Von der seltensten aller Pflanzenarten ist nur noch ein einziges Männchen bekannt. Mit Drohnen und Spezialkameras sucht ein Forschungsteam in Südafrika jetzt nach weiteren Exemplaren – zwecks Fortpflanzung.
Seit mehr als 300 Millionen Jahren besiedeln sie die Erde, sie haben die Dinosaurier und die Mammuts überlebt. Heute jedoch gehören sie zu den am stärksten bedrohten Pflanzen unseres Planeten: die Palmfarne. Die urtümlichen Gewächse sind weder Palmen noch Farne, sondern bilden eine eigene Ordnung. Fast allen von ihnen geht es schlecht, wobei ein Palmfarn in besonderer Not ist: Encephalartos woodii gilt als die einsamste Pflanze der Welt. Nur noch ein Männchen existiert von dieser Art.
«Die Geschichte von E. woodii hat mich berührt», erzählt Laura Cinti von der University of Southampton. Die Forscherin, die Kunst studierte, bevor sie zur Botanik fand, hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, eine Partnerin für den einsamen Palmfarn zu finden. «Ich bin hoffnungsvoll, dass es irgendwo da draussen noch ein Weibchen gibt», sagt sie.
Am ehesten in Südafrika. Denn dort – im Ngoye-Wald in der Nähe von Durban – hat der Botaniker John Medley Wood 1895 den ersten Palmfarn der Art E. woodii entdeckt. Es blieb der einzige. Obwohl Wood und später auch andere Forscher fieberhaft suchten, kam nie ein weiteres Exemplar derselben Spezies zum Vorschein.
Aus Angst, dass der Palmfarn im Urwald zerstört werden könnte, liessen ihn die südafrikanischen Behörden 1916 in ein Schutzgehege in Pretoria umsetzen. Die logische Folge: Von da an galt die Art als in der Wildnis ausgestorben. Immerhin durften Botaniker hin und wieder Ableger des einzig bekannten Exemplars entnehmen, um sie in verschiedenen botanischen Gärten weltweit zu kultivieren. Dort sind sie zum Teil noch heute zu bestaunen. Dies jedoch unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen wie Gittern und Alarmanlagen.
Denn neben der Zerstörung des Urwalds gibt es einen weiteren bedeutenden Grund für die Gefährdung der Palmfarne: ihre Beliebtheit bei Sammlern. Manche Liebhaber der Gewächse sind bereit, mehrere hunderttausend Dollar für ein seltenes Exemplar in stattlicher Grösse zu bezahlen. Und kein Palmfarn ist seltener als E. woodii.
Genetisch verarmt
Bei all den Ablegern, die sich unter anderem in den Londoner Kew Gardens oder im Hortus Botanicus in Amsterdam befinden, handelt es sich um Klone – sie sind genetisch identisch mit dem Ursprungsexemplar. Um zum Beispiel gegen Krankheiten gewappnet zu sein, brauche die Art aber genetische Diversität, wofür eine geschlechtliche Fortpflanzung nötig sei, erklärt Cinti. «Deshalb ist es so wichtig, dass wir ein Weibchen finden.»
Für ihr Vorhaben hat die Forscherin ein Team aus verschiedenen Expertinnen und Experten zusammengestellt. Mit mehreren Drohnenflügen haben sie die Landschaft des Ngoye-Waldes in Südafrika bereits erkundet. Zehntausende von Fotos nahmen die Drohnen auf, wobei ein Multispektralsensor zum Einsatz kam. Dieser erfasst neben anderem, ob eine Pflanze lebt oder nicht.
Seit neustem nutzen die Wissenschafter auch künstliche Intelligenz (KI), um auf dem Bildmaterial nach Hinweisen auf E. woodii zu suchen. «Dafür mussten wir die KI zunächst mit Palmfarnfotos trainieren, die von oben aufgenommen worden waren», erzählt Cinti. «Es war eine grosse Herausforderung, genug solche Bilder zusammenzutragen.»
Doch was passiert, wenn das Team tatsächlich auf ein Exemplar von E. woodii stösst? «Erst einmal müsste man genetisch testen, um welches Geschlecht es sich dabei handelt», sagt Cinti. Denn Männchen und Weibchen sehen genau gleich aus. Dann würde die Pflanze wohl in einen botanischen Garten gebracht, um sie zu schützen und um die ersehnte Fortpflanzung endlich in Gang zu setzen.
Geschlechtsänderung durch Umweltreize
Eigentlich gäbe es noch andere Möglichkeiten, dem einsamen Männchen eine Partnerin zur Seite zu stellen. Von anderen Palmfarnen ist bekannt, dass sie als Reaktion auf bestimmte Umweltreize wie plötzliche Temperaturschwankungen ihr Geschlecht wechseln. Die Forschungsgruppe um Cinti plant entsprechende Versuche. Doch selbst wenn eine solche Umwandlung zustande käme, hätte das Weibchen weiterhin dasselbe Erbgut wie das Männchen. Die Art wäre noch immer genetisch verarmt.
Deshalb halten die Forscherinnen und Forscher die Suche in der Wildnis für weitaus vielversprechender. Bisher haben sie 80 Hektaren des Ngoye-Waldes überprüft, vier Bereiche am Rande des Urwaldes, die fürs Gedeihen von Palmfarnen besonders geeignet scheinen. Fündig wurden sie noch nicht. Doch die Hoffnung ist noch immer gross. «Bis jetzt haben wir erst zwei Prozent des Waldes untersucht», sagt Cinti. Mitte Juli startet das Forschungsteam den nächsten Drohnenflug. Vielleicht ist die Partnersuche dieses Mal erfolgreich.
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