Die neue UBS will nicht die strafrechtliche Verantwortung übernehmen für ein fehlbares Verhalten der CS: Ein Schuldspruch könne nicht auf den neuen Eigentümer übertragen werden, argumentiert die Verteidigung am Bundesstrafgericht in einem spektakulären Fall von Geldwäscherei.
Vor gut zwei Jahren wurde die Credit Suisse (CS) am Bundesstrafgericht erstinstanzlich schuldig gesprochen, im Fall der bulgarischen Drogenmafia über Jahre hinweg gegen die Anti-Geldwäscherei-Bestimmungen verstossen zu haben. Seither haben sich die Umstände auf dramatische Weise geändert.
Die damalige Grossbank existiert nicht mehr, nachdem sie im März 2023 von der UBS übernommen wurde. Zudem ist eine Mitangeklagte, eine ehemalige CS-Kundenberaterin mit Vergangenheit als Spitzensportlerin, wenig später ihrem langjährigen Krebsleiden erlegen.
Der Witwer der Verstorbenen sass am Dienstag zum Auftakt der Berufungsverhandlung am Bundesstrafgericht, im Publikum. Ihm bleibt es vorderhand verwehrt, weiter vorne im Saal Platz zu nehmen und sich gegen den erstinstanzlichen Schuldspruch seiner verstorbenen Frau zu wehren. Von ihrer Unschuld ist er voll und ganz überzeugt, doch bis anhin ist ihm von den Gerichten das Recht aberkannt worden, im Namen seiner Frau den erstinstanzlichen Schuldspruch anzufechten.
UBS fährt mit gewichtigem Personal auf
Ganz anders die UBS. Mit gewichtigem Personal – angeführt wird das anwaltschaftliche Team von Isabelle Romy und Lorenz Erni – hat die UBS zum Prozessauftakt geltend gemacht, nicht für ein Fehlverhalten der CS bestraft werden zu können. Das entspreche in fundamentaler Weise dem strafrechtlichen Prinzip, wonach eine Strafe stets an eine persönliche Schuld gebunden sein muss.
Im Juni 2022 war die CS erstinstanzlich schuldig gesprochen worden, weil sie nach Ansicht des Gerichts aufgrund organisatorischer Mängel die Geldwäscherei im grossen Stil überhaupt erst möglich gemacht hat.
Über Jahre hinweg trugen Angehörige der bulgarischen Drogenmafia, einige von ihnen ehemalige Ringer, Aktenkoffer voller Bargeld zur CS. Aber auch ein Walliser wurde von der Polizei abgefangen, als er die Grenze mit 4 Mio. Fr. im Kofferraum, gestückelt in kleine Euro-Noten, von Barcelona in die Schweiz transportieren wollte. Der ehemalige Olympiateilnehmer im Ringen kam mit einem Strafbefehl davon.
Der CS hingegen war 2022 für ihr Missmanagement eine Busse von 2 Mio. Fr. auferlegt worden. Zudem sollte die inzwischen untergegangene Grossbank im Sinne einer Ersatzforderung weitere 19 Mio. Fr. bezahlen. Und schliesslich hatte die Strafkammer des Bundesstrafgerichts die Einziehung von 12 Mio. Fr. angeordnet, von Konten der Drogenmafia.
Richter Ermotti urteilt über die UBS mit gleichnamigem CEO
Ist die erstinstanzlich festgestellte Schuld der CS und die damit verbundene finanzielle Verpflichtung nach der Fusion auf die UBS übertragbar? Der Zufall will es, dass darüber auch ein Bundesstrafrichter namens Andrea Ermotti entscheiden muss – er ist sogar Vorsitzender des Dreiergremiums. Wie UBS-Chef Sergio Ermotti ist auch Andrea Ermotti in Lugano heimatberechtigt.
Gemäss Abklärungen des Gerichts sind die beiden aber nur im fünften Grad miteinander verwandt. Darüber wurden im Vorfeld die Parteien informiert. Alle zeigten sich einverstanden, dass Andrea Ermotti trotz seiner entfernten familiären Verstrickung über die UBS mit ihrem gleichnamigen CEO richten darf.
UBS wehrt sich gegen eine Übertragung der Schuld
In ihrem Parteivortrag machte Rechtsanwältin Romy geltend, die UBS könne unmöglich haftbar gemacht werden für Vorgänge, die sich vor 17 Jahren bei der CS abgespielt haben. Das widerspreche jeglichem Rechtsempfinden, zumal die beiden Grossbanken in jener Zeit erbitterte Konkurrenten gewesen seien.
Die CS sei inzwischen aus dem Handelsregister gestrichen, sie existiere schlicht nicht mehr. Es könne nicht sein, die Schuld dem neuen Eigentümer zu übertragen. Das wäre etwa so, argumentierte die Rechtsvertreterin der UBS, wie wenn die Erben der verstorbenen CS-Kundenberaterin deren Bestrafung übernehmen müssten.
Gegen eine strafrechtliche Übernahme durch die UBS spreche auch, dass sich die Bank im März 2023 angesichts der äusseren Umstände förmlich gezwungen gesehen habe, in die Fusion mit der CS einzuwilligen. Angesichts des zeitlichen Drucks sei es an jenem Wochenende schlicht unmöglich gewesen, auch noch die vielen tausend Seiten Akten zum Fall der bulgarischen Drogenmafia zu studieren – und mögliche Folgen abzuschätzen.
Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts wird am Dienstag über die Anträge der UBS befinden. Sollte die Verhandlung fortgesetzt werden, sind mindestens zehn weitere Prozesstage eingeplant. Wann das Urteil eröffnet werden soll, ist noch offen.