Bystronic spürt wie viele Maschinenbauunternehmen die Krise in der deutschen Autoindustrie. Die Firma hat zu wenig Arbeit. Ähnliche Probleme plagen den deutlich grösseren Konkurrenten Trumpf.
Die Geschäftsaussichten des Berner Maschinenbaukonzerns Bystronic sind düster. Es gebe keinerlei Anzeichen einer Erholung, befanden Analysten der Zürcher Kantonalbank vor knapp zwei Wochen.
Umsatzeinbruch und Verlust
Domenico Iacovelli, der per 1. Juli 2024 die Konzernführung übernahm, bestätigt, dass die Marktsituation vorab in Europa schwierig sei. Er verweist im Gespräch mit der NZZ auf die angespannte Lage im deutschen Automobilsektor. Die Autobranche im nördlichen Nachbarland zählt traditionell zu den wichtigsten Abnehmern vieler Schweizer Maschinenbauer.
Bystronic stellt Laserschneidsysteme für die Blechbearbeitung her. Damit lassen sich Blechteile, die oft aus Aluminium oder Stahl bestehen, beispielsweise für Karosserien hochpräzise zuschneiden. Im vergangenen Jahr brachte es der Konzern, dessen Stammsitz sich in Niederönz bei Langenthal befindet, noch auf einen Umsatz von gut 900 Millionen Franken. Gegenüber dem Vorjahr schrumpften die Verkäufe indes um 8 Prozent. In der ersten Hälfte dieses Jahrs beschleunigte sich der Rückgang auf 29 Prozent. Zugleich resultierte ein Verlust von 21 Millionen Franken.
Ein Unternehmen könne sich grundsätzlich auf jede Marktgrösse einstellen, sagt Iacovelli. «Wir müssen jetzt entschlossen durchgreifen.» Der Manager, der aus der Ostschweiz stammt, gilt als Spezialist für Restrukturierungen und setzte bereits beim deutschen Pressenhersteller Schuler harte Sparmassnahmen durch.
Sozialplan ist in Vorbereitung
Bystronic ist als einziger Geschäftsbereich des einstigen Zürcher Mischkonzerns Conzzeta übrig geblieben. Das Unternehmen hatte bereits vorletzte Woche bekanntgegeben, weitere Restrukturierungsmassnahmen ergreifen zu wollen. Am Dienstagmorgen erfuhren die 650 Angestellten in Niederönz im Rahmen einer Mitarbeiterorientierung, was das für den Stammsitz bedeutet. Insgesamt 80 Stellen sollen dort abgebaut werden.
Als Nächstes wird das gesetzlich vorgeschriebene Konsultationsverfahren mit Vertretern der Arbeitnehmer starten. Laut Iacovelli ist ein Sozialplan in Vorbereitung. Man wolle die Schritte so sozialverträglich wie möglich ausgestalten. Das Unternehmen prüft unter anderem Frühpensionierungen. Auch sollen vom Abbau betroffene Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, von sogenannten Outplacement-Dienstleistungen Gebrauch zu machen, die sie bei der Suche nach einer neuen Stelle unterstützen.
Bereits die zweite Restrukturierungsrunde
Im Rahmen erster Sparmassnahmen hat Bystronic im Zeitraum zwischen Mitte 2023 und Mitte 2024 rund 130 Stellen abgebaut. Davon gingen zwei Dutzend in der Schweiz verloren.
Mit diesem Personalabbau reagierte das Unternehmen, das im vergangenen Jahr noch gut 3500 Beschäftigte gezählt hatte, auf die stark gesunkenen Produktionsvolumen. Nun sieht das Management strukturelle Einschnitte vor, die zum Abbau von insgesamt 500 Stellen führen sollen.
In der Schweiz konzentriert sich der Abbau auf das Management sowie die zentrale Verwaltung in Niederönz. Die Produktion am Stammsitz soll laut dem Konzernchef dieses Mal von der Restrukturierung aber weitgehend verschont bleiben. Er plane im Gegenteil, den Fertigungsstandort Schweiz zu stärken, betont Iacovelli.
So soll die Herstellung gewisser Maschinen aus ausländischen Werken nach Niederönz zurückgebracht werden. Dadurch will das Unternehmen auf kostspielige Parallelstrukturen verzichten. Solche wurden in früheren Jahren, als das Unternehmen von seiner Innovationsstärke im Bereich der Blechbearbeitung profitierte und sich die Konjunktur weltweit positiv entwickelte, offenbar an verschiedenen Standorten aufgebaut. Mitarbeitende begannen, in mehreren Märkten dieselben Maschinen und Komponenten zu fertigen.
Kurzarbeit noch ausgeweitet
Iacovelli verspricht sich von der stärkeren Konzentration auf das Stammhaus Effizienzvorteile. Er erwähnt zudem, dass das Lohngefälle insbesondere zwischen der Schweiz und Süddeutschland deutlich abgenommen habe. Für die Schweiz sprächen zudem die längeren Wochenarbeitszeiten und die geringere Zahl von Feiertagen sowie die allgemeine hohe Flexibilität der Arbeitnehmer.
Mittlerweile sind die Arbeitsvorräte in Niederönz auf ein derart tiefes Niveau gefallen, dass seit Anfang September 350 Mitarbeitende, also mehr als die Hälfte der dortigen Belegschaft, in Kurzarbeit sind. Ihr Pensum beträgt 60 Prozent. Zuvor, ab November 2023, hatte sich die Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit noch auf 170 beschränkt. Und die Betroffenen mussten ihr Pensum lediglich auf 85 Prozent reduzieren. Die Kurzarbeit soll trotz der geplanten Restrukturierung bis auf weiteres fortgeführt werden.
Trumpf verschiebt weltweit Neubauprojekte
Auch beim Konkurrenten Trumpf im bündnerischen Grüsch wird nach wie vor Kurzarbeit geleistet. Der deutsche Familienkonzern beschäftigt dort über 600 Mitarbeitende, von denen rund 300 in Kurzarbeit sind. Die Kurzarbeit bei Trumpf wurde im vergangenen Februar eingeführt. Ende Juni hatte das Unternehmen zudem mitgeteilt, seine verbliebenen Aktivitäten in Baar in den Bereichen Vertrieb und Service für den Schweizer Markt nach Grüsch zu verlagern. 11 der 74 bisherigen dortigen Mitarbeiter konnte kein Angebot für eine Weiterbeschäftigung gemacht werden.
Laut eigenen Angaben plant Trumpf weltweit keine Werkschliessungen. Das Unternehmen mit Sitz in Ditzingen bei Stuttgart, das insgesamt 19 000 Angestellte zählt, hat aus Kostengründen aber begonnen, geplante Neubauten an gewissen Standorten zu verschieben.