Vorläufig Aufgenommene sollen besseren Zugang zu Stipendien erhalten. Die SVP hat dagegen das Referendum ergriffen. Alles Wichtige zum kantonalen Urnengang.
Das gibt es selten: eine kantonale Vorlage, die die Befürworter als «Detailvorlage» kleinreden – während die Gegner einen prominenten Altbundesrat in die Arena schicken.
Der SVP-Doyen Christoph Blocher wollte es in diesem Zürcher Abstimmungskampf nochmals wissen. Er warnte, er kritisierte, er gestikulierte. Und zwar, weil es um sein Kernthema geht: die Zuwanderung. Genauer: das Asylwesen.
Integrieren oder abschrecken? Humanitäre Tradition oder Asylchaos? «Wir schaffen das» oder «Das Boot ist voll»? In den vergangenen Wochen prallten im Kanton Zürich die ganz grossen Gegensätze aufeinander. Der Abstimmungskampf wurde zur Grundsatzdebatte über das Asylwesen.
Konkret geht es um eine Änderung im kantonalen Bildungsgesetz. Vorläufig Aufgenommene – Ausländer, die kein Asyl, aber temporären Schutz erhalten, weil eine Rückführung als unzumutbar gilt – sollen besseren Zugang zu Stipendien erhalten.
Stipendien beantragen kann, wer im Kanton Zürich lebt, einen Ausbildungsplatz hat und über zu wenig Einkommen oder Vermögen verfügt, um sich die Ausbildung leisten zu können. Wer vorläufig aufgenommen ist, muss momentan fünf Jahre warten, bis er oder sie einen Antrag stellen kann. Neu soll das sofort möglich sein.
Gegen einen entsprechenden Beschluss des Kantonsparlaments hat die SVP das Referendum ergriffen. Deshalb stimmt die Zürcher Stimmbevölkerung heute darüber ab.
Die Folgen nach einem Ja
Bei einem Ja wären laut Kanton etwa 400 Personen betroffen. Da die neuen Stipendienbezügerinnen und -bezüger im Gegenzug die Sozialhilfe entlasten würden, gilt die Vorlage als kostenneutral. Die Bildungsdirektion geht gar davon aus, dass damit «längerfristig die Kosten für die wirtschaftliche Sozialhilfe reduziert werden» würden, wie sie der NZZ schreibt.
Im vergangenen Schuljahr bezogen insgesamt 220 vorläufig Aufgenommene Stipendien. Die Bezügerinnen und Bezüger sind im Schnitt Anfang zwanzig und absolvieren fast alle eine Berufslehre. Eine einzige Person absolviert ein Hochschulstudium, in Rechtswissenschaften.
Die SVP fokussierte sich in ihrer Kampagne dennoch auf diesen Aspekt der Vorlage. «Gratis-Studium für abgewiesene Asylanten», lautete ihr Slogan.
Testfall für weitere Verschärfungen
Das Zürcher Referendum ist nicht der einzige Vorstoss, mit dem die SVP auf den Umgang mit vorläufig Aufgenommenen und Asylsuchenden abzielt. Eine «Bezahlkarte» statt direkt ausbezahlte Sozialhilfe, die spätere Einschulung von Kindern oder gleich die komplette Abschaffung der vorläufigen Aufnahme: Die Partei hat dieses Jahr in mehreren Kantonen und auf nationaler Ebene eine Reihe von Ideen zur Verschärfung des Asylsystems lanciert.
Bei der Zürcher Stipendien-Abstimmung wird sie dabei auch von der FDP unterstützt. Erst kürzlich sagte der nationale Parteipräsident Thierry Burkart im Gespräch mit der NZZ: «Abgewiesenen Asylsuchenden, die vorläufig aufgenommen werden, muss der Zugang zum Gesundheits- und Sozialsystem deutlich eingeschränkt werden.»
Haben SVP und FDP Erfolg? Lassen sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von einer resoluteren Asylpolitik überzeugen? Die Zürcher Abstimmung ist dafür ein erster Stimmungstest.
Eine erste Hochrechnung wird am Abstimmungssonntag um 12 Uhr erwartet, das Schlussresultat im Verlauf des Nachmittags.
Weitere acht Vorlagen kommen in der Stadt Zürich zur Abstimmungen. Erste Resultate werden im Verlauf des Nachmittags erwartet.