Der frühere Nationalspieler wird sportlicher Koordinator des A-Nationalteams der Frauen. Er setzt sich nicht zuletzt wegen seiner Töchter für den Frauenfussball ein.
Johan Djourou staunte, als ihm seine 12 und 14 Jahre alten Töchter eröffneten, sie wollten Fussball spielen. Also nicht nur spielen, sondern Profi werden. Zuvor hatten sie sich nicht für diese Sportart interessiert, «sie hatten weder Ahnung vom Sport noch Koordination», sagt Djourou, «doch sie hatten dieses Glänzen in den Augen». Von da an ging er jeden Tag mit ihnen auf den Platz. Der Vorteil sei, dass sie durch ihn viele Details des Spiels vermittelt bekämen, die sie sich sonst über Jahre erarbeiten müssten, sagt der 37-Jährige.
Diese Details, die kleinen Tricks und Geheimnisse aus einer langen internationalen Karriere bei Klubs wie Arsenal oder dem Hamburger SV, kommen ab sofort nicht mehr nur Djourous Töchtern zugute. Djourou ist seit Anfang Juli der sportliche Koordinator des A-Nationalteams der Frauen und zudem Projektleiter des Impulsprogramms Footura+, das die Spielerinnen auf dem Weg zur Heim-EM 2025 individuell in ihren Bedürfnissen unterstützt.
Djourou ist Trainer eines Mädchenteams in Genf
Für den Bereich Frauenfussball unter der Direktorin Marion Daube ist Djourou der nächste bemerkenswerte Zugang. Im Januar ernannte der Schweizer Fussballverband (SFV) die renommierte Trainerin Pia Sundhage aus Schweden zum Nationalcoach, im März folgte als Goalietrainerin die deutsche Weltmeisterin und Weltfussballerin Nadine Angerer. Alle lockte die Aussicht, mit dem Heimteam an einer EM etwas zu erreichen. Die grossen Verdienstmöglichkeiten gibt es beim Schweizer Verband nicht.
Djourou sagt: «Ich bin in einer Position, in der ich nicht nur für das Geld arbeiten muss, sondern auch mit dem Herzen.» Bereits in seiner Zeit bei Arsenal zwischen 2004 und 2013 ist er mit Frauenfussball in Berührung gekommen, danach kam die Förderung seiner Töchter, seit einem Jahr ist er auch Trainer der U-15-Frauen des FC Lancy in seiner Heimat Genf. Für den Frauenfussball kann es nur gut sein, dass ihn auch Männer mit einem grossen Namen zu ihrer Priorität machen und ihn nicht als Notlösung in der Karriere sehen.
Die Rolle und die Kompetenzen des 76-fachen Nationalspielers im SFV sollen natürlich wachsen, sie sind nicht starr definiert. So ist die Stelle überhaupt entstanden. Djourou tauschte sich immer wieder mit seinem Freund Vincent Cavin aus, der bis Ende 2023 Assistenztrainer des Männer-Nationalcoachs Murat Yakin gewesen ist. Schliesslich reichte Djourou «einfach so» seinen Lebenslauf ein, als das Frauen-Nationalteam im vergangenen Herbst eine neue Trainerin oder einen neuen Trainer suchte.
Dieser Posten kam nicht infrage, weil Djourou noch an den Trainerlizenzen arbeitet. Doch die Verantwortlichen um die Direktorin Daube erkannten Djourous Engagement für den Frauenfussball. Als der Bundesrat im Februar zuerst nur 4 statt 15 Millionen Franken für die EM 2025 sprach, setzte sich der frühere Verteidiger in Genf mit einer Petition für die Erhöhung der Bundesgelder ein. Djourou und der Verband blieben in Kontakt.
Pia Sundhage bleibt sportlich im Lead, Djourou soll ein Bindeglied sein
Djourou fungiert als Bindeglied zwischen den Spielerinnen und dem Staff, was bisher gefehlt hat. Die Spielerinnen sollen sich abgeholt fühlen, wofür der umgängliche Djourou ein geeigneter Kandidat scheint. Als Profifussballer schätzten ihn Klubs und Teamkollegen für die Sozialkompetenz. Die Mehrsprachigkeit des Romands ist ein weiteres Plus. Die sportlichen Entscheidungen trifft immer noch die Nationaltrainerin Sundhage, doch diese ist offen für Anregungen. Sie hat Djourou dazu aufgefordert, auch einmal mit zu trainieren und ihr seine Eindrücke zu schildern.
Die 64-jährige Sundhage ist souverän und routiniert genug, um andere Meinungen zuzulassen. Kurz nach dem Amtsantritt sagte sie, einer der besten Tipps für ihre Karriere sei gewesen, sich nicht mit Menschen zu umgeben, die genau dasselbe sagten. Seit Jahren setzt sie auf die gleichen zwei Assistenten.
Mit den Zugängen ist das Nationalteam der Frauen ein Jahr vor dem Start der EM am 2. Juli 2025 in Basel gut aufgestellt. Sportlich steht man nach zuletzt drei Siegen und einer Niederlage kurz vor dem Wiederaufstieg in die Nations League A. Einen Punkt brauchen die Schweizerinnen aus den Spielen gegen die Türkei am Freitag und Aserbaidschan am Dienstag dafür noch.
Damit geht gleichzeitig die erste Runde der EM-Qualifikation zu Ende, und neben dem Gastgeber Schweiz werden acht weitere Länder qualifiziert sein. Die restlichen sieben Teilnehmer werden in einem zweiteiligen Modus in K.-o.-Runden mit Hin- und Rückspiel bis im Dezember ermittelt.
Im Gegensatz zu Sundhage und Angerer ist Djourous Vertrag nicht bis Ende der Europameisterschaft befristet. Er soll den Frauenfussball längerfristig voranbringen. Der Romand ist überzeugt, dass es hier vor allem in der frühen Ausbildung noch Potenzial gibt. In der Verbesserung des Spielverständnisses etwa, in der technischen Entwicklung, aber auch physisch.
Wenn er mit den Mädchen im FC Lancy Schnellkraft, Explosivität und Sprints trainiere, höre er oft, dass man das mit den Mädchen doch nicht machen könne. «Die Mentalität, die Kultur muss sich ändern», sagt Djourou. Dann werde der Frauenfussball richtig explodieren.