Japans Autobauer fahren bei Elektroautos hinter Tesla und BYD aus China her. Neue Allianzen sollen bei der Aufholjagd helfen. Im Zentrum stehen Software und Batterien.
In Japan nimmt eine neue Elektroauto-Allianz Gestalt an. Letzte Woche gab Mitsubishi Motors (MMC) offiziell bekannt, einer Entwicklungspartnerschaft zwischen Honda und Nissan beizutreten. Honda und Nissan konkretisierten vier Monate nach dem Start der Allianz fünf Bereiche, in denen das Trio künftig eng zusammenarbeiten will, von einer gemeinsamen Softwareplattform über Batterien bis hin zum Batterie-Recycling.
Damit wollen die Partner den Rückstand auf Elektroauto-Giganten wie Tesla oder BYD aus China aufholen, wie die Chefs von Honda und Nissan auf einer Pressekonferenz erklärten. Ein gemeinsames Krisengefühl hat dabei die beiden Unternehmen an den Verhandlungstisch gebracht.
«Das Tempo des Wandels ist schneller, als wir erwartet haben», sagte der Honda-Chef Toshihiro Mibe. Allein könnten die Japaner die führenden Elektroautohersteller nicht einholen oder überholen, so Mibe. Der Nissan-Chef Makoto Uchida sagte, man wolle durch die Zusammenarbeit mehr Wirkung und bessere Ergebnisse erzielen.
Auf der Suche nach schnellen Fortschritten
Finanziell ist der Anreiz jedenfalls gross, sich die hohen Kosten für die ambitionierten Elektroauto-Offensiven zu teilen. Beide Hersteller wollen bis 2030 einen grossen Teil des Absatzes mit batterieelektrischen Wagen erzielen. Andere kleinere japanische Hersteller wie Suzuki, Subaru und Mazda haben sich deshalb mit dem weltgrössten Autohersteller, Toyota, verbündet. Honda und Nissan hingegen suchten als mittelgrosse Hersteller andere Allianzen, die jedoch scheiterten.
Honda brach seine Elektroauto-Partnerschaft mit dem US-Hersteller General Motors ab. Nissan und Mitsubishi Motors, an dem Nissan 34 Prozent hält, sind noch mit Renault verbündet, gehen aber zunehmend eigene Wege. Entsprechend knapp sind die Ressourcen. Zusammen verkaufte das Trio im vergangenen Jahr immerhin 8,3 Millionen Autos. Mehr verkauften nur VW und Toyota.
Wie stark Nissan und Honda nun aufs Tempo drücken, zeigt die Arbeit der Allianz. Beide Seiten wollen eine gegenseitige Kapitalbeteiligung nicht ausschliessen, haben aber die Entscheidung vertagt. Stattdessen wird zunächst nach möglichen Kooperationen gesucht, die schnelle Fortschritte versprechen.
Dabei können beide Hersteller auf ein grosses Know-how bei elektrifizierten Antrieben zurückgreifen. Honda ist zusammen mit Toyota Weltmarktführer bei Hybridautos, die Benzin- und Elektromotoren kombinieren. Nissan gehört zu den Pionieren bei Elektroautos. Seit der Markteinführung des Nissan Leaf im Jahr 2010 hat der Konzern bereits mehr als eine Million Elektroautos verkauft.
Kern des Projekts ist die gemeinsame Entwicklung einer neuen softwaredefinierten Plattform für Elektroautos, die nach 2027 auf den Markt kommen könnte. Dabei geht es nicht nur um autonomes Fahren, sondern auch um das Energiemanagement. Diese Aufgabe stellt die traditionellen Autohersteller vor grosse Herausforderungen. Bei VW verzögern Softwareprobleme die Auslieferung neuer Elektroautos.
«Das Spiel hat gerade erst begonnen»
Ein weiteres wichtiges Kooperationsfeld sind die Batterien. Die Hersteller wollen nicht nur einen gemeinsamen Standard für Zellen und Module entwickeln, sondern auch bei der Produktion zusammenarbeiten. Neue Batteriefabriken kosten mehrere Milliarden Euro. Gemeinsam wollen die Hersteller finanzielle Lasten, Risiko und Stückkosten senken.
Auch bei der Entwicklung von Elektroantrieben, sogenannten E-Achsen, streben die Hersteller gemeinsame Modelle an. Kurzfristig profitieren sie davon, dass sie Motoren und Wechselrichter von einem gemeinsamen Lieferanten beziehen und im Verbund höhere Mengenrabatte erzielen können. Mittelfristig wollen sie baugleiche Antriebe einsetzen. Dabei stehen sie allerdings vor der Herausforderung, dass sie bis anhin von unterschiedlichen Unternehmen im Zulieferverbund beliefert werden.
Kurzfristig ergeben sich auch Vorteile aus der wechselseitigen Belieferung von Modellen mit Verbrennungs- und Elektromotoren in verschiedenen Märkten. Erste Modelle sind bereits ausgewählt. Ein wichtiger Aspekt in Japan – und vielleicht auch weltweit – ist die mögliche Zusammenarbeit bei Kleinstwagen, den Kei-Cars, die in Japan einen grossen Markt darstellen.
MMC und Honda sind neben Suzuki und Daihatsu die grössten Anbieter dieser Viersitzer, die nur Motoren mit maximal 660 Kubikzentimetern Hubraum haben dürfen. In Japan hat MMC mit Nissan aber bereits ein vollelektrisches Kei-Car auf den Markt gebracht, das in der billigsten Variante rund 15 000 Franken kostet, staatliche Subventionen noch nicht eingerechnet. Das könnte auch für andere Märkte interessant sein.
Darüber hinaus wollen die Partner auch bei Energiedienstleistungen und Batterie-Recycling in Japan zusammenarbeiten. Als Meilenstein für die Aufholjagd nennt der Honda-Chef Mibe das Jahr 2030: «Das Spiel hat gerade erst begonnen.»