Melania Trump sorgte mit ihren Looks stets für Aufsehen und oft auch für Kritik. Wird sie sich für die zweite Runde als First Lady modisch mehr zurückhalten?
Melania Trump hat als First Lady so einige Dinge anders gemacht als ihre Vorgängerinnen. Und wie es derzeit aussieht, wird sich daran auch in der zweiten Runde mit Donald Trump als US-Präsidenten nicht viel ändern. So lehnte Melania Trump es beispielsweise ab, die gegenwärtige First Lady Dr. Jill Biden nach der Wahl im Weissen Haus zum freundlichen Tee-Plausch zu treffen, so wie es traditionell nach Präsidentschaftswahlen in den USA üblich ist. Mehrere Medien wie die Zeitung «New York Post» und der TV-Sender CNN berichteten zudem über Aussagen einer Quelle aus Mar-a-Lago in Florida, wonach Melania Trump nicht komplett nach Washington (DC) umziehen wolle, sondern ihre Zeit zwischen dem Anwesen der Familie in Florida, New York und dem Weissen Haus aufteilen werde. Zudem wolle sie nur grosse und wichtige Events wahrnehmen. Sozusagen als «Teilzeit-First-Lady».
Das passt zu einer Präsidentengattin, die sich in der Rolle nie so richtig wohlzufühlen schien, die dafür kritisch beäugt und kritisiert und oft als rätselhaft wahrgenommen wurde. Das liegt auch daran, dass Trump praktisch nie Interviews gab. Umso mehr fokussierte sich die Presse während der ersten Amtszeit ihres Mannes oft auf ihre äussere Erscheinung. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch dieses Mal wieder mit höchster Aufmerksamkeit analysiert, kommentiert und interpretiert wird, was Melania Trump trägt. Wie wird die 54-Jährige darauf eingehen?
Mode als Ersatz für Worte
Die Garderobe der First Lady wird in Zeiten von Social Media ohnehin mehr denn je unter die Lupe genommen, doch im Fall von Melania Trump musste die Mode als Ersatz herhalten für fehlende Aussagen und Auftritte, die etwas über Trumps persönliche Werte und Meinungen verraten könnten. Dass berühmte amerikanische Designer wie Marc Jacobs oder Tom Ford kurz nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im Jahr 2016 öffentlich verkündeten, sie würden Melania Trump nicht ausstatten, spielte bald keine Rolle mehr. Melania Trump hatte das Budget und den Geschmack, beziehungsweise Stylisten an ihrer Seite, um sich auch ohne die Hilfe der liberalen amerikanischen Mode-Elite einzukleiden.
Ein Coverbild auf der amerikanischen «Vogue», auch das eine Tradition in der Karriere einer First Lady, war ihr nicht vergönnt während der ersten Amtszeit Trumps. Besuche von Modenschauen oder Events – Jill Biden sah man zum Beispiel im vergangenen September auf der Show von Ralph Lauren – gab es ebenfalls nicht.
Die Branche wollte mit dem ehemaligen Model nichts zu tun haben. Dabei sah und sieht Melania Trump immer sehr gut und elegant aus, wenn auch auf eine eher weiblich-konservative Art und Weise: Die Schuhe sind hoch, die Kleider tailliert, die Blazer chic und die Jeans eng. Dabei schien sie durchaus Spass daran zu haben, sich für wichtige und viel fotografierte Auftritte als First Lady mit möglichst dramatischen (und teuren) Accessoires in Szene zu setzen.
Was will Melania Trump mit ihren Looks bezwecken?
Auf einer Reise nach Rom für einen Besuch von Papst Franziskus im Jahr 2017 erschien sie im sizilianischen Witwen-Look von Dolce & Gabbana. Unverständnis erregte ein Auftritt in High Heels im gleichen Jahr beim Besuch des Katastrophengebiets in Texas nach dem Hurrikan «Harvey». Und auf einer Afrika-Reise im Jahr 2018 sorgte sie mit einem Hut im Stil früherer Kolonialherren für so viel Aufregung, dass es kein Wunder ist, dass die Öffentlichkeit mehr über ihren Look diskutierte «und nicht über das, was ich tue», wie sie nach der Reise beklagte.
Man war sich bei Trump jedoch nie so richtig sicher, ob die Schlagzeilen sie wirklich störten oder ob sie nicht gezielt mit der Presse spielte und dabei Mode als Werkzeug benutzte. Der wohl denkwürdigste Look legte ebendas nahe: Trump besuchte Kinder von Einwanderern, die aufgrund eines Gesetzes ihres Mannes von ihren Eltern getrennt worden waren und an der Grenze zu Mexiko festgehalten wurden. Dabei trug sie die legendäre Zara-Jacke, auf deren Rücken geschrieben stand: «I really don’t care, do u?».
Was genau Trump damit bezweckte, darüber schrieben sich unzählige Beobachter die Finger wund. Inzwischen hat Trump selbst etwas darüber geschrieben: In ihrer Autobiografie, die vor wenigen Wochen erschienen ist, erklärt die nächste First Lady, sie habe die Jacke getragen, um eine Botschaft an die Presse zu senden: dass sie sich in ihrer Mission, die Dinge zu tun, die sie für richtig hält, nie von der Kritik der Öffentlichkeit zurückhalten lassen werde.
Dezente Kleidung am Wahltag
Melania, die zu Unrecht Unverstandene? Was auch immer sie mit der Jacke aussagen wollte, dass die Öffentlichkeit darauf heftig reagieren würde, muss ihr klar gewesen sein. Auch Melania Trump möchte bemerkt werden, aber wie viele Menschen in der Öffentlichkeit versucht sie, selbst zu beeinflussen, warum man sie bemerkt. In ihrer Autobiografie outet sie sich als überzeugte Befürworterin von Abtreibungen und plädiert für die Freiheit der Frauen, selbst über ihre Körper zu bestimmen, eine Meinung, die sie von so einigen rechtskonservativen Mitgliedern im künftigen Kabinett ihres Mannes unterscheidet.
Gut möglich, dass Melania Trump künftig gezielter und vielleicht auch direkter mit der Öffentlichkeit kommunizieren wird – aber eben nur dann und auf die Weise, die ihr passt. Mode könnte dann vielleicht eine eher untergeordnete Rolle spielen. Am Wahltag trug Trump erst ein gepunktetes Hemdblusenkleid, und in der Wahlnacht ein graues Kostüm. Beide Looks von Christian Dior waren elegant, dezent und verzichteten auf laute oder offensichtliche Statements.
Melania Trump möchte sich seltener bei offiziellen Terminen zeigen, als es für eine First Lady eigentlich vorgesehen ist – und vielleicht möchte sie dann auch, dass ihre Garderobe möglichst wenig Grund für Kommentare liefert. So oder so, Unterstützung hat sie. Das Branchenblatt «Women’s Wear Daily» interviewte den Designer, der seit Jahren auch ihr persönlicher Stylist ist: Hervé Pierre. Pierre erklärte, er gehe regelmässig für Melania Trump einkaufen.
Massgefertigte Looks gebe es kaum, weil viele Häuser sich weigerten, mit ihr zusammenzuarbeiten. Und zwar gerade solche aus den USA – ein Grund, warum Trump so selten amerikanische Labels trage. «Dafür wurde sie oft kritisiert. Aber man darf nicht vergessen, dass viele Marken sie nicht willkommen heissen. Ich respektiere das. Aber mein Job ist es, sie einzukleiden. Ich werde also überall dorthin gehen, wo ich etwas Passendes für sie finde.» Und wenn es eben die Stores der grossen europäischen Luxusmarken sind.