Freitag, September 27

Eine bürgerliche Mehrheit des Ständerats hat am Dienstag beschlossen, die Mindestfranchisen in der Grundversicherung zu erhöhen. Der letzte Versuch ist spektakulär gescheitert.

Das Timing war Zufall, aber es passte perfekt: Bevor die Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider am Donnerstag zum ersten Mal über die neuen Krankenkassenprämien informieren musste, standen im Ständerat am Vormittag mehrere gesundheitspolitische Vorstösse auf dem Programm.

Vor allem ein Entscheid würde sich direkt auf die Höhe der künftigen Prämien auswirken, wenn er tatsächlich umgesetzt würde: Eine Mehrheit aus Vertretern von FDP, SVP und Mitte hat beschlossen, die Mindestfranchise in der Grundversicherung zu erhöhen. Sie beträgt seit zwanzig Jahren unverändert 300 Franken. Eine Erhöhung würde bewirken, dass einerseits Patienten einen grösseren Teil der Gesundheitskosten selbst bezahlen müssten, während andererseits die Prämien für alle sinken würden.

Die Linke stimmte geschlossen gegen die Erhöhung, einzelne Vertreter von Mitte und SVP enthielten sich der Stimme. Als Nächstes ist der Nationalrat am Zug.

«Abscheulich»

Mit emotionalen Diskussionen ist zu rechnen. Einen Vorgeschmack gab am Donnerstag der SP-Ständerat Baptiste Hurni mit einem vehementen Votum, in dem er den Vorstoss als abscheulich bezeichnete («odieux»). Höhere Franchisen seien ein «frontaler Angriff» auf jene Personen, die am häufigsten die Mindestfranchise wählten, weil sie hohe Gesundheitskosten haben: ältere Personen sowie chronisch Kranke. Hurni sieht darin eine Attacke auf die Solidarität in der Krankenversicherung.

Die Urheberin des Vorstosses, die SVP-Ständerätin Esther Friedli, sieht es genau umgekehrt: Aus ihrer Sicht geht es darum, sicherzustellen, dass die enorme Querfinanzierung von Jüngeren zu Älteren und Gesunden zu Kranken in der Grundversicherung nicht überstrapaziert wird. Diese Solidarität sei längerfristig nur tragbar, wenn sie austariert bleibe. Friedli verwies zudem darauf, dass Personen mit tiefen Einkommen Prämienverbilligungen erhalten. Nach zwanzig Jahren sei es Zeit, auch die Franchisen wieder einmal an die Kostenentwicklung anzupassen, um die Eigenverantwortung zu stärken.

Bundesrat soll Höhe festlegen

Der Vorschlag hat intakte Chancen. Wenn auch der Nationalrat zustimmt, kann der Bundesrat, der den Vorstoss ebenfalls unterstützt, die Änderung in eigener Kompetenz umsetzen. Ein Referendum wäre nicht möglich. Die genaue Höhe der neuen Mindestfranchise lässt der Vorstoss offen, darüber müsste der Bundesrat selbst entscheiden.

Die Vorgeschichte zeigt jedoch, dass bei diesem explosiven Thema fast alles möglich ist. Die bürgerlichen Parteien hatten vor Jahren bereits eine detaillierte Reform aufgegleist, mit der die Franchisen künftig regelmässig erhöht worden wären. Die Vorlage kam dann ausgerechnet im Wahljahr 2019 in die Schlussabstimmung ins Parlament. Als die SP immer aggressiver mit dem Referendum drohte, bekam die SVP kalte Füsse. Sie machte linksumkehrt und half, die Vorlage im Nationalrat zu versenken.

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