Freitag, November 29

Ein ehemaliger Vermögensverwalter der Privatbank eröffnete mehrere Konten der kriminellen Organisation «Office», hinter der die Tochter des ehemaligen usbekischen Präsidenten steckte. Die Bundesanwaltschaft geht nun gegen die Bank und den Ex-Mitarbeiter vor.

In der internationalen Korruptionsaffäre um die Tochter des verstorbenen Präsidenten Usbekistans muss nun auch die Schweizer Hausbank von Gulnara Karimowa vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft (BA) hat wegen schwerer Geldwäscherei Anklage gegen die Genfer Privatbank Lombard Odier und einen ihrer früheren Vermögensverwalter erhoben.

Die beim Bundesstrafgericht in Bellinzona eingereichte Anklage ist ein Nebenverfahren in der Schmiergeld- und Geldwäschereiaffäre um die Tochter des 2016 verstorbenen usbekischen Präsidenten Islam Karimow. Die heute 52-jährige Gulnara Karimowa wird beschuldigt, in den nuller Jahren Gelder in Milliardenhöhe von internationalen Telekommunikationskonzernen für die Vergabe von Mobilfunklizenzen in ihrem Land erpresst und über Schweizer Banken gewaschen zu haben.

Die Bundesanwaltschaft sperrte im Sommer 2012 rund 800 Millionen Franken auf hiesigen Bankkonten, der Löwenanteil bei Lombard Odier in Genf. Karimowa war damals als Uno-Botschafterin ihres Landes in Genf akkreditiert. Sie galt als designierte Nachfolgerin ihres Vaters und wurde als «Prinzessin» bezeichnet, fiel aber 2014 bei der eigenen Familie in Ungnade und verbüsst zurzeit in Usbekistan eine langjährige Haftstrafe.

Bankkonten zur Verschleierung des kriminellen Geldflusses

Während die BA ehemalige Mitarbeitende der Usbekin mit Strafbefehlen verurteilte und auch Anklage gegen Karimowa selber erhob, geriet ihre Hausbank 2016 ins Visier der Ermittler. Der nun angeklagte Vermögensverwalter, der zwischen 2008 und 2012 in der Privatkundenabteilung von Lombard Odier tätig war, soll Karimowa und mehrere Mitglieder ihrer Organisation bereits vor seiner Anstellung bei der Privatbank gekannt haben. Und zwar als Mitglied des Investitionskomitees eines Fonds von Karimowa.

Bei Lombard Odier offerierte der Beschuldigte den Karimowa-Leuten seine Zusammenarbeit und verwaltete zwischen August 2008 und August 2012 neun Bankbeziehungen zum «Office» von Karimowa. Sie waren laut BA dazu bestimmt, Gelder aus Verbrechen dieser kriminellen Organisation entgegenzunehmen. Innerhalb der Bank habe er verschwiegen, dass für diese Konten falsche wirtschaftlich Berechtigte angegeben worden seien und dass Karimowa die einzige wirtschaftlich Berechtigte gewesen sei.

Dem Vermögensverwalter wirft die Bundesanwaltschaft weiter vor, eine Gesellschaft des «Office» als operativ tätig bezeichnet zu haben, obwohl er gewusst habe, dass diese Firma weder über eine Geschäftstätigkeit noch über Angestellte verfügt habe. Einziger Zweck dieser Gesellschaft sei es gewesen, der Weiterleitung von Geldern aus Straftaten einen legalen Deckmantel zu verleihen. Weitere Vorwürfe an den ehemaligen Banker von Lombard Odier betreffen verspätete oder falsch deklarierte Informationen an die Compliance und unterlassene Anzeigen an die Geldwäscherei-Meldestelle des Bundes. 2011 und 2012 soll er einem nicht autorisierten Mitglied des «Office» zudem Zugang zu einem Schliessfach, das zur Bankbeziehung gehörte, verschafft haben.

Geldwäscherei weder verhindert noch entdeckt

Die Bank muss sich gemäss BA vor Gericht verantworten, weil sie bei der Eröffnung und der Führung der inkriminierten Geschäftsbeziehungen die damals geltenden Standards bei der Geldwäschereibekämpfung und die eigenen Richtlinien nicht eingehalten hat. Die Bundesanwaltschaft zählt Versäumnisse bei der Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten sowie bei der Überprüfung von Beziehungen zu politisch exponierten Personen auf. Die Geldwäschereibekämpfung habe bei Lombard Odier zwischen 2008 und 2012 zahlreiche Mängel aufgewiesen, weshalb die wiederholten und anhaltenden Geldwäschereihandlungen weder verhindert noch entdeckt worden seien.

Lombard Odier bezeichnete die Anschuldigungen der Bundesanwaltschaft in einer Stellungnahme als unbegründet und wies sie entschieden zurück. Die Untersuchung der Bundesanwaltschaft habe 2012 nach einer proaktiven Verdachtsmeldung von Lombard Odier an die Geldwäscherei-Meldestelle des Bundes begonnen. «Das Verfahren dauert seither an, und die Bank hat stets vollumfänglich mit den zuständigen Behörden kooperiert», erklärte das Institut, das in der fraglichen Periode mit Patrick Odier auch den Präsidenten der Schweizerischen Bankiervereinigung stellte.

Juristische Nachwehen

Mehr als die Hälfte der in der Schweiz gesperrten Gelder wurde von der Bundesanwaltschaft im Zuge von Strafbefehlen gegen mutmassliche Komplizen von Karimowa inzwischen rechtskräftig eingezogen. Das Geld soll nach einem Beschluss des Bundesrats von 2018 an Usbekistan zurückerstattet werden. Im Fall von 131 Millionen Dollar wurde die Rückführung über einen Treuhandfonds der Uno inzwischen verfügt, mit dem Projekte zugunsten der usbekischen Bevölkerung finanziert werden sollen.

Ansprüche auf die hierzulande eingefrorenen Gelder haben auch Gläubiger einer 2010 in Konkurs gegangenen Zuger Briefkastenfirma erhoben, über die einst der Aussenhandel Usbekistans abgewickelt wurde. Weiter hat die amerikanische Justiz die Einfrierung der Karimowa-Konten bei Lombard Odier angeordnet. Die juristischen Nachwehen des Falls betreffen ausserdem mutmassliche Schmiergeldzahlungen des Winterthurer Textilmaschinenkonzerns Rieter in Usbekistan und eine Milliardenklage gegen den Wirtschaftsprüfer EY wegen möglicher Unterlassungen bei der Revision der konkursiten Zuger Firma Zeromax.

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