Montag, September 30

Arme, Süchtige und psychisch Kranke erhalten immer öfter einen Beistand. Wie sehr darf der Staat über ihr Leben bestimmen?

Heute hat Beatrice Tolen die Welt nicht gerettet. Das sagt sie zumindest.

Stattdessen hat sie eine psychisch kranke Frau besucht, die ihr Geld für Zalando-Päckchen ausgibt, bis ihr fast nichts mehr bleibt.

Sie hat eine alte Kampfsportlerin getroffen, die überfordert ist mit Papieren und Wohnungssuche.

Und dann war da noch die Visite bei einem ehemaligen Heimkind, das seit Jahren Sozialhilfe bezieht und gerade um Hunderte von Franken geprellt wurde.

Sie hat mit ihnen über Schulden und Wohnungssuche, Vorladungen und Therapien gesprochen. Mit ihrem ruhigen, gefassten Gesicht, aus dem manchmal plötzlich ein quirliges Lachen bricht. Und mit ihrem Klemmbrett, auf dem sie die vielen Probleme ihrer Klientinnen und Klienten in Mind-Maps fasst. Kreis um Kreis, bis sie an den Rand des Blattes gelangt.

Beatrice Tolen ist 58, Sozialarbeiterin und professionelle Beiständin. Im ländlichen Bezirk Pfäffikon im Zürcher Oberland kümmert sie sich um jene, die ohne sie am Leben scheitern würden.

Die Beistandschaft ist der stärkste staatliche Eingriff ins Privatleben, den es in der Schweiz gibt. Gemessen an der Bevölkerung sind heute so viele wie noch nie davon betroffen: 14 von 1000 Erwachsenen, 50 Prozent mehr als noch vor 30 Jahren. Wann eine angeordnet wird, entscheidet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). Im Alltag bestimmen dann Beistände wie Tolen, welche Rechnungen bezahlt, welche Wohnungen bezogen, welche Ausgaben getätigt werden können.

Jeden Tag, in Hunderten kleinen Momenten, entscheiden sie darüber, wann der Staat einen Menschen vor sich selbst schützen darf – und wann nicht.


Anna Müller hilft anderen, bis sie sich schadet. Muss man sie vor sich selbst schützen?

Seit Jahren hat Anna Müller ihre Eltern nicht gesehen. Über Whatsapp frage sie manchmal, wie es ihnen gehe, sagt sie. «Aber es kommt nie eine Frage zurück.»

Wenn es Anna Müller* schlechtgeht, füllt sie die Leere mit Zalando. Sie bestellt Kleider und Schuhe, Schmuck und Deko. Sie bestellt, bis sich in ihrer Wohnung die Pakete stapeln. Bis ihr Konto leer ist und ihr Briefkasten voller Mahnungen, die sie nicht öffnet.

Sie beschenkt die Leute um sich herum. Hilft anderen, schadet sich selbst. «Ich vergesse mich», sagt sie. «Ich weiss nicht mehr, wo ich aufhöre und die anderen beginnen.» Wie ein Haus mit herausgerissenen Türen fühle sie sich dann. Eines, in das jeder und jede hineinkönne.

Jetzt gerade sitzt Müller, 41, auf einem Korbstuhl vor ihrer Wohnung, einer umgebauten Garage im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses, wenige Quadratmeter gross. Ein Rabe sitzt neben ihr, ein Papagei, ein Eisbär. Müller mag Tierfiguren, Goa-Musik und Verschwörungstheorien, die sie sich zur Unterhaltung auf Youtube anschaut.

Vor ihr sitzt Beatrice Tolen, ihre Beiständin. Wenn Müller erzählt, sie helfe einem nahen Angehörigen, seine Schulden abzuzahlen, sagt Tolen: «Wahnsinn, was Sie alles für ihn tun. Das ist viel Arbeit.»

Wenn Müller erzählt, der Betroffene sehe das komplett anders, sagt sie: «Es tut mir weh, das zu hören. Stimmt es denn für Sie?»

Wenn Müller Ja sagt und nebenbei erwähnt, ihr blieben noch 500 Franken pro Monat für Kleider und Lebensmittel, sagt sie: «Wir haben noch Coop-Gutscheine von der Winterhilfe.»

Tolen redet mit ihrer Klientin wie mit einer Schwester: mit der Selbstverständlichkeit einer Person, der man nahe ist, ohne dabei eine Wahl zu haben.

Eigentlich könnte sie noch mehr tun: Sie könnte bei der Kesb beantragen, Anna Müller die Handlungsfähigkeit zu entziehen. Dann könnte sie kein Geld mehr verschenken, keine Zalando-Päckchen mehr bestellen. Der Antrag hätte gute Chancen. «Ich weiss: Sie hätten das schon oft tun können», sagt Müller zu ihrer Beiständin.

Aber Tolen tut es nicht. Weil ihre Klientin es nicht will. Und weil sie nur dann etwas gegen ihren Willen tut, wenn es nicht mehr anders geht. «Wir haben Macht, viel Macht», sagt sie. «Aber am Ende sind wir für die Klienten da, für niemanden sonst.»

Anna Müller verliert diese Macht über ihr Leben, als sie 24 ist. Damals versucht sie das erste Mal, sich das Leben zu nehmen. Es ist das Ende einer langen Abwärtsspirale.

Keine schöne Kindheit habe sie gehabt, sagt Müller. Schläge, Alkohol, ruhelose Nächte. Aber sie wolle niemandem die Schuld für das geben, was danach kam: ihr eigenes Alkoholproblem, ihre Wutausbrüche, ihre Essstörung, der Zusammenbruch. Und schliesslich die psychiatrische Diagnose: Borderline.

15 Jahre habe sie gebraucht, um sich einzugestehen, dass sie eine Krankheit und ein Suchtproblem habe, sagt Müller. 15 Jahre, in denen sie zunächst ihren Job verlor und dann von Einrichtung zu Einrichtung wanderte: Psychiatrie, Wohnheim, begleitetes Wohnen. Bis sie schliesslich eine eigene Wohnung bekam.

Stets begleitet von einem Beistand oder einer Beiständin, seit vier Jahren von Beatrice Tolen. Die darf für ihre Klientin einen Mietvertrag unterschreiben und hat die Verfügungsgewalt über Müllers Konto, auf das eine Invalidenrente samt Ergänzungsleistungen überwiesen wird. Daraus zahlt sie Miete und Krankenkasse.

Und doch sagt Müller: «Ich habe nicht das Gefühl, eine Nummer zu sein, abgestempelt und schubladisiert.»

Andere Bestände hätten sie ausgeschimpft, ihr ins Gewissen geredet, sie gedrängt, anders zu leben. «Aber ich bin halt eine Spezielle», sagt Müller. «Wenn man mich an die Leine nimmt und in eine Richtung zieht, ziehe ich in die andere.»

Das weiss Tolen. Ihr häufigster Satz bei diesem Besuch ist: «Es liegt an Ihnen – das entscheiden Sie.»

Doch Müllers Wünsche ändern sich oft. Verkäuferin im Brocki wolle sie werden, sagt sie. Oder Floristin. Oder doch Fotografin? «Schritt für Schritt», sagt Tolen. «Es geht nicht von heute auf morgen.» Erst einmal regelmässig die Post öffnen, die Zalando-Pakete zurückschicken – und ein Bewerbungsdossier zusammenstellen.

Für ihre Zukunft wünscht sich Anna Müller, was sich die meisten wünschen: schöne Reisen, Arbeit, Liebe. Seit Jahren, sagt sie, habe sie ihre Eltern nicht gesehen. Über Whatsapp frage sie manchmal, wie es ihnen gehe. «Aber es kommt nie eine Frage zurück.»


Petra Stutz hat Angst vor der Autonomie. Darf man sie dazu zwingen?

Zwei Dinge geben Petra Stutz im Alltag Sicherheit: die Natur und der Sport. Jeden Tag geht sie joggen, ins Krafttraining, ins Zumba. Und zur Blumenwiese vor ihrem Haus.

Es ist lange her, dass Petra Stutz* ihrem Arzt den Kiefer gebrochen hat. 32 Jahre, um genau zu sein. Damals, mit 39, ist Stutz halbprofessionelle Kampfsportlerin, daneben arbeitet sie in einem Ingenieurbüro.

Dann kommt der Aggressionsschub, verbunden mit einem Suizidversuch. «Ich war in der Klinik, immer wieder», sagt Stutz. «Ich war viel fixiert, ans Bett gefesselt.»

Gewalttätig sei sie gewesen, verletzte sich und andere – etwa jenen Psychiater, dem sie mit einem Faustschlag den Kiefer brach. Eine schwere psychische Störung wurde bei ihr diagnostiziert.

Heute ist Petra Stutz 71, eine zierliche Frau, braungebrannt, mit farbigen Bändern in den weissen Haaren. Zögerlich betritt sie das Sitzungszimmer, in dem ihre Beiständin Beatrice Tolen sie empfängt. Sie setzt sich, öffnet langsam ihre Tasche und nimmt sanft ein goldenes Glöckchen hervor. «Ein Geschenk», sagt sie und legt es sorgfältig vor Tolen.

Das Glöckchen hat Stutz aus Japan mitgebracht. Dort war sie gerade in den Ferien, für drei Wochen. Ohne Mobiltelefon, ohne Gefährten, ohne Hilfe. Immer wieder orientierungslos, verzweifelt. «Dann habe ich den Rucksack auf den Boden geschmissen und geschrien», sagt sie und macht mit beiden Händen eine knochige Faust.

Aber am Ende hat sie es heil zurückgeschafft. Tolen sagt: «Es war sicher nicht alles schlecht. Ich bin stolz auf Sie!»

Petra Stutz hat die ersten Kindheitsjahre als Kind zweier Schweizer in Kongo verbracht. Dann kam sie zurück, die Familie folgte dem Arbeitsort des Vaters. Fragt man sie nach der Beziehung zu ihm, wird ihre klare Stimme leise, ihr kräftiger Körper zittrig. «Schwierig», sagt sie dann und weint.

Was damals genau geschah, darüber spricht sie bis heute nicht.

Vor ein paar Jahren ist ihr Vater gestorben. Sein Erbe wollte sie ausschlagen. «Von ihm möchte ich gar nichts», sagte sie. Doch Tolen, ihre Beiständin, sah es anders.

Sie griff ein – weil es, wie sie sagt, nicht anders ging. «Auf ein kleines Vermögen zu verzichten, kann einschneidende Folgen haben. Gekürzte Sozialleistungen, finanzielle Probleme. Das konnte ich nicht zulassen.»

Sie nahm das Erbe im Namen ihrer Klientin an. Die konnte sich damit die lang ersehnten Japan-Ferien finanzieren.

Von denen erzählt Frau Stutz zuerst viel Negatives. Erst als Tolen nachbohrt, berichtet sie vom anderen: von den magischen Momenten im Zen-Garten, dem Essen, den Zügen, den Leuten. Und gibt mit leichtem Lächeln zu: «Doch, es war oft sehr schön.»

Es ist, als brauche Frau Stutz eine Erlaubnis, um glücklich zu sein. Eine, die Tolen ihr immer wieder gibt. Sie spricht mit ihr wie ein Coach mit einer Athletin: «Sie wissen, was Ihnen guttut!» – «Holen Sie sich Hilfe!» – «Verkriechen Sie sich nicht!»

Seit ihrem Zusammenbruch mit 39 hat Stutz einen Beistand. Sie hat sich daran gewöhnt. Ohne, sagt sie, hätte sie es nie aus der Psychiatrie geschafft, in eine Wohnung und nun sogar in die Ferien. «Mein Sicherheitsnetz» nennt sie Tolen.

Doch nun, glaubt ihre Beiständin, wäre es an der Zeit, ohne Netz durchs Leben zu gehen.

«Ich weiss: Sie können das!», sagt sie. Aber ihre Klientin schüttelt den Kopf. Sie will nicht.

Darf man jemanden zu Autonomie zwingen, der sich diese nicht zutraut? Gerade ältere Klientinnen und Klienten seien oft einsam, hätten ihr Umfeld nach und nach verloren, sagt Beatrice Tolen. «Wir begleiten sie. Ob sie scheitern oder nicht – wir bleiben.»

Wie nahe der Abgrund ist, hat Stutz vor ein paar Jahren gemerkt. Damals starb ihre Katze – Stutz brach zusammen, musste in die Psychiatrie. Kurz darauf verlor sie ihre Wohnung und landete in einem heruntergekommenen Apartment-Hotel. Bis Beatrice Tolen ihr eine Alterswohnung besorgte.


Sandro Rosa nennt sich einen «faulen Sack». Soll man seine Kämpfe für ihn führen?

Sandro Rosas Budget reicht jeweils bis am 19. des Monats. Danach, sagt er, esse er Suppe oder lasse sich einladen.

Sandro Rosa* hat das Träumen aufgegeben. Fragt man ihn nach seiner Zukunft, sagt er: «Ich mache mir dazu keine Gedanken. Es kommt, wie es kommt. Was du dir erhoffst, wird eh nicht passieren.»

Rosa ist 27, ein freundlicher Mann mit Bart, Tattoos und lustigem Lachen. Er lebt von der Sozialhilfe, seit Jahren schon. Seine Lehre im Detailhandel musste er einst abbrechen, weil sein Arbeitgeber in Konkurs ging. Danach jobbte er als Verkäufer, Schlosser, Logistiker, Zügelmann. Bis er keinen Job mehr fand und irgendwann auch keinen mehr suchte.

«Ich habe lange gekämpft», sagt Sandro Rosa. Aber für einen wie ihn sei es schwierig. Rechnungen, Budgets, Bewerbungen, Behördengänge: All das überfordere ihn. Er hat die Diagnose ADHS, aber für eine Invalidenrente reicht es nicht. «Ich brauche Hilfe», sagt Rosa, «aber ich bin manchmal auch ein fauler Sack, das darf man ehrlich sagen.»

Da lacht er und zwinkert der Frau zu, die vor ihm sitzt: Beatrice Tolen, seine Beiständin. Sie lacht zurück, schüttelt aber leicht den Kopf. Dass er wieder einen Anlauf nehmen, nicht so leicht aufgeben soll: Es ist ihr Mantra in diesem Gespräch, das manchmal wirkt wie eines zwischen Mutter und Sohn.

Sagt er: «Wir müssten uns mal um ein günstigeres Handy-Abo kümmern», sagt sie: «Wir?», zieht die Augenbraue hoch. «Es ist doch Ihr Abo!»

Eine Beiständin darf zwar viel, aber das heisst nicht, dass sie ihren Klienten alles abnimmt. «Zerren nützt nichts. Zu Hilfe kann man niemanden zwingen», sagt Tolen. «Wir müssen ihnen wo immer möglich ihre Freiheit lassen. Und sie müssen, wo immer möglich, selbst ihre Probleme lösen – oder es zumindest versuchen.»

Sandro Rosa ist im Zürcher Oberland aufgewachsen. Seine Jugend hat er in Kinderheimen und Gastfamilien verbracht. «Meinen Rucksack» nennt er diese Zeit. «Dumme Jugendsünden» das, was er damals tat: das Kiffen, die nicht bestandene Urinprobe, die Flucht, die Rückkehr ins Heim, wie er dort einen Mitarbeiter schlug, ins Jugendgefängnis kam und, wieder draussen, Velos und ein Auto klaute.

«Ich war ein Tubel», sagt Rosa. «Immer wurde ich erwischt.»

Jetzt sitzt er in seiner Wohnung, draussen eine laute Strasse. Ein Tisch, eine grosse Spanien-Flagge, ein Schlüsselbrett mit der heiligen Jungfrau Maria. Und viele Probleme, für die Tolen mit ihm eine Lösung sucht.

Da sind die Schulden bei seinem Telekom-Anbieter. Sein kaputter Kühlschrank samt ruiniertem Wocheneinkauf. Sein Budget, das jeweils nur bis am 19. des Monats reiche. «Danach gibt es noch Wasser und Fertigsuppe», sagt Rosa. «Oder ein Freund lädt mich ein.»

Sein grösstes Problem aber ist sein Vermieter. Der habe ihm während Monaten zu hohe Nebenkosten berechnet. Ein Experte, den Tolen ins Haus kommen liess, hat das kürzlich bestätigt. Lange wollte Rosa sich nicht wehren – aus Angst vor einer Kündigung. Nun aber sind seine wenigen Reserven aufgebraucht.

Tolen muss einschreiten – es geht nicht anders.

«Ich werde ihn betreiben müssen, wenn sich nichts tut», sagt sie zu ihrem Klienten. «Dann kann es auch für Sie ungemütlich werden.» – «Egal», sagt Rosa. «Ich lebe schon genug wie ein Hund.»


Beatrice Tolen wurde schon beschimpft und bedroht. Warum macht sie trotzdem weiter?

Wenn Beatrice Tolen am Ende des Tages in ihr Auto steigt und nach Hause fährt, sieht sie aus dem Fenster ihre Fälle vorbeiziehen. Dort der Hof des psychisch angeschlagenen Bauern, der gerade in U-Haft sitzt. Dort der Wohnblock der Einwandererfamilie, deren Vater nach einem Unfall nicht mehr arbeiten kann und tief in den Schulden steckt.

Und dort das Haus der Frau, die Tolen sterbend in ihrer Wohnung fand, im Alkohol-Koma. 25-mal hatte sie sie zuvor ins Spital begleitet. Dieses Mal kam sie fast zu spät. Sie rief die Rettung, zwei Wochen hing das Leben der Frau am seidenen Faden. Dann erholte sie sich.

«Heute», sagt Tolen, «ist sie wieder gleich unterwegs wie damals.»

Für jemanden, der den ganzen Tag lang empathisch ist – mal wie eine Schwester, mal wie ein Coach, mal wie eine Mutter spricht –, bleibt Tolen erstaunlich ruhig, wenn sie von den schwierigen Seiten ihres Jobs erzählt.

Sie wurde schon angeschrien und bedroht. Ein wütender Klient notierte ihre Autonummer, um an ihre Privatadresse zu kommen. Einen anderen musste die Polizei mit Pfefferspray traktieren und in Handschellen abführen, weil er nicht von ihr abliess. Erst kürzlich entzündete ein Mann im Treppenhaus vor ihrem Büro ein Feuer.

Tolen sagt: «Wir haben jetzt einen neuen Bodenbelag.»

Manchmal frage sie sich selbst, warum sie das könne: die harten Schicksale ihrer Klientinnen aushalten, sie jeden Tag besuchen – im Wissen, dass sie ihnen oft nicht helfen kann.

Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen haben Mühe damit: Obwohl die meisten mit der Arbeit selbst zufrieden sind, erwägen laut einer Umfrage des nationalen Berufsverbands 40 Prozent der Beistände einen Stellenwechsel. Gemäss der besten verfügbaren Schätzung gibt es schweizweit rund 2500 bis 2600 Berufsbeistände. Pro Vollzeitstelle betreuen sie im Schnitt 67 Fälle.

Es ist ein Berufsstand unter Druck: Die Hälfte bleibt weniger als fünf Jahre im Job. Ein Drittel berichtet von regelmässigen arbeitsbedingten Schlafstörungen. Ein Fünftel hatte schon ein Burnout.

«Ohne Abgrenzung geht es nicht», sagt Tolen. «Man darf die Probleme der anderen nicht zu den eigenen machen.» Manchmal kommt ihr diese Haltung hart vor. Aber dann denkt sie an alle Wohnungen, die sie damit vermittelt, alle Klienten, die sie so in die Unabhängigkeit geführt hat.

«Ich kann diese Menschen, ich kann die Welt nicht retten», sagt Tolen. «Aber ich kann sie etwas erträglicher machen.»

* Alle Namen von Betroffenen geändert.

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