Die Staaten haben sich letztes Jahr ambitionierte Klimaziele gesetzt. Die Internationale Energieagentur hat den Zwischenstand nun geprüft, sie sieht weiteren Handlungsbedarf für die Wirtschaftspolitik.
In der Klimadebatte mangelt es nicht an guten Absichten. So erklärten rund 200 Staaten an der letztjährigen Klimakonferenz der Uno in Dubai, bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen zu wollen. Damit das gelingt, sollen sich bis 2030 die weltweiten Kapazitäten der erneuerbaren Energien verdreifachen und die Energieeffizienz verdoppeln. Es handelt sich bei den Zielen um Empfehlungen, nicht um verbindliche Richtwerte.
Mit Blick auf die nächste Klimakonferenz, die im November in Baku stattfindet, zieht die Internationale Energieagentur (IEA) nun eine erste Zwischenbilanz. Sie schreibt in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht, dass etwa das Ziel für den Ausbau der Erneuerbaren in Reichweite liege. Doch damit allein sei der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern noch nicht bewältigt.
Für eine erfolgreiche Energiewende brauche es weiterführende Massnahmen, schreibt die IEA.
Erneuerbare brauchen Netze und Speicher
Eine Voraussetzung sind etwa leistungsfähige Stromnetze. Die IEA rechnet vor, dass bis 2030 rund 25 Millionen Kilometer der Netze modernisiert werden müssen, damit der höhere Stromverbrauch bewältigt werden kann. Zum Vergleich: Das ist 65-mal die Distanz von der Erde zum Mond.
Zusätzlich brauche es einen massiven Ausbau an Speicherkapazitäten, schreibt die IEA. Denn Quellen erneuerbarer Energie, etwa eine Solaranlage, bringen eine grosse Herausforderung mit sich: Sie produzieren nur Strom, wenn die Wetterbedingungen stimmen.
Scheitere der Ausbau des Netzes und der Speicherkapazitäten, sei mit einem Rückschritt bei den Emissionszielen zu rechnen. Staaten würden laut der IEA wieder vermehrt auf Kohle- und Gaskraftwerke setzen, damit die Stromnachfrage gedeckt werden kann.
Effizienzziele sind fern
Bei den Zielsetzungen zur Energieeffizienz fällt das Urteil der IEA pessimistisch aus. Die Welt sei weit davon entfernt, die angepeilte Verdoppelung der Effizienz zu erreichen.
Beispielhaft zeigt sich das bei den Klimaanlagen: Dank steigendem Wohlstand kaufen sich immer mehr Menschen ein Kühlungsgerät, sie reagieren auf die höheren Durchschnittstemperaturen. Damit wird es jedoch schwieriger, die Klimaziele zu erreichen.
Denn Klimaanlagen verbrauchen grosse Mengen an Strom. In Indien etwa wird der gestiegene Verbrauch teilweise mit neuen Kohlekraftwerken gedeckt. Die IEA schreibt, neu verkaufte Klimaanlagen müssten bis 2030 rund 50 Prozent effizienter werden, damit sie die Klimaziele nicht gefährden.
Die IEA fordert die Staaten sodann auf, die Energieeffizienz in der Wirtschaftspolitik stärker zur priorisieren.
Wegweisende Wochen für die Klimapolitik
Die IEA hat für die Studie einen geschickten Publikationstermin gewählt. In New York finden diese Woche gleich zwei relevante Veranstaltungen statt: Bei der Generalversammlung debattieren Regierungsvertreter über die Zukunft der multilateralen Zusammenarbeit. Und an der «Climate Week» besprechen Firmen und NGO, wie die Bekämpfung des Klimawandels möglichst rasch vorangehen soll.
Zudem steigt Mitte November die nächste Runde der Klimakonferenz der Uno. Bei der diesjährigen Austragung in Baku dürfte die Frage im Zentrum stehen, wie die Bekämpfung des Klimawandels finanziert werden soll.
Auch in dieser Hinsicht haben die Studienautoren der IEA eine Empfehlung: 80 Prozent der Förderungsgelder für saubere Energiequellen werden in Entwicklungsnationen und China verteilt. Es brauche ein Umdenken und mehr Geld für die Entwicklungsländer, damit die Energiewende auch für ärmere Konsumenten bezahlbar sei, schreiben sie.