Sonntag, September 29

Der 21-Jährige hat seine Taten zugegeben und ist vom Bezirksgericht Andelfingen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden.

Er ist ausgerechnet Jus-Student und nun mit 21 Jahren schon vorbestraft: Als der Beschuldigte vor Bezirksgericht Andelfingen nach dem Grund für seine Straftaten befragt wird, sagt er immerhin: «Logisch, es gibt keine Rechtfertigung dafür.» Er habe Adrenalin verspürt, etwas Riskantes, etwas Falsches zu machen. «Andere haben es gemacht, da habe ich es auch gemacht», sagt er. Zudem sei er von einem Unbekannten unter psychischen Druck gesetzt worden.

Zwischen April 2021 und Juli 2023 fotografierte der Beschuldigte viermal an seinem Wohnort die Kollegin durch ein Schlüsselloch, als sie ihren Toilettengang verrichtete. Dabei wurden jeweils Teile ihres Intimbereichs abgebildet. Er fertigte auch über 40 Mal unbemerkt Fotos der Geschädigten an, die auf ihren Intimbereich, ihr Gesäss oder ihr Décolleté fokussierten. Viele dieser Fotos erstellte er bei sich oder bei ihr zu Hause, während sie – oft mit gespreizten Beinen – am Tisch, auf dem Boden oder auf dem Bett sass oder lag.

Nacktbilder auf Telegram geteilt

Zudem fotografierte er über 30 Bilder aus einer Galerie von ihrem iPad ab. Diese Fotos hatte die junge Frau für ihren Lebenspartner erstellt. Sie zeigten sie in Dessous oder aufreizender Pose. Einige Aufnahmen bearbeitete der Beschuldigte zusätzlich mit sogenannten «Nudity Apps», so dass die junge Frau darauf nackt erschien. Er teilte die Aufnahmen in einschlägigen Telegram-Gruppen mit anderen Nutzern.

Auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten wurden zudem 32 kinderpornografische Bilder und 18 Bilder mit verbotener sexueller Gewalt gefunden. In der Strafuntersuchung gab der Student alles zu und einigte sich mit der Staatsanwältin auf einen Deal für ein abgekürztes Verfahren. Der Urteilsvorschlag lautet auf eine Verurteilung wegen mehrfacher Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte und mehrfache Pornografie.

Es soll eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten absetzen. Auf ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen wird aber verzichtet. Zudem hat sich der Beschuldigte bereit erklärt, sämtliche Kosten und Zivilforderungen zu bezahlen. Das sind fast 20 000 Franken: 5300 Franken Schadenersatz, 2000 Franken Genugtuung, 4400 Franken Parteientschädigung für den Anwalt der Geschädigten, 4000 Franken für den amtlichen Verteidiger, 2000 Franken Gebühr für das Vorverfahren und 1500 Franken Gerichtskosten.

Bei der Befragung gibt der Beschuldigte auffallend offen und ausführlich Auskunft. Er habe im Frühjahr 2021 das iPad der Kollegin ausgeliehen, aber nicht mit der Absicht, etwas Falsches zu machen. Sie habe ihm gesagt, er solle ja nicht in ihre Bildergalerie gehen. Aus Neugier habe er es trotzdem gemacht.

Und wieso hat er die Bilder bearbeitet und auf Telegram geladen?Während der Pandemie sei er aus Langeweile und Neugierde anonymen und ungeregelten Chats auf Telegram beigetreten, erzählt der Beschuldigte. Da sei er «in einen Teufelskreis» geraten. Zahlreiche andere Nutzer hätten das gleiche gemacht wie er. Der Beschuldigte teilte nicht nur Fotos, sondern auch persönliche Daten und die Telefonnummer des Opfers. «Es ging nicht bewusst darum, der Frau zu schaden.» Es sei vielmehr um «den Kick», um das Risiko gegangen. Der Beschuldigte vergleicht es mit Bungee-Jumping.

Kinderpornografie für Unbekannten aufbewahrt

Der Student bestreitet mehrfach ausdrücklich, selber sexuelle Präferenzen in Richtung Kinderpornografie zu haben. Er habe mit einem anderen Nutzer, von dem er bis heute die Identität nicht kenne, intensiv auf Englisch kommuniziert, meistens morgens um 2 Uhr oder 3 Uhr. Dieser Unbekannte habe ihm die Bilder geschickt und ihm aufgetragen, sie aufzubewahren. Er habe gewusst, dass es sich um Kinderpornografie handle, die Bilder selber aber nicht angeschaut. Einen Teil davon habe er auch wieder gelöscht.

Er habe dem Unbekannten auch seine Identität preisgegeben und Videos von sich selber geschickt, «wo ich Sachen mache, von denen man nicht will, dass sie an die Öffentlichkeit kommen». Der Unbekannte habe ihn dann unter psychischen Druck gesetzt und gefragt, ob seine Eltern davon wüssten. Er hätte die Bilder für den Unbekannten aufbewahren sollen, um sie ihm später wieder zu schicken. Er selber finde die kinderpornografischen Bilder absolut verwerflich.

Seine Eltern wüssten vom Strafverfahren. Die 20 000 Franken werde er vermutlich von ihnen ausleihen und dann zurückzahlen. Er wolle alles bezahlen. «Ich schäme mich sehr dafür, was ich gemacht habe», beteuert der Student. Er würde es rückgängig machen, wenn er könnte. Zu seinem Opfer habe er keinen Kontakt mehr, und er sei der jungen Frau bewusst aus dem Weg gegangen. Entschuldigt habe er sich nicht, weil er annehme, dass der Kontakt nicht mehr gewünscht sei.

Sehr wichtig sei ihm persönlich, dass er kein lebenslängliches Tätigkeitsverbot erhalte. Er habe zwar mit Kindern «nichts am Hut», wolle sich diese Möglichkeit aber nicht lebenslänglich nehmen lassen. Im Schlusswort sagt er, es tue ihm leid, dass er hier sitze.

Das Gericht heisst den Urteilsvorschlag schliesslich gut und erhebt ihn zum Urteil. Die Strafe sei zwar aus Sicht des Gerichts «am unteren Ende». Und ob es sich angesichts der Anzahl der kinderpornografischen Bilder noch um einen leichten Fall handle, könne man – laut dem Gerichtsvorsitzenden – leidenschaftlich diskutieren. Ein Verzicht auf das lebenslängliche Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen sei aber akzeptabel.

Urteil DH240006 vom 5. 9. 2024, abgekürztes Verfahren.

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