Texte von Behörden sind aus Sicht der Linken oft zu kompliziert.
Wenn die Stadt Zürich zur Bevölkerung spricht, sollen sich alle mitgemeint fühlen: Frauen, Männer, Trans- und nonbinäre Personen. Deshalb werden die Mitarbeitenden der Verwaltung angehalten, in Texten geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden. Um die «Vielfalt der Geschlechter sichtbar zu machen», ist der Genderstern explizit erwünscht.
So ist es im Regelwerk für die sprachliche Gleichstellung in Texten der Stadtverwaltung festgehalten, das vor rund zwei Jahren eingeführt wurde. Seither sucht die Polizei nach einem Unfall «Zeug*innen», bei Bauarbeiten werden die «Anwohnenden» informiert, und jüngst hat das Gesundheitsdepartement bessere Arbeitsbedingungen für «Assistenzärzt*innen» bekanntgegeben.
Bei Rot-Grün, das in Zürich die politische Mehrheit hat, kommt dieses Sprachreglement gut an. Der Genderstern sei das beste Mittel, um «inklusive und genderfaire Sprache» zu vereinen.
Anders sehen das die Bürgerlichen. Die Kantonsrätin und Co-Präsidentin der städtischen SVP Susanne Brunner hat deshalb die Initiative «Tschüss Genderstern» lanciert, die am 24. November an die Urne kommt. Brunner fordert darin, dass die Verwaltung eine «klare, verständliche und lesbare» Sprache verwendet – ohne Sonderzeichen und damit ohne Genderstern.
In der Bevölkerung kommt es schlecht an, wenn Behörden gendern. Das zeigte eine repräsentativ gewichtete Umfrage des Forschungsinstituts GfS Bern im Auftrag der NZZ. Die Ablehnung ist nicht nur in ländlichen Gebieten deutlich, sondern auch in den grossen Agglomerationen, zu denen die Städte gehören.
Die inklusive Sprache war am Mittwoch – einmal mehr – ein Thema im Stadtparlament. Behandelt wurde ein Vorstoss von der SP und den Grünen mit der Forderung, Massnahmen für eine «verständliche, inklusive und barrierefreie Kommunikation» der Stadtverwaltung zu prüfen.
Das klingt fast wie bei Susanne Brunner, ist es aber nicht. Denn selbstverständlich wünschen sich die Linken, dass die Stadtverwaltung auch weiterhin gendert. Ihnen ist die Stadt aber noch nicht inklusiv genug.
Künftig soll behördlichen Texten, die sich an die Bevölkerung richten, eine Zusammenfassung in leicht verständlicher Sprache vorangestellt werden. Informationen zu städtischen Abstimmungen sollen zudem mit Erklärvideos ergänzt werden.
Die Videos hätten sich auf nationaler und kantonaler Ebene als geeignetes Mittel erwiesen, um komplexe Themen zugänglicher zu vermitteln, so das Argument. Diese Unterstützung soll insbesondere Menschen mit einer Behinderung, Seniorinnen und Senioren sowie Personen zugutekommen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben.
Das Postulat sei nötig, um Zürich zu einem «inklusiven Raum» zu machen, sagte Leah Heuri (SP) im Rat. Eine verständliche Sprache sei das Fundament, um politische und gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen.
Das Postulat fand im Stadtparlament breite Zustimmung. Martina Zürcher (FDP) merkte zwar an, ihr sei nicht klar, was die Massnahmen mit dem Genderstern zu tun hätten. Dennoch verdiene das Anliegen Unterstützung.
Sophie Blaser (AL) erklärte, sie sehe bei der behördlichen Kommunikation zwar kein grosses Problem mit der Verständlichkeit. Aber es gebe immer Verbesserungspotenzial – etwa bei der Flut von Informationen, die Eltern von Schulkindern erhielten.
Einzig die SVP lehnte das Postulat ab. «Die Forderung nach einer barrierefreien Sprache ist das beste Argument für die Genderstern-Initiative», sagte Samuel Balsiger. Die einfache Sprache sei eine «Beleidigung für jeden, der lesen und schreiben kann».
Mit dieser Meinung blieb die SVP allein. Der Vorstoss wurde schliesslich mit grossem Mehr angenommen.