Montag, September 30

In einer Position kommt man fast schon an den Bundesrat heran.

Ein Verwaltungsrat zu sein, ein «Member of the Board of Directors», das hört sich nach Glamour an. Nach Macht. Und vor allem nach viel Geld.

Die finanzielle Realität ist in den meisten Unternehmen eine andere. In Schweizer KMU erhalten gewöhnliche VR-Mitglieder im Schnitt 21 000 Franken pro Jahr, bei den Präsidien sind es durchschnittlich 28 000 Franken. Dies zeigen Zahlen des Beratungsunternehmens BDO und der Universität St. Gallen.

Bei vier Verwaltungsratssitzungen pro Jahr sind auch 21 000 Franken keine schlechte Entschädigung. Doch natürlich ist es mit den Sitzungen nicht getan. Verwaltungsräte sind für das Unternehmen verantwortlich, und sie haften persönlich für Fehler.

Aus staatsbürgerlicher Sicht besonders wichtig sind Mandate in staatsnahen Betrieben. Die Vergabe der Posten erfolgt nicht selten nach politischen Kriterien, ausserdem gelten sie als Ruhekissen für verdiente Politiker.

Die Zürcher Kantonsregierung hat nun auf eine Anfrage von drei FDP-Kantonsparlamentarierinnen eine Liste von 25 Unternehmen und Organisationen und ihren Honoraren für die Mitglieder der Verwaltungs- und Aufsichtsräte vorgelegt.

Arbeiten unter dem Mindestlohn

Die Position mit der höchsten Bühnenpräsenz ist jene mit der tiefsten Entschädigung: Das Präsidium des Zürcher Opernhauses. Der jetzige Amtsinhaber, alt Regierungsrat Markus Notter, bekommt für acht Sitzungen und einen regelmässigen «Jour fixe» mit dem kaufmännischen Direktor pauschal 3600 Franken pro Jahr – also eine Zehnernote pro Tag.

Das ist nicht viel, aber immer noch besser als das, was sein Vizepräsidium und die weiteren Mitglieder des Opernhaus-Verwaltungsrats bekommen. Sie werden für ihre Arbeit nämlich überhaupt nicht monetär entschädigt.

Auf der Strasse schlafen und auf den baldigen Stadtzürcher Mindestlohn hoffen müssen sie deswegen aber nicht: Im Gremium sitzen unter anderen der frühere UBS-CEO Peter Wuffli, die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr und der Milliardär und Philanthrop Martin Haefner.

Am anderen Ende der VR-Lohnskala der staatsnahen Zürcher Betriebe stehen Verwaltungsräte in Unternehmen, die vergleichsweise marktwirtschaftlich operieren. Der Präsident des Energieunternehmens Axpo, das zu einem guten Teil dem Kanton Zürich gehört, erhält 387 000 Franken. Zum Vergleich: Der Präsident der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich kommt auf 67 000 Franken.

Die höchste nominale Entschädigung als Präsident eines staatsnahen Zürcher Unternehmens erhält der Präsident der Flughafen Zürich AG, Josef Felder. Sein Zahltag liegt bei 430 000 Franken. Ein gewöhnliches VR-Mitglied erhält 135 000 Franken. Nicht alle können dieses Geld aber behalten. Die Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP) ist von Amtes wegen Mitglied. Sie muss ihr Verwaltungsratshonorar der Staatskasse abliefern.

Diese Regelung gilt für alle Regierungsräte, die als Vertreter des Kantons in einem Unternehmen Einsitz nehmen. So erhält auch die Bildungsdirektorin Silvia Steiner für ihr Präsidium des Universitätsrats kein Geld, während die weiteren Mitglieder pauschal 30 000 Franken für ein Pensum von 10 bis 20 Prozent erhalten.

Der Präsident des Spitalrats des Universitätsspitals wiederum wird mit 160 000 Franken entschädigt, bei den anderen kantonalen Spitälern sind es 100 000 Franken.

Vergleichsweise tief ausgestaltet sind die Entschädigungen bei kantonalen Kontrollorganen wie der BVG- und Stiftungsaufsicht. Deren Präsidium erhält pauschal 7000 Franken pro Jahr plus 4500 Franken Sitzungsgeld. Dies für ein 10-Prozent-Pensum.

Nicht in der Auflistung des Regierungsrats erwähnt ist die Zürcher Kantonalbank. Diese weist für ihr Präsidium ein Honorar von netto rund 340 000 Franken aus.

«Das sind sehr hohe Ansätze»

Linda Camenisch (FDP, Wallisellen) ist eine der drei Unterzeichnerinnen der Anfrage. Ihr ging es in erster Linie um Transparenz. «Wir erhalten ständig irgendwelche Mitteilungen, wer wo Verwaltungsrat wird. In nicht wenigen Fällen sind es zurückgetretene Kantonspolitiker, die mit Ämtern beglückt werden. Darüber wollten wir eine Übersicht erhalten.»

Bei den Honoraren seien ihnen vor allem die Entschädigungen für den Verwaltungsrat des Flughafens aufgefallen, sagt Camenisch. «435 000 Franken für den Präsidenten, 135 000 Franken für ein gewöhnliches Mitglied, das sind sehr hohe Ansätze.»

Camenisch bemerkt zudem, dass gewisse Institutionen nicht aufgeführt seien, darunter die Züri-Pharm AG, also die verselbständigte Kantonsapotheke. «Diese hätte in diese Aufstellung gehört.»

Aufgrund der Auflistung unmittelbar politisch tätig werden wollen die drei FDP-Kantonsrätinnen nicht. «Aber wir haben die Antworten jetzt schwarz auf weiss vor uns», sagt Camenisch. «Spätestens bei der nächsten Besetzung von Verwaltungsräten wird uns die Aufstellung nützlich sein.» Der Kantonsrat wählt viele dieser Gremien.

Beim Bund verdient das Präsidium rund 400 000 Franken

Doch wie stehen diese Löhne im Vergleich zu ähnlichen Aufgaben? Anhaltspunkte liefert das detaillierte Kaderlohn-Reporting des Bundes.

Beim Bund und bei bundesnahen Betrieben scheint für grössere Betriebe ein Präsidial-Honorar von rund 400 000 Franken zu gelten, aufgerechnet auf ein Vollzeitpensum. So erhält das Präsidium der Suva 100 000 Franken für eine 25-Prozent-Stelle, bei der Post sind es 200 000 Franken für 50 Stellenprozente, bei der ETH sind es 300 000 Franken für 80 Prozent.

Es gibt aber auch hier Abweichungen. Die Präsidentin der Finanzmarktaufsicht erhält für ihre Vollzeitstelle 320 000 Franken pro Jahr. Der SRG-Präsident wiederum wird mit 135 000 Franken für eine 50-Prozent-Stelle entschädigt. Nicht in diesen Beträgen enthalten sind jeweils Vorsorgebeiträge und Spesen. Zum Vergleich: Ein Bundesrat verdient rund 470 000 Franken.

Die Auflistung der Mandate bei staatsnahen Zürcher Betrieben liefert übrigens nicht nur Einsichten in Honorare, sondern auch in Unternehmen, von denen kaum jemand gewusst haben dürfte, dass sie auch noch mit dem Kanton verbunden sind.

Zum Beispiel der Forstbetrieb Altberg-Lägern in Regensdorf (Motto: «Für Wald, Baum, Lebensraum»). Die Chef-Honorare wachsen dort nicht in den Himmel. Es gibt lediglich ein Sitzungsgeld von 600 Franken – und das muss der Delegierte des Kantons erst noch der Staatskasse überlassen.

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