Montag, September 30

Die Probleme im Asylwesen müssten auf Bundesebene gelöst werden, findet der Zürcher Regierungsrat. Vor allem beim Status S brauche es eine Kehrtwende.

Die SVP gibt sich besorgt. Der Grund: die hohen Asylzahlen. Auf kantonaler Ebene reicht die Zürcher Partei zurzeit Vorstoss für Vorstoss zum Thema ein.

Neuerdings schreibt sie auch geharnischte Briefe. Gleich zwei davon gingen vor ein paar Tagen auf die Post. Einer war adressiert an den Bundesrat Beat Jans, einer an den Zürcher Regierungsrat Mario Fehr, beide zuständig für das Asyldossier. Der Inhalt ist derselbe. Unterzeichnet haben alle Zürcher SVP-Nationalrätinnen und Nationalräte, mit Ausnahme von Alfred Heer.

«Die Situation der Zürcher Gemeinden wird immer prekärer», steht im Schreiben. Sie müssten immer mehr Migranten aufnehmen und gerieten so an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Die SVP-Bundespolitiker verweisen auf die kantonale Asylquote, die Fehr innert kurzer Zeit gestaffelt von 0,9 auf 1,6 Prozent erhöht hat. Das bedeutet, dass heute jede Zürcher Gemeinde Platz für 16 Asylbewerber pro 1000 Einwohner schaffen muss.

Konkret fordert die Partei, dass die Aufnahmequote in Zürich wieder gesenkt wird, «auf maximal 1,3 Prozent». Es dürfe nicht sein, dass die Gemeinden die von den Bundesbehörden verursachten Probleme ausbaden müssten.

Schweizweit sind zurzeit über 130 000 Personen im Asylprozess, rund 18 Prozent von ihnen sind dem Kanton Zürich zugewiesen, also knapp 24 000. Der Kanton wiederum verteilt diese Personen auf die Gemeinden. Kann dieser Mechanismus einfach ausgehebelt werden? Kann der Kanton Zürich beispielsweise die Aufnahme zusätzlicher Asylbewerber verweigern und dadurch in Konflikt mit dem Bund treten?

Mittlerweile hat der Zürcher Asylminister Fehr der SVP geantwortet. Sein «Gegenbrief» liegt der NZZ vor. Darin betont Fehr, dass die Aufnahme und Betreuung von Asylsuchenden eine Verbundaufgabe sei, die von Bund, Kantonen und Gemeinden gemeinsam erfüllt werde. Zürich müsse die zugewiesenen Personen aufnehmen, was sich entsprechend auf die Gemeinden auswirke.

Zuständig für die Asylverfahren sei allein der Bund. Das Staatssekretariat für Migration und gegebenenfalls das Bundesverwaltungsgericht prüften abschliessend, ob der Vollzug einer Wegweisung zulässig, zumutbar und möglich sei. Fehr schreibt, dass es für ein glaubwürdiges Asyl- und Ausländerwesen wichtig sei, dass die rechtskräftigen Wegweisungen dann auch konsequent vollzogen würden.

Passiert das im Kanton Zürich? Fehr findet – wenig überraschend –, ja. Im vergangenen Jahr hat das kantonale Migrationsamt 564 Wegweisungen von Personen vorgenommen, die dem Kanton Zürich zugewiesen waren. Zudem hat die Kantonspolizei Zürich 3432 Rückführungen aus der ganzen Schweiz über den Flughafen Zürich abgewickelt.

Zwischen den Zeilen lässt Fehr durchblicken, dass er vom Brief der SVP-Nationalräte nicht sonderlich beeindruckt ist. Direkt an die Delegation gerichtet schreibt er: «Im Nationalrat können Sie die Asylpolitik an vorderster Front entscheidend mitgestalten. Bitte tun Sie das!» Für das generelle Anliegen der SVP habe er Verständnis, und er werde entsprechende Bemühungen unterstützen.

Auf Nachfrage der NZZ teilt Fehr mit, dass er persönlich schon mehrfach auf Bundesebene vorstellig geworden sei. Als besonders belastend für die Gemeinden nehme er die grosse Anzahl an Personen mit dem Sonderstatus S wahr. Dieser Status, der mit dem Beginn des Ukraine-Krieges eingeführt worden ist, müsse ein Ablaufdatum haben.

Fehr liefert gleich einen Vorschlag: Der Bund solle Personen mit Status S, die seit mindestens zwei Jahren im Land sind, ein Angebot machen. Dies seien Personen, die zu Beginn des Krieges in die Schweiz gekommen und besonders auf Schutz angewiesen seien. Wer arbeite, soll eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, fordert Fehr. Wer aus «entschuldbaren Gründen» (Gesundheit, kleine Kinder) nicht arbeiten könne, ebenfalls. «Alle übrigen – also jene, die arbeiten können, es aber nicht tun – sollen gehen», sagt der parteilose Regierungsrat.

Auch in der Ukraine gebe es sichere Regionen, wohin diese Personen zurückkehren könnten. Zusätzlich müsse man bei jenen, die noch nicht zwei Jahre in der Schweiz seien, die Schraube anziehen. Konkret sollte deren Reisefreiheit eingeschränkt werden, und Missbräuche müssten konsequent bekämpft werden.

Zumindest diese letzten Forderungen dürften auch den Briefe schreibenden SVP-Nationalräten gefallen. Wie der Bund auf die Wortmeldungen aus Zürich reagiert, ist noch nicht bekannt.

Exit mobile version