Ein drohender Felssturz macht eine zweiwöchige Schliessung der Axenstrasse nötig. Bis die oft von Naturgefahren heimgesuchte Route sicher ist, dauert es noch Jahre.
Die Axenstrasse ist berüchtigt für schwere Unfälle. Ein solcher ereignete sich etwa im Sommer 2022, als ein Mann mit seinem Auto gegen eine Felswand prallte, ein Eisengeländer durchbrach und 50 Meter in die Tiefe stürzte. Erst einige Tage später konnten der Lenker und sein Fahrzeug aus einer Tiefe von 182 Metern aus dem Vierwaldstättersee geborgen werden. Zur Klärung des Unfallhergangs leitete die Staatsanwaltschaft Schwyz damals ein Strafverfahren ein, das später ergebnislos eingestellt wurde.
Die Behörden reagierten umgehend auf den Vorfall. Im Bereich der Unfallstelle wurden zusätzliche Leitplanken errichtet, um zu verhindern, dass Fahrzeuge in den See stürzen. Zudem wurde die Geschwindigkeit auf 60 km/h reduziert und die Strecke für Velos gesperrt. Wirklich sicherer ist die Axenstrasse aber nicht geworden. Zu instabil ist das Gelände oberhalb des Verkehrsweges, der vor 160 Jahren in den steilen Fels über dem Urnersee gehauen wurde.
Wichtige Nord-Süd-Verbindung
Auf einer Strecke von nur acht Kilometern listet das Bundesamt für Strassen (Astra) rund 20 potenzielle Gefahrenstellen auf. Immer wieder sorgen Murgänge und Felsstürze dafür, dass die Nationalstrasse A 4 in diesem Bereich unterbrochen wird. Zuletzt war dies im August dieses Jahres der Fall. Nach heftigen Regenfällen riss eine grosse Schlammlawine die Sicherheitsnetze weg, was zu einer einwöchigen Schliessung führte.
Im Juli 2019 war die Strasse zwischen Brunnen (SZ) und Flüelen (UR) nach einem Felssturz während sieben Wochen nicht befahrbar. 1992 war die wichtige Nord-Süd-Verbindung wegen Felssturzgefahr am Ölberg während acht Monaten sogar komplett gesperrt. «Die Axenstrasse ist einer der am häufigsten von solchen Ereignissen betroffenen Abschnitte des Nationalstrassennetzes», sagt der Astra-Sprecher Gaudenz Oetterli.
Am Sonntag, 29. September, 22 Uhr, muss die Axenstrasse zwischen Flüelen und der Tellsplatte erneut für rund zwei Wochen für den gesamten Verkehr gesperrt werden. Wie das Astra mitteilt, haben Messgeräte auf der Höhe der Galerie Axenfluh Süd in den vergangenen Tagen Felsbewegungen festgestellt. «Nach Sichtung und eingehender Abklärung mit Experten vor Ort haben wir zusammen mit den Einsatzkräften entschieden, eine Sicherheitssprengung durchzuführen», erklärt Oetterli. Damit soll ein potenziell gefährliches Felspaket mit einem Volumen von 600 Kubikmetern (rund 1500 Tonnen) entfernt werden.
Die vorbereitenden Arbeiten haben bereits begonnen. Da die Gefahr besteht, dass sich bereits in dieser Phase Gestein löst, ist der Abschnitt für Fussgänger und Velofahrer seit dem 24. September gesperrt. Der motorisierte Verkehr ist in diesem Bereich durch eine Galerie geschützt und kann daher bis am Sonntagabend, 29. September, normal fahren. Danach erfolgen die Bohr-, Spreng- und Aufräumarbeiten. Während der Vorbereitung der Sprengung ist auch ein Teil des Urnersees für die Schifffahrt gesperrt.
Die gefährlichen Felsformationen wurden im Rahmen des umfassenden Überwachungs- und Alarmsystems entdeckt, das das Astra oberhalb der Axenstrasse eingerichtet hat. In besonders gefährdeten Abschnitten erkennt eine Anlage, ob sich Felsblöcke oder Murgänge in Bewegung befinden. Ist dies der Fall, veranlasst sie die automatische Sperrung der Strasse mittels Lichtsignalen.
Etwa einmal pro Jahr kommt es laut Oetterli deshalb zu Sperrungen von bis zu einem Tag. In anderen Fällen könne die Axenstrasse nach zwei bis drei Stunden wieder freigegeben werden. Beim Felspaket, das jetzt gesprengt wird, besteht eine Online-Überwachung. Diese ist aber nicht mit Lichtsignalen gekoppelt, der betroffene Sektor muss nach der Meldung der Sensoren manuell gesperrt werden.
Die bevorstehende Sperrung wird wahrscheinlich nicht die letzte sein. Es muss jederzeit mit Naturereignissen gerechnet werden, die Notsperrungen erforderlich machen. Die Automobilisten und die Verantwortlichen des Bundes sowie der Kantone Uri und Schwyz müssen noch auf Jahre hinaus mit der unsicheren Situation leben. Doch Besserung ist in Sicht. Nach langem juristischem Tauziehen haben im August die Bauarbeiten für die neue Axenstrasse A 4 begonnen.
Streit um neue Axenstrasse
Mehrere Umweltverbände hatten erfolglos gegen das Projekt geklagt. Sie befürchten, dass die Neubaustrecke künftig noch mehr Verkehr anziehen wird. Schliesslich entschied das Bundesgericht, dass der Alpenschutzartikel am Axen nicht zur Anwendung kommt. Dies, weil das Parlament in der gesetzlichen Umsetzung das Alpengebiet sehr eng definiert hatte – am Gotthard liegt es zwischen Amsteg und Bellinzona Nord.
Für über eine Milliarde Franken werden in den nächsten Jahren hinter der bestehenden Axenstrasse zwei neue Tunnels gebohrt. Dazwischen bleibt ein kurzes Strassenstück offen. Die neue Axenstrasse wird frühestens 2033 fertig sein.