Würde heute abgestimmt, würden sowohl die Reform der zweiten Säule als auch die Biodiversitätsinitiative abgelehnt. Das ergibt die jüngste Umfrage von GfS Bern.
Der Wind hat gedreht. Anfang August ergab eine erste Umfrage von GfS Bern im Auftrag der SRG noch, dass sich eine relative Mehrheit von 49 Prozent für die Reform der beruflichen Vorsorge ausspreche. Auf die Frage, ob sie, wenn der Urnengang jetzt stattfände, mit Ja oder Nein stimmen würden, antworteten 23 Prozent der Teilnehmer mit «Ja», 26 Prozent mit «eher Ja», 12 Prozent mit «weiss nicht», 18 Prozent mit «eher Nein» und 21 Prozent mit «bestimmt dagegen».
Am 31. August tönte es dann schon anders. Würde heute abgestimmt, wären 24 Prozent der Befragten klar dafür, 18 Prozent stimmten ziemlich sicher mit Ja, 7 Prozent wissen nicht, wie sie stimmen sollen, 15 Prozent sind eher dagegen, und 36 Prozent sind klar dagegen. Mit anderen Worten: Neu spricht sich also eine relative Mehrheit gegen die Reform der zweiten Säule aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass am 22. September ein Nein resultiert, ist also grösser als die, dass die Reform durchkommt. Die Komplexität der Vorlage und die Kritik der Gegner dürften zur Skepsis beigetragen haben.
Auch bei der Stimmabsicht nach Parteisympathien ergeben sich Differenzen zur ersten Umfrage. Laut GfS waren am 4. August 63 Prozent der Mitte-Wähler für die Reform und nur 29 dagegen. Ende August waren nur noch 50 Prozent für die Reform und 44 Prozent dagegen. Bei der SVP sagen nach wie vor 46 Prozent Ja, neu aber 47 Prozent Nein (vorher 42 Prozent).
Bei der FDP sind 68 Prozent für und 29 Prozent gegen die Reform. Hier hat sich die Skepsis nur ganz leicht verschärft. Bei der GLP hingegen, wo sich Anfang August noch 70 Prozent für ein Ja aussprachen, sank der Anteil der Befürworter auf 56 Prozent. Interessant auch SP und Grüne. Bei den Sozialdemokraten sank der Ja-Stimmen-Anteil von 37 auf 19 Prozent, während neu 76 Prozent (vorher 51) mit Nein stimmen wollen. Bei den Grünen sind nur noch 26 Prozent klar dafür (früher 42), 64 Prozent lehnen die Reform ab (früher 38).
Veränderungen gab es auch bei den Befragungsresultaten bei der Biodiversitätsinitiative. Laut GfS Bern sagen derzeit nur noch 46 Prozent Ja oder eher Ja (früher 51 Prozent der Befragten). Neu geben 51 Prozent (früher 43 Prozent) an, eher mit Nein oder mit Nein zu stimmen. Auch hier ist derzeit eine Mehrheit dagegen.
Das Nein zur BVG-Reform hat sich abgezeichnet. Der Widerstand der Gewerkschaften war massiv, und die Stimmberechtigten wurden mit vielen und zum Teil falschen Zahlen bombardiert. Vielen ist offenbar immer noch nicht klar, wer von der Reform profitieren würde und wer nicht. Gemäss den GFS-Studienautoren verfängt deshalb insbesondere das gegnerische Argument, dass es sich bei der Reform um einen «BVG-Bschiss» handle, weil Angestellte höhere Beiträge zahlen müssten, später dann aber doch zu wenig Rente erhielten.
Das Argument, dass gerade Frauen in eher schlecht bezahlten Berufen am Ende ihres Berufslebens besser dastehen als heute, verlor im Verlauf der Debatte immer mehr an Überzeugungskraft. Sicher ist, mit einem Nein an der Urne ist die Gelegenheit für eine nachhaltige Sanierung der zweiten Säule für eine längere Zeit vorbei. Die Bürgerlichen und die Mitte-Parteien müssen mit einer erneuten Niederlage bei einer Sozialversicherungsvorlage rechnen.