Freitag, September 27

Djibouti hatte Malaria fast ausgerottet. Eine neue, schwer kontrollierbare Mückenart droht nun die Krankheit noch gefährlicher zu machen.

Der ostafrikanische Kleinstaat Djibouti hat im Rahmen eines Pilotversuchs Zehntausende von gentechnisch veränderten Mücken freigesetzt. Diese sollen helfen, Malaria zu bekämpfen. Die Infektionen mit der Tropenkrankheit waren in Djibouti in den letzten Jahren explodiert.

Bei dem Ende Mai gestarteten Versuch wurden männliche Mücken ausgesetzt, die ein verändertes Gen in sich tragen. Dieses sorgt dafür, dass weibliche Nachkommen sterben, bevor sie fortpflanzungsfähig sind. Nur weibliche Mücken stechen und verbreiten Malaria. Indem der weibliche Mückenbestand dezimiert wird, soll die Verbreitung von Malaria gestoppt werden.

Das Programm nennt sich «Friendly Mosquito Program». Die Regierung Djiboutis setzt es zusammen mit der britischen Biotechfirma Oxitec um, die die Methode entwickelt hat.

Eine neue Mückenart sorgt für Aufregung

Malaria ist noch immer eine der gefährlichsten Krankheiten weltweit. 2022 starben mehr als 600 000 Menschen an der Krankheit, über 90 Prozent von ihnen in Afrika. Die meisten Opfer sind Kleinkinder.

Der Kampf gegen Malaria hat in den letzten Jahrzehnten grosse Fortschritte gemacht. Die Todeszahlen gingen unter anderem aufgrund von Kampagnen zurück, in deren Rahmen grossflächig mit Insektiziden behandelte Moskitonetze verteilt wurden.

2021 erteilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals einer Malaria-Impfung die Zulassung. 2023 folgte eine zweite, die effektiver ist als die erste. Gesundheitsexperten versprechen sich von flächendeckenden Impfungen eine weitere drastische Senkung der Todeszahlen.

Die Fortschritte werden aber durch neue Entwicklungen erschwert. An manchen Orten haben Mücken Resistenzen gegen Insektizide entwickelt. Es gibt zudem Indizien, dass der Klimawandel dazu beiträgt, dass Malariamücken ihre Brutgebiete ausweiten. Die Mücken brüten vor allem in warmem und feuchtem Klima.

Für Aufregung auf dem afrikanischen Kontinent hat die Entdeckung der Gattung Anopheles stephensi geführt. Diese ist eigentlich in Südasien und im Nahen Osten beheimatet. In Afrika wurde sie erstmals 2012 in Djibouti entdeckt. Malaria war in Djibouti zu dem Zeitpunkt fast ausgerottet – 2012 wurden weniger als 30 Fälle verzeichnet. Seit der Entdeckung von Anopheles stephensi sind die Zahlen stark gestiegen: 2020 erkrankten 70 000 Personen an Malaria. Das in einem Land mit nur einer Million Einwohnern.

Anopheles stephensi hat sich auch in sechs anderen afrikanischen Ländern ausgebreitet – im Sudan, in Äthiopien, Kenya, Somalia, Nigeria und Ghana.

Die Spezies lässt sich mit herkömmlichen Methoden nur schwer kontrollieren. Anders als die in Afrika sonst gängigen Arten fühlt sich Anopheles stephensi nicht primär in ländlichen Gegenden wohl, sondern auch in Städten. Sie brütet zum Beispiel in Wasserbehältern und Blumentöpfen. Anopheles stephensi ist resistent gegen viele Insektizide und sticht nicht nur nachts wie andere Gattungen, sondern auch tagsüber. Das macht Bettnetze ineffizient.

Die Population geht zurück – und die Infektionen?

Djiboutis Programm mit gentechnisch veränderten Anopheles-stephensi-Mücken ist deshalb der Versuch, der invasiven Mücke mit einer neuen Methode beizukommen. Die ersten GM-Moskitos wurden in einem Vorort der Hauptstadt Djibouti freigesetzt. Der Berater für Gesundheitsfragen für Djiboutis Regierung, Abdoulilah Ahmed Abdi, beschrieb Djiboutis Pilotprojekt als «Modell für andere Länder, die ähnliche Herausforderungen mit der Verbreitung von Malaria haben».

Tatsächlich hat die Firma Oxitec schon in anderen Ländern ähnliche Versuche unternommen und dabei mehr als eine Milliarde an gentechnisch modifizierten Mücken ausgesetzt. Es handelte sich jeweils um Mücken der Spezies Aedes aegypti. Die Weibchen stechen Menschen zum Blutsaugen und übertragen dabei Gelbfieber-, Dengue- oder Zikaviren.

Die Bilanz ist durchzogen. Berichte aus Brasilien zeigen, dass die generelle Anzahl an Mücken in den Monaten nach der Freisetzung teilweise um bis zu 90 Prozent zurückging. Eine Reduktion der Mückenpopulation wurde im Herbst 2023 auch aus den Florida Keys in den USA gemeldet. Dort hat Oxitec seit 2021 GM-Moskitos ausgesetzt.

Die Oxitec-Insekten erledigen also jeweils Auftrag Nummer 1 wunschgemäss: die lokale Mückenpopulation zu dezimieren. Doch es ist unklar, in welchem Umfang damit auch Auftrag Nummer 2, die Zahl an viralen Infektionen zu senken, erfüllt wurde. Laut Oxitec kam es in manchen brasilianischen Städten zu einem Rückgang an Dengue-Infektionen.

Die GM-Mücken sollen nun in einigen brasilianischen Städten als kurzfristig wirksame Waffe gegen die Dengue-Epidemie eingesetzt werden. Im Land gab es seit Jahresbeginn mehr als eine Million Dengue-Fälle. Nun hofft man durch Freisetzung von Millionen an Oxitec-Moskitos auf eine schnelle Reduktion der Mückenpopulation und weniger Infektionen.

Eine dauerhafte Ausrottung der lokalen Moskitopopulation wurde bis anhin nirgendwo erreicht. Um Effekte zu erzielen, müssen jedes Jahr mehrfach neue GM-Mücken freigelassen werden.

Fehlt Vögeln und Libellen die Nahrung?

Auf dem afrikanischen Kontinent ist Djiboutis Versuch das zweite Mal, dass GM-Mücken ausgesetzt werden. 2019 liessen Wissenschafter in einem Dorf im Westen von Burkina Faso Mücken der Spezies Anopheles coluzzii frei. Diese waren genetisch so modifiziert, dass sie unfruchtbar waren. Sie konnten sich zwar paaren, aber keinen Nachwuchs produzieren.

Die bisherigen Versuche mit GM-Mücken waren immer auch von Skepsis begleitet. Kritiker warnen davor, dass die Folgen einer gentechnisch veränderten Mückenpopulation für Ökosysteme nicht kontrollierbar seien. Eine dezimierte Mückenpopulation könne zum Beispiel dazu führen, dass Vögeln oder Libellen die Nahrung fehle.

Die Firma Oxitec dagegen sagt, alle bisherigen Versuche hätten gezeigt, dass die GM-Moskitos keine Gefahr für Menschen, Tiere oder die Umwelt darstellten.

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