Was einst eine lukrative Anlageoption für Versicherungen und Pensionskassen darstellte, hat im Zuge der Zinswende an Attraktivität verloren. Mancher Player und auch viele Broker im Hypogeschäft sind de facto von der Bildfläche verschwunden. Für die Bankkunden hat dies weitreichende Folgen.
Die Hypothekenlandschaft hat sich dramatisch gewandelt. Blenden wir zurück: Noch im Sommer 2022 investierten Versicherungen und Pensionskassen im grossen Stil in den Schweizer Hypothekarmarkt. Sie wollten negativen Zinsen entfliehen, die auf ihren Guthaben lasteten. Hypotheken galten als attraktive Alternative zu den damals negativ verzinsten Obligationen. Hypotheken brachten bis zu 2 Prozent mehr Ertrag als Bundesobligationen.
Das Ende der Negativzinsen
Doch mit dem Ende der Negativzinsen im September 2022 verloren Hypotheken ihre Anziehungskraft als Investitionsvehikel rapide. «Versicherungen und Pensionskassen sind auf dem Markt kaum noch zu spüren», sagt Adrian Wenger, Finanzierungsexperte beim VZ Vermögenszentrum . Ein gewichtiger Fall ist die Zurich-Versicherung, die keine neuen Hypotheken mehr gewährt. Die Finanzierung sei im Umfeld höherer Zinsen schwieriger geworden, schreibt dazu die Versicherung. Die CS ist im Zug der Fusion mit der UBS laut verschiedenen Experten ebenfalls kaum aktiv. Die Bank will sich auf Anfrage aber nicht zu ihrem Marktverhalten äussern.
Früher war es ein Leichtes, aus fünf bis zehn verschiedenen Offerten von Banken und Versicherungen auszuwählen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Jetzt findet man bestenfalls eine Handvoll Optionen, hauptsächlich von Kantonalbanken, Raiffeisen und Regionalbanken, für die Hypotheken ein Kerngeschäft darstellt.
Der Weg zu einer Finanzierung – und dann noch zu einem möglichst attraktiven Zins – ist beschwerlicher geworden. Die meisten Kunden müssen bei zwei oder drei Banken persönlich vorbeigehen und verhandeln. In der Schlussrunde wählen sie aus einem engen Angebot aus.
Vermittler von Hypotheken unter Druck
Doch das ist nicht die einzige Veränderung im Spiel, wie Adrian Wenger vom VZ betont: Die Hypothekenbroker und Plattformen wie Moneypark, Hypoguide oder Valuu von Postfinance verlieren massiv an Einfluss. In Zeiten niedriger Zinsen blühten sie auf, doch nun harzt das Vermittlungsgeschäft. Dabei spielt auch eine Rolle, dass viele Player aus dem Nicht-Bankenbereich ganz einfach wegbrechen.
Kunden, die 2021 oder 2022 eine Hypothek zu sehr niedrigen Zinsen bei einer Versicherung abgeschlossen haben, stehen nun vor Problemen. Wenn der vermittelnde Broker nicht mehr am Markt aktiv ist, finden diese Kreditnehmer niemanden mehr, an den sie sich wenden können. Auch bei den direkten Geldgebern, also den Pensionskassen und Versicherungen, ist es oft schwierig, eine Kontaktstelle für Fragen rund um die Hypothek zu finden.
Diese Institutionen haben mittlerweile attraktivere Anlageoptionen gefunden und sind kaum noch bereit, im Hypothekarmarkt «Kampfangebote» zu unterbreiten, um die Konkurrenz auszustechen.
Wie Kunden den Wandel spüren
Adrian Wenger weist darauf hin, dass Verlängerungen von solchen Hypotheken jetzt kaum wettbewerbsfähig sein werden. Kunden, die in der Lage sind, den gesamten Betrag bei einer Bank neu zu finanzieren, könnten noch glimpflich davonkommen. Schwieriger ist die Situation für diejenigen, die ihre Hypothek in mehrere Teile aufgeteilt haben, wie etwa in eine 5- und eine 10-jährige Laufzeit. Diese Gruppe wird wahrscheinlich erst handeln können, wenn die letzte Tranche fällig wird. Wer also gehofft hat, bei den Zinsen viel Geld zu sparen, wird am Ende mehr bezahlen müssen.
Die Fachleute sind sich einig, dass die Banken bei den besten Angeboten das Ruder übernommen haben. Florian Schubiger, Finanzierungsspezialist bei der Internetplattform Hypotheke.ch, ist über das Ausmass der Trendwende überrascht: «Eine Stichprobe zeigt, dass heute nur noch etwa 10 bis 20 Prozent der Topangebote von Nicht-Banken kommen.»
Doch wie aktiv sind Bankkunden, wenn es darum geht, das beste Angebot am Markt aufzuspüren? Studien zeigen, dass die Mehrheit ausgesprochen wechselfaul ist. Andreas Dietrich, Professor für Banking an der Hochschule Luzern, sagt dazu: «Wenn eine Hypothek neu zu finanzieren ist, holen die meisten Leute nicht einmal eine Konkurrenzofferte ein oder tun es nur, um bei den Verhandlungen etwas Druck zu machen.»
Der direkte Weg zu besseren Konditionen
Den Markt auszuloten, Offerten einzuholen und Gespräche zu führen, sei aufwendig und bei den Kunden nicht sehr beliebt. Paradoxerweise schenkten die meisten Leute einer Hotelbuchung mehr Aufmerksamkeit als ihrer Hypothek, stellt der Luzerner Professor fest. Dazu kommt, dass die Preise nicht leicht ersichtlich sind und von den Banken individuell gestaltet werden.
Bleibt die Frage, welcher Darlehensgeber zu welchem Kunden passt. Vor allem Familien, die knapp kalkulieren, halten sich mit Vorteil an die klassischen Hypothekarbanken. Geschäftskunden finden meist bei den grösseren Kantonal- und Raiffeisenbanken, bei Privat- oder Grossbanken die Expertise, die sie für ihre Projekte brauchen.
Noch einmal ein anderes Segment sind Ferienimmobilien. Hier sollten Private aus dem Unterland, die in Graubünden oder im Wallis eine Ferienwohnung kaufen, unbedingt lokale Anbieter in Betracht ziehen. Diese unterbreiten in ihrem Stammgebiet meist die besseren Zinsofferten als auswärtige Banken. Die Wahl eines Hypothekengebers, sei es für das eigene Zuhause oder eine Ferienimmobilie, ist in jedem Fall eine folgenreiche finanzielle Entscheidung.