für Mumenthaler zu ernennen. Berger habe mit dem erfolgreichen Turnaround der Unternehmenseinheit Corporate Solutions einen guten Leistungsausweis und dürfte vom Markt positiv aufgenommen werden. Bis zum Mittwochnachmittag reagierte die Swiss-Re-Aktie indessen mit einem Minus von 3,3 Prozent, während das Leitbarometer Swiss-Market-Index (SMI) leicht im Plus lag.
Kurzes Intermezzo von Sergio Ermotti bei Swiss Re
«Swiss Re hatte 2023 wieder ein gutes Geschäftsjahr, aber es gibt noch viel zu tun», sagt Fössmeier. Das Unternehmen profitiere gerade von der positiven Marktsituation. Die Ernennung von Berger sieht er auch als Massnahme, um in schlechteren Zeiten nicht in alte Muster zurückzufallen.
Dies war eine der Sorgen gewesen, nachdem Sergio Ermotti nach einem kurzen Intermezzo als Verwaltungsratspräsident bei Swiss Re zur UBS zurückging, um dort erneut das Amt des Konzernchefs zu übernehmen. Ermotti galt als Initiant der Neuausrichtung der 1863 in Zürich gegründeten Swiss Re.
Mumenthalers Rücktritt erfolge wohl unabhängig vom Wechsel des Verwaltungsratspräsidenten, sagt Fössmeier. Der jetzige UBS-Konzernchef habe bei dem Rückversicherer viele Dinge angestossen, die de Vaucleroy nun fortführe. Der Belgier mit Jahrgang 1961 ist bei der Generalversammlung am 12. April zur Wahl als neuer Verwaltungsratspräsident von Swiss Re vorgeschlagen. De Vaucleroy sei «ähnlich ergebnisorientiert wie Ermotti», sagt Fössmeier.