Der schwäbische Traditionskonzern Bosch kauft für 8 Milliarden Dollar das Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnikgeschäft von Johnson Controls und Hitachi. Er will sich damit in doppelter Hinsicht breiter aufstellen.
Laut dem Konzernchef Stefan Hartung ist es die grösste Transaktion in der 138-jährigen Firmengeschichte: Der deutsche Industriekonzern Bosch mit Sitz in Stuttgart erwirbt das weltweite Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnikgeschäft für Wohn- und kleine Gewerbegebäude von Johnson Controls, einem amerikanischen Konzern mit juristischem Sitz in Irland. Dies kündete Bosch am Dienstag an. Zudem übernimmt Bosch ein Gemeinschaftsunternehmen von Johnson Controls und der japanischen Hitachi namens Johnson Controls-Hitachi Air Conditioning (JCH), einschliesslich der 40-prozentigen Beteiligung von Hitachi.
Aus eigenen Mitteln
Der Kaufpreis beträgt insgesamt rund 8 Milliarden Dollar (7,4 Milliarden Euro). Davon gehen 6,7 Milliarden Dollar an Johnson Controls, der Rest an Hitachi. Bosch könne den Kauf «komplett aus eigener Kraft finanzieren», sagte Hartung an einer Medienkonferenz. Verbindliche Verträge sind laut Firmenangaben am Dienstag unterschrieben worden, doch stehen die behördlichen Genehmigungen noch aus. Bosch erwartet den Abschluss der Transaktion voraussichtlich in zwölf Monaten.
Der Konzern will die zugekauften Geschäfte in seine bestehende Home Comfort Group integrieren. Diese hat 2023 mit 14 600 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 5 Milliarden Euro erzielt. Die Geschäfte, die Bosch neu erwirbt, erwirtschafteten letztes Jahr zusammen mit JCH einen Umsatz von rund 4 Milliarden und beschäftigten weltweit 12 000 Personen an 16 Produktions- und 12 Entwicklungsstandorten in über 30 Ländern. Mit der Transaktion übernehmen die Stuttgarter Marken wie York und Coleman in den USA und Hitachi in Asien, für die sie eine langfristige Lizenz erhalten.
Die Bosch Home Comfort Group wird damit den Umsatz fast verdoppeln. Zugleich hofft sie, von Skaleneffekten und einem komplementären Portfolio an der Schnittstelle von Heizen und Kühlen profitieren zu können. Zur Einordnung: Der gesamte Bosch-Konzern erwirtschaftete 2023 mit 429 000 Beschäftigten einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro. 56,2 Milliarden Euro davon trug der Bereich Mobility bei, das Zuliefergeschäft für die Automobilindustrie.
Doppeltes Ziel
Die Transaktion zahle auf die Unternehmensstrategie 2030 ein, mit zwei wesentlichen Zielen, sagt Christian Fischer, der als stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung die Transaktion federführend vorangetrieben hat, im Gespräch mit der NZZ: Zum einen stärke sie den Nicht-Automotive-Bereich des Konzerns, zum andern erreiche man durch den Ausbau der Präsenz in den USA und in Asien eine ausgewogenere regionale Balance. «Mit der Übernahme haben wir die einmalige Möglichkeit, in die Gruppe der global führenden Unternehmen im weltweiten Markt für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungslösungen aufzusteigen», sagt Fischer.
Hat der US-Hersteller Carrier Global letztes Jahr mit der Übernahme der Heiztechnik des deutschen Familienunternehmens Viessmann einen grossen Schritt nach Europa gemacht, geht Bosch nun den umgekehrten Weg und stärkt seine Präsenz in den USA und Asien. Der Stuttgarter Konzern erwartet, dass der globale Markt für Heizung, Lüftung und Klimatechnik bis 2030 um 40 Prozent wachsen wird, getrieben vom technologischen Fortschritt, dem Kampf gegen den Klimawandel und neuen Regulierungen.
Die Rolle des Klimas
Der Klimawandel spielt hierbei eine doppelte Rolle: Mit der Erderwärmung wird Kühlung laut Fischer auch in Europa wichtiger, zugleich entwickelt sich die Heiztechnik im Zuge des Klimaschutzes weg von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas, hin zu elektrisch betriebenen Wärmepumpen und Wärmepumpen-Hybridlösungen, wozu auch Vorgaben wie das deutsche Heizungsgesetz beitragen. Im Bereich Heizung sei Bosch schon stark, nun komme mit der Übernahme die Kühlung hinzu, erklärt Fischer.
Die Stärkung in den USA und Asien ist laut Fischer jedoch nicht als Absage an den Standort Deutschland zu verstehen. Vielmehr habe Bosch in den letzten Jahren massiv in deutsche Standorte investiert. Und: Nein, das Subventionsprogramm der USA für Investitionen in die Herstellung klimafreundlicher Güter wie Wärmepumpen, Batterien oder Solarzellen sowie für die Produktion oder den Kauf dieser Güter (Inflation Reduction Act, IRA) habe beim Kaufentscheid hinsichtlich der erwähnten Geschäftsbereiche von Johnson Controls keine Rolle gespielt, antwortet Fischer auf eine entsprechende Frage.
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