Die Importabgaben sollen sich auf alle Güter erstrecken. Das könnte sowohl den USA als auch der EU wirtschaftlichen Schaden zufügen.
Donald Trump weitet den Handelsstreit mit Europa deutlich aus. Am Mittwoch hat der amerikanische Präsident während der ersten Sitzung seines Kabinetts angekündigt, dass die USA bald hohe Importzölle auf Güterimporte aus der EU einführen würden.
«Wir haben eine Entscheidung getroffen und werden sie bald verkünden, sagte Trump. «Es werden 25 Prozent sein.» Er fügte an, dass es sich um allgemeine Zölle handeln werde, erwähnte aber spezifisch noch Importe von Autos.
Wie üblich sparte der amerikanische Präsident vor den Medien nicht mit wilden Behauptungen, um sein Gegenüber in die Ecke zu drängen. «Die Europäische Union wurde gegründet, um die USA abzuzocken. Das ist ihr Zweck», sagte Trump.
Die angedrohten Zölle und Trumps Äusserungen gelten der EU, nicht ganz Europa. Die Schweiz dürfte von den neuesten Einfuhrabgaben vermutlich nicht direkt betroffen sein. Indirekt wird sich der Streit zwischen ihren beiden wichtigsten Handelspartnern indes auch auf die Eidgenossenschaft auswirken.
Höher als erwartet
Dass Trump mit Zöllen gegen die EU vorgeht, kommt nicht überraschend. Er hat in den vergangenen Monaten regelmässig das Defizit der USA im Güterhandel mit Europa kritisiert. Er hat sich schon mehrfach für Einfuhrabgaben ausgesprochen, hielt diese Drohung bis anhin aber stets vage. Bisher hatte Trump von Zöllen zwischen 10 und 20 Prozent gesprochen.
Ein allgemeiner Importzoll von 25 Prozent würde den Handelsstreit zwischen den USA und der EU massiv ausweiten und könnte beiden Parteien wirtschaftlichen Schaden zufügen. Der europäische Staatenbund ist, neben Mexiko und Kanada, der wichtigste Handelspartner Amerikas. Unmittelbar nach Trumps Äusserungen schwächte sich der Euro gegenüber dem Dollar leicht ab.
Trumps Zölle dürften zu Retorsionsmassnahmen seitens der EU führen. Ihre Vertreter haben in den vergangenen Wochen bereits durchblicken lassen, dass sie wohl nicht mit allgemeinen Zöllen, sondern mit Nadelstichen reagieren werden. Weil die EU-Mitgliedsstaaten stärker als die USA in den Welthandel integriert sind und sie zudem Rohstoffe und Vorprodukte aus Amerika für ihre eigene Industrie brauchen, wollen sie den Handelsstreit nicht über Gebühr ausdehnen.
Die EU dürfte daher ausgewählte Branchen und Unternehmen in republikanisch dominierten Regionen mit Vergeltungszöllen ins Visier nehmen. 2018, im Zollstreit während Trumps erster Regierungszeit, belegten die Europäer etwa Whiskey aus Kentucky oder Motorräder der Marke Harley Davidson mit einer Importabgabe. Das Ziel solcher Nadelstiche ist es, einflussreiche Politiker aus den betroffenen Regionen dazu zu bringen, sich bei Trump für ein Ende des Handelsstreits einzusetzen.
Ein Problem für beide Seiten besteht darin, dass die EU Trump nicht viel anbieten kann, was er innenpolitisch als Sieg verkaufen könnte. Europäische Konsumenten zeigen sich an amerikanischen Autos wenig interessiert. Auch die Importe von Flüssiggas und von landwirtschaftlichen Gütern wie Soja oder Mais lassen sich nicht beliebig erhöhen; hinzu kommt, dass die EU-Kommission selbst gar keine Gasimporte tätigen kann.
Für die amerikanischen Importeure und Konsumenten dürften die neuen Zölle zu höheren Preisen für europäische Güter führen. Viele Analysten warnen daher seit Monaten davor, dass Trumps Zollstrategie die Inflation in den USA wieder anheizen könnte. Eine Befürchtung, welche die amerikanische Regierung selbst nicht teilt.
Doch es gibt erste Anzeichen, dass die vielen Handelskonflikte die amerikanischen Konsumenten verunsichern und sie deswegen ihre Inflationserwartung für die nächsten Jahre erhöhen. Sollte sich dieser Trend in den kommenden Monaten bestätigen, dürfte es der amerikanischen Notenbank künftig deutlich schwerer fallen, die Inflation zu bekämpfen; weil diese Inflationserwartungen sich manchmal als sich selbst erfüllende Prophezeiungen herausstellen.
Weitere Zölle sind in Vorbereitung
Eine Reihe der bisherigen Zollmassnahmen, die Donald Trumps Regierung zuvor bereits angekündigt hat, würden auch die EU treffen. Darunter sind die bald in Kraft tretenden Stahl- und Aluminiumzölle von 25 Prozent; oder die «Gegenzölle», die Amerika frühestens ab Anfang April von Handelspartnern verlangen will, die ihrerseits höhere Importzölle als die USA erheben oder sich in sonstiger Weise einen aus Sicht Trumps «unfairen» Vorteil verschafft haben.
Die USA verzeichnen seit vielen Jahren ein grosses Handelsbilanzdefizit gegenüber der EU. In den vergangenen drei Jahren ist das Handelsvolumen zwischen den beiden Parteien deutlich angewachsen, das Defizit ist jedoch stabil geblieben. Unter anderem haben die Europäer ihre Importe von Flüssiggas seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine deutlich erhöht, um ihre Abhängigkeit von Russland zu verringern.
Indem die USA den Handelsstreit mit der EU ausweiten, verschärfen sie auch die bestehende Krise in der transatlantischen Beziehung. Trump hat, seit er vor einem Monat die Präsidentschaft übernommen hat, angedroht, die Unterstützung für die angegriffene Ukraine einzustellen, und verhandelt jetzt über die Köpfe der Europäer hinweg mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs. Er hat den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski als «Diktator» bezeichnet und auch darüber hinaus bereitwillig russische Propaganda übernommen.
Dies führte zu Konsternation in Europas Hauptstädten und zur Erkenntnis, dass man sich im Zweifelsfall auch militärisch nicht mehr auf die USA verlassen kann, Nato-Beistandspflicht hin oder her.
Die sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Folgen dieses schweren Streits sind noch nicht absehbar. Trumps neueste Zölle und die abfälligen Äusserungen gegenüber der EU werden aber sicherlich nicht zu einer Besserung des Verhältnisses beitragen.