Freitag, November 29

Am Donnerstag beginnt in Barcelona die Vorausscheidung zum America’s Cup. Wir stellen die fünf Herausforderer des Titelverteidigers Team New Zealand vor.

Ineos Britannia – Segelklub: Royal Yacht Squadron

«Bring it home», das ist seit Jahren die Losung der Briten. Seit 1851 wollen sie den Pokal, den sie einst stifteten, nach Hause holen. Doch sie sind jedes Mal gescheitert. Richten soll es Ben Ainslie, der vierfache Goldmedaillengewinner und erfolgreichste Olympia-Segler, der zugleich CEO des Teams ist. Der Hauptsponsor ist Ineos, das dem britischen Milliardär Jim Ratcliffe gehört. Das Team aus Grossbritannien ist der erste Herausforderer von Neuseeland und durfte deshalb die Cup-Regeln mitgestalten. Mit Mercedes hat der Challenger viel Wissen aus der Formel 1 an Bord geholt. In der Person von James Allison ist einer der erfolgreichsten Motorsport-Ingenieure verpflichtet worden. In der Vorregatta hinterliess Ineos Britannia einen zwiespältigen Eindruck. Und innerhalb der Mannschaft wurde überraschenderweise der designierte zweite Steuermann und Doppel-Olympiasieger Giles Scott durch Dylan Fletcher, ebenfalls Olympiasieger und amtierender Moth-Weltmeister, ersetzt. Wie bereits 2021 in Auckland könnte Ineos Britannia erneut an sich selbst scheitern.

Alinghi Red Bull Racing – Segelklub: Société Nautique de Genève

Vor gut zwanzig Jahren hat Alinghi mit dem Sieg in Auckland 2003 und der erfolgreichen Cup-Verteidigung vier Jahre später in Valencia den Segelsport in der Schweiz für ein paar Jahre populär gemacht. Alinghi hat Geschichte geschrieben: Als erstes europäisches Team gewann es den America’s Cup. Dieser Erfolg trägt die Handschrift des Genfer Geschäftsmanns und Seglers Ernesto Bertarelli. Nun will er es mit einem neuen Alinghi-Team erneut versuchen. Als Partner ist Red Bull eingestiegen. Die Crew besteht aus jungen Schweizer Seglern. Ihr Handicap: Sie hat keinerlei Cup-Erfahrung. Doch ihre Lernkurve zeigt steil nach oben. Der erfahrene Skipper Arnaud Psarofaghis hat mit Bryan Mettraux einen talentierten Partner zur Seite. In der letzten Vorregatta vor einigen Tagen verlor Alinghi zwar vier der fünf Rennen, doch nicht die Zuversicht. Die Crew und auch das Design-Team sind der festen Überzeugung, dass im Verlauf der Rennserie eine Steigerung stattfinden wird. Um sich für den Halbfinal zu qualifizieren, muss Alinghi Red Bull Racing mindestens Vierter von fünf Louis-Vuitton-Cup-Teilnehmern werden.

Luna Rossa Prada Pirelli Team – Segelklub: Circolo della Vela Sicilia

Seit einem Vierteljahrhundert ist die Luna Rossa mit zwei Ausnahmen immer im America’s Cup dabei. Die Italiener sind dank ihrem Auftreten und ihren eleganten Booten eine Bereicherung der Szene. Zwei Mal (2000 und 2021) erreichten sie den Final, in dem sie jeweils den Neuseeländern unterlagen. Der unermüdliche Prada-Chef Patrizio Bertelli ist nach wie vor der CEO, seine sechste Cup-Teilnahme soll nun den ersehnten Erfolg bringen. Die Vorzeichen stehen nicht schlecht. Mit Jimmy Spithill steht der erfahrenste Cup-Segler am Steuer. Er und der Skipper Max Sirena bilden ein erfahrenes Duo. Eingeschlagen hat auch das junge Talent Marco Gradoni, dreifacher Weltmeister, bei den Optimisten. Bereits 2021 zeigte Luna Rossa in Auckland mit drei Siegen gegen den Defender Neuseeland, dass die Italiener das Fliegen beherrschen. Zum Design-Team gehört mit Jean-Claude Monnin der erfolgreichste Schweizer Cup-Segler. Für den Schwyzer ist es heuer bereits die siebente Teilnahme, vier Mal war er Cup-Sieger: 2003 und 2007 mit Alinghi; 2017 und 2021 mit dem Team New Zealand.

NYCC American Magic – Segelklub: New York Yacht Club (NYCC)

Im letzten America’s Cup in Auckland sorgten die Amerikaner vor drei Jahren ungewollt für Spektakel: Im Halbfinal der Challenger-Ausscheidungsregatta kenterte das AC75-Boot und wurde so schwer beschädigt, dass das Team aufgeben musste. Der New York Yacht Club hielt am erfahrenen Cup-Manager und Segler Terry Hutchinson fest, der fünf Cup-Teilnahmen vorweist. Hutchinson stehen mit Tom Slingsby und Paul Goodison zwei Goldmedaillengewinner als Steuerleute zur Verfügung. Die beiden gehören zu den besten Seglern der Welt: Slingsby gewann 2013 mit Oracle den America’s Cup, danach war er zwei Mal Sieger der Rennserie Sail-GP. Goodison war drei Mal Weltmeister in der Moth-Klasse. American Magic hat sein Boot erneut «Patriot» getauft. Der Racer fällt durch ein radikales Design auf und ist auf gewissen Kursen schnell. Das bekamen die Neuseeländer zu spüren, die in der Vorregatta gegen die «Patriot» ihre einzige Niederlage erlitten. Am Tag zuvor hatten die Amerikaner einen Ausfall des Ruders zu beklagen. Gegen Alinghi siegten sie sicher. American Magic ist ein Kandidat für den Challenger-Final.

Orient Express Racing Team – Société Nautique de Saint-Tropez

Man glaubt es kaum: Die Franzosen, die mit ihren Seglern die Weltmeere beherrschen, haben es im America’s Cup noch nie über den Halbfinal hinausgeschafft. Dabei versuchen sie seit 1970 immer wieder, ein konkurrenzfähiges Team zu stellen. Doch meistens scheitern sie an den Finanzen. Auch dieses Mal kam die Kampagne erst in letzter Minute zustande. Mit fünfzig Millionen Euro ist ihr Budget halb so gross wie dasjenige der Konkurrenten. Und nur dank der Hilfe von Neuseeland, das ihnen ihr Design-Paket vom letzten America’s Cup verkaufte, konnte der Cupper überhaupt gebaut werden. Doch das neuseeländische Know-how mit wertvollen Daten zum erfolgreichen Kiwi-Boot könnte sich als Glücksgriff erweisen: Der Orient Express ist schnell. Das war im Rennen gegen Alinghi zu sehen. Ob die Crew um den Skipper Quentin Delapierre und den Hochseesegler Franck Cammas als Coach das seglerische Defizit wettmachen kann, ist fraglich. Es wäre eine Überraschung, falls das Team unter die letzten vier kommen sollte.

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