Amalgamfüllungen enthalten das hochgiftige Quecksilber. Damit es nicht in die Umwelt gelangt, sollen Zahnärzte die Plomben nicht mehr verwenden.
«Was hast du da im Mund?», fragen mich meine Töchter manchmal, wenn sie Zahnärztin spielen und meine Zähne inspizieren. Was sie unten rechts von einem Backenzahn aus anfunkelt, ist eine Amalgamfüllung. Sie begleitet mich, seit ich selbst noch ein Schulkind war.
Unwahrscheinlich, dass meine Kinder in vielen Jahren von ihren Kindern nach solch einer Füllung gefragt werden. Denn ab Januar 2025 ist die Verwendung von Dentalamalgam in der Europäischen Union verboten. In der Schweiz gibt es zwar kein generelles Verbot, aber hier wird diese Art der Zahnfüllung sowieso kaum noch verwendet.
Amalgam besteht aus Quecksilber
Auf den ersten Blick ist es nachvollziehbar, dass Amalgam verboten wird. Immerhin besteht die Füllung zu einem grossen Teil aus Quecksilber, das mit Silber, Zinn, Kupfer und Zink vermischt wird.
«Quecksilber ist eine hochgiftige Chemikalie, die eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt darstellt. Es ist an der Zeit, dem ein Ende zu setzen», heisst es in einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission zum Verbot. Derzeit würden in der EU rund 40 Tonnen Quecksilber pro Jahr für die Verwendung von Zahnamalgam verbraucht.
Das Verbot tritt infolge des sogenannten Minamata-Übereinkommens in Kraft. Das ist ein völkerrechtlicher Vertrag, mit dessen Hilfe die Vereinten Nationen die Gesundheit der Menschen und die Umwelt vor den Auswirkungen von Quecksilber schützen wollen.
Das Problem: Wenn Quecksilber in die Umwelt gelangt, gerät es in die Nahrungskette. Dort reichert es sich zum Beispiel in Fischen an – und der Mensch nimmt es wieder auf. «Eine hohe Quecksilberbelastung kann das Gehirn, die Lunge, die Nieren und das Immunsystem schädigen», schreibt die Europäische Kommission.
Es gibt zwar strenge Regeln, wie Amalgamfüllungen entsorgt werden müssen. Aber es scheint, als wolle die EU das Risiko unbedingt vermeiden, dass das nicht fachgerecht geschehen könnte.
Intaktes Füllmaterial muss nicht ersetzt werden
Für gewöhnlich mache ich mir absolut keine Gedanken über meine silberfarbene Füllung. Doch als meine Töchter sie mir ins Gedächtnis rufen – und ich zugleich ans EU-Verbot denke –, wird mir etwas mulmig zumute. Sollte ich sie vielleicht sogar austauschen lassen?
Nein, ein Arztbesuch, um intaktes Füllmaterial herausnehmen zu lassen, ist zum Glück nicht nötig – auch dann nicht, wenn das Verbot für neue Amalgamfüllungen in Kraft getreten ist.
Fachleute machen bei den Diskussionen rund um Amalgam nämlich darauf aufmerksam, dass zwar beim Einsetzen und beim Entfernen einer Amalgamfüllung Quecksilber freigesetzt werden kann. Die feste Plombe im Zahn hingegen gilt als sicher. Zudem ist Amalgam besonders langlebig, und das trifft in meinem Fall auch zu. Lieber sollte ich die Füllung also unangetastet lassen.
Aber ist es wirklich nötig, dass Zahnärzte künftig ganz auf Amalgam verzichten? Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung in Deutschland kritisiert das EU-Verbot und schreibt auf ihrer Website: «Bei fachgerechtem Einsatz gehen von Dentalamalgam keine Gesundheitsgefahren aus.»
Das behauptet die Europäische Union auch gar nicht. Sie stuft Dentalamalgam per se nicht als Gesundheitsgefahr ein. Grosse Probleme entstehen eben erst, wenn das Füllmaterial auf welchem Weg auch immer in die Umwelt gelangt. Und erst über diesen Umweg wird es für den Menschen dann doch wieder gesundheitsschädlich.
Kritiker des Verbots von Zahnamalgam sagen, eine behördliche Regelung hätte es nicht gebraucht. Der Füllstoff verschwinde sowieso mit der Zeit von allein – und zwar aus ästhetischen Gründen.
Auch dafür bin ich ein gutes Beispiel. Meine Töchter mögen die silbrige Füllung faszinierend finden. Ich hingegen fand es faszinierend, als ich, ebenfalls vor vielen Jahren, das erste Mal beim Zahnarzt eine Füllung bekam, die sich im Farbton kein bisschen von meinem Zahn unterschied.
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