Der Bundesrat plant, die Steuern auf Kapitalbezüge aus der beruflichen und der privaten Vorsorge zu erhöhen. Dies hätte massive negative Folgen. Stattdessen sollte der Bund lieber weniger ausgeben.
Der Vorschlag des Bundesrats, die Steuern auf Kapitalbezüge aus der Pensionskasse und der dritten Säule zu erhöhen, schlägt hohe Wellen. Wer sich heute Kapital aus der zweiten oder der dritten Säule auszahlen lässt, erhält einen günstigeren Tarif als beim Einkommen. Dies soll in Zukunft nicht mehr der Fall sein – der Bezug von Alterskapital soll nicht mehr günstiger sein als der Bezug einer Altersrente.
Mit Blick allein auf die zweite Säule erscheint es sinnvoll, Renten- und Kapitalbezüge aus der Pensionskasse gleich zu besteuern. Doch der Vorschlag des Bundesrats hat viel zu grosse Kollateralschäden. Die dringend nötige private Vorsorge in der dritten Säule würde durch eine solche steuerliche Änderung massiv beeinträchtigt.
Versicherte nehmen Kapital statt Rente
Was die Pensionskassen angeht, haben sich Versicherte in den vergangenen Jahren immer häufiger dafür entschieden, sich das Vermögen aus der Pensionskasse auszahlen zu lassen. Viele verschmähten eine lebenslange Rente, obwohl dies für sie wohl der bessere Entscheid gewesen wäre. Im Jahr 2023 riefen Versicherte laut dem Bundesamt für Statistik Alterskapital im Volumen von 14,8 Milliarden Franken ab, 2015 waren es erst 6,3 Milliarden Franken gewesen.
Steuern zu sparen, dürfte beim Entscheid für das Kapital neben den gesunkenen Umwandlungssätzen der Pensionskassen ein wichtiger Faktor sein – und solche finanziellen Anreize zu bieten, ist zweifellos heikel. Sie öffnen Fehlberatungen Tür und Tor, und laut Beobachtern kommen solche in der Praxis häufig vor. Zudem dürften sich viele Pensionäre nicht bewusst sein, dass ihnen das ausgezahlte Geld aus der Pensionskasse bis zum Lebensende reichen muss. Ist das nicht der Fall, muss am Ende der Staat einspringen. Mit höherem Alter wird es ausserdem immer schwieriger, das Kapital selbst zu verwalten.
Trotz alledem führt der Plan des Bundesrats, die Steuern auf Kapitalbezüge aus der Vorsorge zu erhöhen, in die falsche Richtung. Er würde für Gutverdiener teuer, aber vor allem auch für den Mittelstand. Durch ihn würde das Sparen in der steuerbegünstigten Säule 3a deutlich weniger attraktiv – und das in einer Zeit, in der die private Vorsorge immer wichtiger wird. So ist die zu erwartende Ersatzquote, also die Gesamtrente aus AHV und Pensionskasse, bei vielen Versicherten in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Wer den Lebensstandard nach der Pensionierung halten will, ist dazu gezwungen, privat stärker für das Alter vorzusorgen.
Erfreulich ist indessen, dass in den vergangenen Jahren auch viele jüngere Menschen damit begonnen haben, in der Säule 3a Geld beiseitezulegen. Das Produktangebot hat sich ebenfalls deutlich verbessert. Es wäre ein grosser politischer Fehler, diesem positiven Trend nun das Wasser abzugraben. Der Staat hat ein ureigenes Interesse daran, dass die Menschen private Vorsorge betreiben – so steigen die Chancen, dass sie im Alter finanziell unabhängig bleiben und ihm nicht zur Last fallen.
Altersvorsorge ist ein Langzeitprojekt
Auch beschädigt der Vorschlag des Bundesrats das Vertrauen in den Staat. Viele Bürger haben schliesslich in dem Glauben für das Alter gespart, dass ihnen der Konsumverzicht durch steuerliche Vorteile abgegolten wird. Altersvorsorge ist ein Langzeitprojekt, und eine solche Steuererhöhung käme einer Änderung der Spielregeln während des Spiels gleich. Das wäre in höchstem Grade unfair.
Zudem stellt sich die Frage, ob der Bund mit dem Vorhaben überhaupt die angestrebten 220 Millionen Franken pro Jahr an Mehreinnahmen erzielen würde. Schliesslich ist zu erwarten, dass sich viele Sparer von der Säule 3a abwenden würden.
Überhaupt ist das Vorhaben des Bundesrats nur deshalb zustande gekommen, weil der Bund ein Ausgabenproblem hat. Dieses sollte er dadurch lösen, dass er weniger ausgibt, anstatt die Steuern zu erhöhen. Die stark zunehmenden Kapitalbezüge in der zweiten Säule lassen sich auch auf andere Art und Weise bremsen – und ohne gleichzeitig die Säule 3a zu schädigen.