Sonntag, September 29

Am Samstag haben sich gut tausend radikale Abtreibungsgegner in Oerlikon zum «Marsch fürs Läbe» eingefunden. Ein riesiges Polizeiaufgebot hielt Gegendemonstranten fern.

Trillerpfeifen hier, Trommelwirbel dort. In Oerlikon treffen auch diesen Samstag zwei laute Minderheiten aufeinander.

Für den Nachmittag riefen christliche Abtreibungsgegner zum «Marsch fürs Läbe» auf, was linksradikale Gegendemonstranten mobilisierte.

Die Stimmung auf dem Marktplatz in Oerlikon ist angespannt. Über der Stadt kreist ein Helikopter, die Kastenwagen und Polizisten in Schutzmontur sind mit einem Grossaufgebot angerückt. Die oberste Maxime der Einsatzkräfte: die Gruppierungen voneinander trennen.

Die Abtreibungsgegner stehen wie schon vergangenes Jahr hinter Schutzgittern, damit ein Zusammentreffen mit den Gegendemonstranten verhindert werden kann. Wer aufs Areal will, wird am Eingang vom Sicherheitspersonal genau beäugt oder weggewiesen.

Innerhalb der Umzäunung stehen ältere Menschen und kinderreiche Familien. Nicolas Rimoldi, der Chefprovokateur von der Bewegung Mass-voll, ist ebenfalls angereist. Neben ihm steht ein überdimensionaler Babywagen, der als eine Art Klettergerüst aufgebaut worden ist.

Linke Störaktionen

Linksextreme haben im Vorfeld auf verschiedenen Kanälen zur Gegendemonstration aufgerufen. So hiess es auf der einschlägigen Website Barrikade.info, dass man die «Fundis» mit «hässigen, lauten und knutschenden Aktionen» am Bahnhof begrüssen solle. Die Polizei kontrolliert entsprechend viele Personalien vor Ort.

Der Marktplatz ist von Polizisten derart gut abgeschirmt, dass die Gegner des Marsches kaum in die Nähe kommen. Auch ein Wasserwerfer weicht den ganzen Nachmittag nicht von der Seite der Demo. Einmal stürmen mehrere Frauen mit einem Plakat in Richtung Bühne. Schnell sind Ordner zur Stelle und beenden die Störaktion.

Als sich der Marsch durch Oerlikon in Gang setzt, wird er von einer Gruppe Gegendemonstranten auf Velos begleitet. Die rund 50 Leute, die versuchen, den Marsch aufzuhalten oder zumindest zu stören, decken die rund 1000 Marschierenden mit Pfiffen und Schmährufen ein.

Als die Gegendemonstranten die Strasse blockieren, gibt ihnen die Polizei eine Minute Zeit, den Weg freizuräumen. Der Wasserwerfer wird in Stellung gebracht, und rasch löst sich die Blockade auf – um an anderer Stelle erneut auf Tuchfühlung zu gehen. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel. Handgreiflich wird beim Marsch niemand, der Demonstrationszug ist derart gut von der Polizei abgeschirmt, dass die beiden Gruppen nie aufeinandertreffen.

Stattdessen zünden die Gegner in der Ferne laute Böller oder entfachen farbige Rauchtöpfe. Auch manch undefinierbare Flüssigkeit wird in Richtung des Marsches verspritzt. Die Gegner pfeifen mit Trillerpfeifen, der Marsch hält mit Trommeln dagegen, und die Leute skandieren: «We are: pro life!»

Nach rund einer Stunde kehrt der Marsch auf den Marktplatz in Oerlikon zurück. Die Bilanz der Polizei fällt positiv aus, der Marsch habe ohne nennenswerte Zwischenfälle durchgeführt werden können. Die Polizei hat rund 100 Personen kontrolliert und weggewiesen. 5 Personen seien für weitere Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht worden.

Sie dürfen marschieren, aber nur am Stadtrand

In früheren Jahren sind die Organisatoren des «Marsch fürs Läbe» bei der Stadt auf starken Widerstand gestossen. Gleich mehrfach verweigerte das Sicherheitsdepartement unter der grünen Stadträtin Karin Rykart den Veranstaltern die Bewilligung für einen Marsch durch die Innenstadt. Begründet wurde dies mit Sicherheitsbedenken, wobei die Gefahr aus Sicht der Behörden von den Gegendemonstranten drohte. Tatsächlich war es 2019 zu Ausschreitungen in der Stadt gekommen.

Die Verweigerungshaltung der Stadt hatte allerdings nicht Bestand. Statthalter und Gerichte pfiffen Rykart jeweils zurück und gewichteten die Meinungsfreiheit höher als die Bedenken der Stadt. Seit der «Marsch fürs Läbe» an den Stadtrand verlegt wurde, sind auch die Proteste etwas weniger vehement geworden. Dies war auch dieses Jahr zu beobachten.

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