Samstag, November 30

Wenn Short-Seller ein Unternehmen ins Visier nehmen, kann das ein Warnsignal sein. The Market zeigt monatlich, wo Leerverkäufer an der deutschen Börse auf Kursverluste wetten.

Der Aufwärtstrend am deutschen Aktienmarkt setzt sich fort. Der Leitindex Dax erreicht fast täglich ein neues Hoch, das Durchbrechen der Marke von 19’000 Punkten scheint nur eine Frage der Zeit. Der breite HDax, der die Werte aller 110 Unternehmen aus den Indizes Dax, MDax und TecDax zusammenfasst verzeichnet seit Anfang Jahr ein Plus von gut 9%, womit das Barometer besser abschneidet als der europäische Vergleichsindex Stoxx 600 (+7%).

Die weiterhin gute Stimmung am Aktienmarkt bringt die Leerverkäufer zunehmend auf den Plan. Nachdem sie ihre Wetten gegen deutsche Aktien seit Mai 2023 kontinuierlich abgebaut hatten, ist das Short-Volumen an der deutschen Börse im Februar erstmals gestiegen. Im März haben sich die Wetten nun den zweiten Monat in Folge erhöht – auf ein Volumen von 22,3 Mrd. €.

Damit ist der Gesamtwert aller Short-Wetten am deutschen Aktienmarkt in den vergangenen zwei Monaten um mehr als ein Drittel gestiegen. Die Werte basieren auf Zahlen des US-Datenanbieters S3 Partners, die The Market vorliegen.

Den Short-Sellern scheint die Rally offenbar zunehmend suspekt. Leerverkäufer leihen sich Aktien, verkaufen sie am Markt und hoffen, sie später günstiger zurückkaufen zu können – um sie dann dem Eigentümer zurückzugeben. Geht die Wette auf, streichen sie die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufspreis als Gewinn ein. The Market beleuchtet regelmässig, gegen welche deutschen Aktien die grössten Short-Wetten laufen (die grössten Short-Positionen unter den Schweizer Aktien finden Sie hier).

Sartorius und Siemens Energy weiterhin an der Dax-Spitze

Im Dax hat sich in der ersten Reihe der am meisten leerverkauften Aktien wenig getan. Die Spitzenplätze belegen weiterhin die Vorzugsaktien von Sartorius (Short-Quote: +13,9%) sowie Siemens Energy (+7,8%), wobei sich die Short-Quote bei ersteren leicht erhöht, bei letzteren leicht verringert hat. Während die Sartorius-Aktie seit Anfang Jahr leichte Zugewinne verzeichnete, haben sich die Leerverkäufer mit den Titeln von Siemens Energy zuletzt ordentlich die Finger verbrannt. Das Plus seit Anfang Jahr: 43%.

Porsche

Stärker ausgebaut wurden die Wetten gegen die Porsche AG, wo sich der Leerverkaufsanteil von 4,4 auf 6,8% erhöht hat. Für den deutschen Sportwagenhersteller dürfte 2024 zu einem Übergangsjahr werden. Zwar bringen die Stuttgarter noch in diesem Jahr neue Versionen des Panamera und des E-Sportwagens Taycan sowie das lange erwartete vollelektrische SUV-Modell Macan auf den Markt. Bis sich der Modellwechsel voll durchschlägt, dürfte es jedoch gemäss Experten noch bis ins kommende Jahr dauern.

Porsche-Chef Oliver Blume, der gleichzeitig CEO des Mutterkonzerns Volkswagen ist, blickt denn auch vorsichtig auf das Jahr 2024, wie er Mitte März im Rahmen der Ergebnispräsentation mitteilte. Das Zielband für die operative Marge fiel mit 15 bis 17% tiefer aus als von Analysten erwartet. An dem mittelfristigen Ziel von 17 bis 19% sowie den langfristig anvisierten 20% wird jedoch weiter festgehalten.

Die Aktie, die im vergangenen Jahr aufgrund der sportlichen Bewertung deutlich einbüsste, befindet sich seit Anfang Jahr im Aufwärtstrend – daran änderten auch die vorsichtigen Worte von Blume vor einigen Wochen nichts. Während die Börse bereits ins nächste Jahr schaut, scheinen die Leerverkäufer die Möglichkeit kurzfristiger Schwächen höher zu gewichten.

BASF

Neu in den Top Ten der am meisten leerverkauften Dax-Aktien ist BASF. Die Short-Quote beim weltgrössten Chemiekonzern ist mit 2,1% zwar nicht exorbitant hoch, hat sich in den vergangenen vier Wochen jedoch mehr als verdoppelt. Nicht zuletzt durch mehrere Analystenaufstufungen befeuert, haben die Titel zuletzt den höchsten Stand der letzten zwölf Monate erreicht.

Als frühzyklisches Unternehmen – BASF stellt vor allem Vorprodukte für die Industrie her – steht der Chemieriese mit Sitz in Ludwigshafen bei einer möglichen konjunkturellen Belebung der Industrie in der allerersten Reihe. Zwar sehen die Analysten 2024 operativ noch als Übergangsjahr für BASF, doch mit Blick auf eine Besserung im Jahr 2025 lohnt es sich gemäss dem US-Brokerhauses Stifel, die Aktien schon jetzt auf dem Zettel zu haben.

Vor allem ein sich verbesserndes makroökonomisches Umfeld, positive Signale aus China sowie Fortschritte beim defizitären Produktionsstandort Ludwigshafen führen zu der Kaufempfehlung der Stifel-Analysten. Während auch The Market die Titel im Best Ideas Portfolio hält, kommen die Kursavancen für einige Short-Seller hingegen offenbar zu früh.

Nagarro

Auch am breiten Markt hat sich auf den Spitzenplätzen der am meisten leerverkauften Aktien wenig getan. Die Top Ten wird von Nagarro angeführt. Der IT-Dienstleister gehörte während der Coronapandemie zu den Überfliegern an der Börse, geriet jedoch Anfang 2023 wegen kritischer Berichte – unter anderem von der Wirtschaftswoche – über die Führungsstruktur und den Bilanzierungsmethoden ins Visier der Short-Seller. Zudem folgten mehrere Prognosesenkungen infolge steigender Kosten und eines rückläufigen Umsatzes.

Zwar scheint das Münchner Unternehmen seine Governance-Probleme in den Griff zu bekommen. Im Herbst wurde KPMG als Prüfer angestellt und die Bilanzstrukturen an die eines weltweit tätigen Konzerns angepasst, was der Aktie zwischenzeitlich Schub verleihen konnte. Doch der Marktausblick bleibt herausfordernd, was die Leerverkäufer am Ball bleiben lässt. Sie spekulieren auf eine weitere Eintrübung auf der Umsatz- und Gewinnseite.

Nordex

Ausgebaut wurden die Wetten gegen die Aktien von Nordex, die damit vom sechsten auf den dritten Platz vorgerückt sind. Der Windturbinenhersteller hat – wie seine Konkurrenten – schwierige Jahre hinter sich, die mit sinkendem Umsatz und schwindender Marge einhergingen. Die Branche arbeitet noch immer Altaufträge ab, die zu nicht kostendeckenden Preisen abgeschlossen wurden. Angesichts der Bekräftigung des Managements, mittelfristig eine Ebitda-Marge von 8% erreichen zu wollen, keimten Ende Februar Hoffnungen auf, dass die margenträchtigere Neuaufträge bald die Oberhand gewinnen könnten.

Den Aktien hat dies seitdem Auftrieb verliehen, seit Ende Februar beträgt das Kursplus rund 24%. Auch The Market sieht Windaktien in einer neuen Ausgangslage: Der Tiefpunkt scheint durchschritten, und die Zukunft spricht für steigende Margen und höhere Aktienkurse.

Thyssenkrupp Nucera

Auch das Thyssenkrupp-Spin-off Nucera ist verstärkt in den Fokus der Short-Seller geraten. Der Leerverkaufsanteil hat sich von 14,6 auf 17% erhöht. Die Wasserstofftochter wurde von Thyssenkrupp im Juli 2023 an die Börse gebracht und hat seitdem rund 40% an Marktwert verloren. Zwar ist das Unternehmen kaum mit negativen Nachrichten aufgefallen, doch Wasserstoffaktien haben seit längerem einen schweren Stand an der Börse. Andere Werte wie Plug Power oder Nel Asa haben in derselben Periode gar bis zu 70% verloren.

Die Aktie von Nucera wird aufgrund seiner soliden Bilanz und seinen Geschäftsaussichten von Analysten denn auch als Top Pick unter den Wasserstoffwerten gesehen. Das Unternehmen produziert Elektrolyseure, die für die Herstellung von Wasserstoff gebraucht werden. Wasserstoff ist ein wichtiger Teil der Energiewende, doch die Stimmung um Clean-Energy-Aktien ist weiterhin trübe. Solange sich der Sektor nicht aufhellt, dürften die Leerverkäufer am Ball bleiben – und der Aktienkurs unter Druck.

Deutsche Pfandbriefbank

Weiter im Fokus der Leerverkäufer ist zudem die Deutsche Pfandbriefbank, wo sich die Short-Quote um einen Prozentpunkt auf knapp 19% erhöht hat. Die Aktie befindet sich seit rund einem Jahr im Abwärtstrend, hat sich im März jedoch etwas gefangen. Dem Münchner Kreditinstitut fällt das umfangreiche Engagement im kriselnden US-Gewerbeimmobilienmarkt auf die Füsse. Der Markt sieht in den Aktien eine gute Short-Möglichkeit.

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