Pünktlich zu einer Ausstellungseröffnung hat eine Waadtländer Gemeinde ein Käppi ihres berühmtesten Bürgers zurückerhalten. Nur sieht der Hut nun anders aus – womöglich entspricht er jetzt eher dem Originalzustand.
Ein Beamer, ein LCD-Bildschirm und der Hut von General Henri Guisan: All das fehlte, als die Gemeindeverwaltung von Avenches 2018 nach Bauarbeiten zurück in ihr renoviertes Rathaus zog. Die Gemeinde teilte damals mit, sie habe wegen Einbruchs Anzeige erstattet. Jugendliche seien später von der Polizei als Diebe der Elektronikgeräte identifiziert worden, sagt der Gemeindeschreiber Julien Mora am Telefon.
Aber der Hut des berühmtesten Bürgers von Avenches, der ungesichert im Guisan-Saal ausgestellt gewesen sei, sei von einem anderen Langfinger gestohlen worden, sagt Mora. Der Dieb hatte definitiv auf das wertvollere Objekt gesetzt: Beamer kosten rund 100 Franken. Eine Mütze von General Guisan schon einmal 121 900 Franken. Für so viel wurde 2006 ein Exemplar in Bern versteigert.
General Guisan trug den Guisan-Hut nie
Allerdings dürfte der Hut von Avenches nur ein paar tausend Franken wert sein. Denn der General hat ihn wohl nie getragen. Misslicher noch: Er sieht gar nicht exakt aus wie das berühmte Käppi, das Guisan als Oberbefehlshaber im Zweiten Weltkrieg trug. Es hat nämlich zwei sogenannte Paspeln, also wulstige Ziernähte, und nicht nur eine.
Ein solches Modell aber gab es laut dem Armeereglement offiziell nie. Was also hat es mit dem Hut aus Avenches auf sich? Ein Experte des Militärmuseums in der Burg von Morges vermutet, dass er nach dem Krieg für Guisans Privatgebrauch hergestellt wurde. Weitere Recherchen erscheinen in dieser Frage schwierig: Die Gemeinde Avenches wisse weder wann noch wie oder durch wen der Hut in ihren Besitz gelangt sei, sagt Julien Mora.
Immerhin ist der Hut nun wieder aufgetaucht. Der Spezialist aus Morges entdeckte ihn im Juni 2023 bei einer Versteigerung auf ricardo.ch. Damals bekam der Gemeindeschreiber Mora vom Bürgermeister von Avenches einen Spezialauftrag: den Hut zurückholen. Das war schwieriger als gedacht.
Die Polizei konnte nicht helfen
Weder der Versteigerer noch der Käufer wollte den Hut der Gemeinde zurückgeben. Die Polizei habe auch nichts unternehmen können, sagt Mora. Denn die Gemeinde habe das Käppi nicht rechtzeitig als gestohlen gemeldet, sondern nur als vermisst. Die Sache war für die Polizei verjährt.
Wer sagte überhaupt, dass es sich tatsächlich um den Hut von Avenches handelte? Der Experte aus Morges, anhand von Fotovergleichen. Denn die Details wie Stickereien und kleine Flecken waren dieselben.
Einigen Sammlern schien das egal zu sein. Oder machte es den Hut für sie noch begehrenswerter? Seit 2023 wurde er laut Mora mehrfach weiterverkauft. Nach langen Verhandlungen, sagt Mora, habe die Gemeinde den Hut schliesslich vergangene Woche aus der Region Zürich zurückkaufen können, über einen Vermittler. Mora will nicht sagen, von wem und für wie viel. Beide Seiten hätten Stillschweigen vereinbart.
Avenches steht vor neuer Hütchenfrage
Seit Montag befindet sich der Guisan-Hut nun wieder in Avenches und ist passenderweise Teil einer neu eröffneten Wanderausstellung zum 150. Geburtstag des Generals. Die Gleichzeitigkeit sei reiner Zufall, sagt Mora. Wenn die Ausstellung Ende der Woche weiterzieht, soll der Hut wieder in den Guisan-Saal einziehen. Diesmal gesichert, versichert Mora.
Nur ein unerwartetes Problem hat die Gemeinde jetzt: Der letzte Besitzer des Käppis hat eine der beiden Ziernähte entfernt, damit der Hut exakt wie das berühmte Modell aus dem Zweiten Weltkrieg aussieht. Die Gemeinde Avenches überlegt nun, ob sie die zweite Paspel wieder anbringen lassen soll – oder ob sie den Hut so belässt: weil die wunderliche Reise von Avenches nach Zürich und zurück nun zu seiner Geschichte gehöre.