Der designierte SVP-Präsident Marcel Dettling freut sich, dass es immer wärmer wird. Er setzt damit auf Rhetorik statt auf Sachpolitik.
Unbekümmerter als der designierte SVP-Präsident hat noch kaum jemand die Klimaerwärmung weggelächelt. «Es ist mir lieber, wenn es wärmer wird als kälter», erklärte Marcel Dettling auf eine entsprechende Frage in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».
Der Klimawandel, ein Problem für die Landwirtschaft? Ach, woher! Für die Bauern sind die steigenden Temperaturen gemäss der Expertise von Dettling geradezu ein Segen. So konnte der Oberiberger Bergbauer im letzten Herbst seine Tiere viel länger draussen weiden lassen. Und auch die Gemüsebauern hätten im letzten Herbst sehr gute Ernten gehabt.
Armeehelikopter als letzte Rettung
Dettling leugnet nicht, dass es die Klimaerwärmung gibt und dass diese zu Problemen mit immer häufigeren Trockenperioden und Überschwemmungen führt. Doch dabei handle es sich seiner Ansicht nach im Wesentlichen um technische Herausforderungen. Diese bekomme man mit der Zucht von gegen Dürre resistenten Sorten und dem Bau von Wasserfassungen locker in den Griff.
Die Veränderungen in der Landwirtschaft kann man als Bergbauer und SVP-Politiker auch anders sehen. So erklärte der damalige Berner Nationalrat Erich von Siebenthal im Trockensommer 2022, die Alpbauern hätten schon einiges unternommen und Zisternen angelegt sowie neue Quellen erschlossen. «Aber wenn der Regen über längere Zeit ausfällt wie jetzt, dann reichen diese Massnahmen schlicht nicht mehr aus», sagte von Siebenthal. Sein Parteikollege Andreas Aebi beklagte sich bereits 2018, dass auch an guten Lagen zunehmend Wasser fehle.
Konkrete Folgen zeitigte dieser innerbäuerliche Konflikt im Abstimmungskampf zum Klimaschutzgesetz vor einem Jahr. Zum Ärger der SVP-Spitze gab der Schweizer Bauernverband die Ja-Parole heraus. Den Ausschlag habe gegeben, dass die Landwirtschaft vom Klimawandel stark betroffen sei, so begründete der mächtige Verband damals seinen Positionsbezug. In der Innerschweiz und in der Romandie warb sogar ein «Landkomitee» aktiv für die Vorlage.
Diese differenzierte Sicht wird sich an der SVP-Delegiertenversammlung vom 23. März kaum durchsetzen. Vielmehr wird Marcel Dettling anlässlich seiner Wahl zum Parteipräsidenten dazu aufrufen, alles in Grund und Boden zu versenken, was nur einigermassen nach ökologischer Politik riecht. Dazu gehört auch der Energie-Mantelerlass, zu dem die SVP an diesem Tag die Parole fassen wird. Wo immer Projekte des alpinen Solarexpresses oder neue Windräder geplant werden, macht die Partei, inklusive Dettling persönlich, Opposition dagegen.
Angriff auf den eigenen Bundesrat
Die SVP würde mit einer Nein-Parole ihrem eigenen Bundesrat in den Rücken fallen. Albert Rösti hat alles unternommen, um das Stromgesetz für seine Parteikollegen so verträglich wie möglich zu machen. Dem Bergbauernsohn aus Kandersteg ist schon seit langem klar, dass sich die Auswirkungen der Klimaerwärmung nicht mit rhetorischen Kraftmeiereien aus der Welt schaffen lassen.
Als Energieminister setzt er sich seit etwas mehr als einem Jahr mit Tatkraft für Massnahmen ein, mit denen der Klimawandel bekämpft wird und die für die Bevölkerung tragbar sind. Dass immer Nein sagen zu ökologischen und energetischen Massnahmen nicht reicht, war Rösti schon während seiner Zeit als Parteipräsident in den Jahren 2016 bis 2020 klar. Es war die Zeit der sogenannten Klimawahl, bei der die SVP unter die Räder kam. Rösti wird daher am besten wissen, dass SVP-Präsidenten aufgrund der Rolle, die sie spielen müssen, sich erst nach ihrer Amtszeit klüger äussern dürfen.