Freitag, September 27

Die Schluppenbluse wird der weiblichen Garderobe zugeschrieben. Weshalb eigentlich? Ein Blick ins Archiv erzählt eine andere Geschichte.

Männer im Rock sieht man immer wieder einmal, zumindest auf dem roten Teppich und auf den Laufstegen gibt es diverse Beispiele: von Brad Pitt über Robert Pattinson bis hin zu Billy Porter. Die Gründe dafür sind vielfältig: Manche drücken so ihre Persönlichkeit aus, ihre Freude an Mode. Andere wollen ihre selbst von Frauenkleidern unzerstörbare klassische Männlichkeit unter Beweis stellen. Wieder andere einfach Aufmerksamkeit erregen.

Der Musiker Lenny Kravitz trug beim Besuch der Paris Fashion Week ein anderes Teil, das eindeutig der weiblichen Garderobe entlehnt ist: die Schluppenbluse. Diese war bereits in den 1970ern und 1980ern sehr beliebt als Teil der weiblichen Bürokluft. Mittlerweile ist der Klassiker Liebling vieler Politikerinnen. Die ehemalige britische Premierministerin Liz Truss zeigte sich gerne in verschiedenen Exemplaren, und Kamala Harris wählte ein solches Stück für die erste TV-Debatte mit Donald Trump.

Dass das Stück aus Streifenstoff an Lenny Kravitz aber nicht besonders irritiert, liegt daran, dass unser Auge dank Gemälden, aber auch historisch inspirierten Filmen und Serien durchaus an Männer mit Schluppen, Rüschen und Bändern unterm Kinn gewöhnt ist. Piraten, Könige, Dandys: Beispiele gibt es genug.

Stoffe waren teuer, man zeigte, was man hat. Übrig davon blieb die streng gebundene Krawatte, zu besonderen Gelegenheiten die Fliege. Der Trend zu üppigen, barocken Kleidern auch für Männer, den der stilbildende Designer Alessandro Michele bis 2022 bei Gucci und jetzt bei Valentino zelebriert, ermöglicht nun zumindest modemutigen Männern auch verspieltere Versionen des Halsschmucks.

So weit, die Bändel zu einer Schleife zu binden, geht aber auch Lenny Kravitz dann doch nicht. Schleifen werden heutzutage weiblich gelesen – Geschenkverpackungs-Assoziationen sind augenscheinlich nach wie vor Frauen vorbehalten. Natürlich hilft auch der Name nicht, den das Kleidungsstück im englischen Sprachraum trägt: «Pussy bow blouse» wird es genannt, da früher Katzen mit grossen Schleifen dekoriert wurden.

Ebenso wie Mädchenköpfe am Sonntag und bis heute Unterhosen und BHs, Letztere mit sinnlosen Mini-Versionen. Männer tragen Schleifen im Alltag nur an den Schuhen oder am Trainerhosenbändel, rein funktional, nicht als Schmuck. Da die Codes aber nach und nach immer mehr gelockert werden, könnte sich das bald ändern.

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