Biber fühlen sich wohl im Kanton Zürich. Im Unterland beschäftigen sie nun auch die Politik.
Biber sind die Ingenieure unter den Säugetieren, bekannt für ihre kräftigen, orangeroten Zähne und den, im Gegensatz zum pelzigen Körper, schuppigen Schwanz. Nachdem der sympathische Nager lange Jahre als gefährdet galt, nimmt die Zahl der Biberreviere stetig zu. Gemäss dem kantonalen Bibermonitoring 2022 leben 441 Biber in 133 Revieren im Kanton Zürich.
Auch beschränken sich die Zürcher Meister Bockerts nicht mehr nur auf ländliche Gebiete. In der Stadt Zürich stattete ein Exemplar bereits der Männerbadi einen Besuch ab. Später wurde vermutlich dasselbe Tier in der Frauenbadi gesichtet. Auch am Leutschenbach in Oerlikon haust ein pelziger Nager.
Davon zeugt nicht nur ein Damm, sondern auch charakteristische Frassspuren. Um die angeknabberten Bäume zu schützen, sind inzwischen Gitter angebracht worden.
Auch in der Politik erhalten die umtriebigen Nager immer mehr Aufmerksamkeit. So musste sich der Regierungsrat dieses Jahr bereits zweimal mit Biberanfragen aus dem Zürcher Unterland beschäftigen.
Dabei ging es nicht nur um Belange aus der Land- und der Forstwirtschaft, sondern auch darum, was für Schäden die pelzigen Baumeister an vom Menschen erstellten Infrastrukturanlagen anrichten können. So musste gemäss Berichten der Tamedia-Zeitungen die Kantonsstrasse, die durch das Ried zwischen Neerach und Dielsdorf führt, saniert werden, weil ein Biber den Dorfbach gestaut hatte.
Der höhere Bachpegel und die Bewegung des Wassers höhlten die Durchflussunterführung aus, welche unter der Strasse hindurchführt. Die Folge: Der Untergrund verlor an Stabilität. Wegen der dadurch nötigen Bauarbeiten musste die Strasse für einige Tage gesperrt und der Verkehr umgeleitet werden.
In einer Anfrage mit der Überschrift «Ungenügendes Biberkonzept» wollten die vier Unterländer Kantonsräte Hans Egli (EDU, Steinmaur), Konrad Langhart (Mitte, Stammheim), Markus Bopp (SVP, Otelfingen) und Martin Huber (FDP, Neftenbach) nun vom Regierungsrat wissen, wann die Fachstelle Biberschutz Schäden an Infrastrukturanlagen «als so gravierend und untragbar» einstufe, dass Massnahmen erforderlich seien. Zudem wollten sie wissen, wer bei Personenschäden haftet.
Bei der Infrastruktur übernimmt der Kanton keine Haftung
Die Kantonsregierung schreibt in ihrer Antwort, dass nicht die Biberfachstelle dafür zuständig sei, allfällige Schäden und damit verbundene Risiken einzuschätzen, sondern die Personen, die für den Unterhalt der Anlage zuständig seien. Als erste Massnahme werde in Absprache mit der Biberfachstelle die Infrastruktur repariert. Je nach Situation seien auch Schutzgitter denkbar.
Wenn das nicht die gewünschte Wirkung zeige, würden «nachhaltigere Lösungen angestrebt».
Auch bei Haftungsfragen sei grundsätzlich die für die Anlage zuständige Person in der Pflicht, schreibt der Regierungsrat. Denn zum Unterhalt gehöre auch die Vermeidung von möglicherweise gefährlichen Situationen. Die Eigentümerschaft einer Strasse sei zwar nicht verpflichtet, diese lückenlos zu überwachen oder eine Mängelfreiheit zu garantieren. Für Biberschäden haften müssten die Eigentümer allenfalls, wenn «eine bekannte, offensichtliche Gefahrensituation über längere Zeit nicht entschärft wurde».
Eine Entschädigungspflicht für Biberschäden an Infrastrukturanlagen gebe es nicht, schreibt der Regierungsrat und verweist auf die Jagdgesetzgebung. Denn bei durch Biber verursachten Schäden handle es sich um Wildschäden.
Ist die Landwirtschaft betroffen, zahlt auch der Bund
Anders gestaltet sich die Lage, wenn der Biber sich an landwirtschaftlichen Kulturen, einzelnen Bäumen und am Wald zu schaffen machen.
Das zeigt die kürzlich veröffentlichte Antwort des Regierungsrats auf eine Anfrage von den drei Grünen-Kantonsräten Wilma Willi (Stadel), Edith Häusler (Kilchberg) und David Galeuchet (Bülach). In solchen Fällen komme der kantonale Wildschadenfonds zum Tragen, schreibt der Regierungsrat.
Die Höhe der ausgezahlten Beträge spiegelt die Zunahme der Biberpopulation wider: Während 2020 4064 Franken an Entschädigungen ausgerichtet wurden, waren es 2021 bereits 5095 Franken und im darauffolgenden Jahr 11 307 Franken. Am tiefsten in die Tasche greifen musste der Kanton 2023. Da beliefen sich die Biberschäden auf satte 13 547 Franken.
Diese Kosten muss der Kanton aber nicht alleine tragen. Da Biber vom Bund als geschützte Art eingestuft werden, übernimmt der Bund die Hälfte der ausbezahlten Entschädigungen.
Im Gegensatz zu den Schäden, welche die umtriebigen Nagetiere mit den nachwachsenden Schneidezähnen verursachen, lasse sich ihr ökologischer Wert nur mit grossem Aufwand monetarisieren, schreibt die Kantonsregierung. Sie betont, dass der Biber als aktiver Lebensraumgestalter zur Vielfältigkeit und zur Dynamik der Gewässerlandschaften beitrage. In vielen Fällen bewirke er eine erhebliche Zunahme der Artenvielfalt.
Vorerst überwiegen beim Biber also Jö-Effekt und ökologischer Nutzen. Bleibt zu hoffen, dass sie sich nicht zu Problembibern entwickeln.
Bilder via Keystone