Donald Trump setzt einen Hedge-Fund-Manager und Milliardär an eine Schlüsselstelle seiner neuen Regierung. Bessent muss sowohl Trumps Basis als auch die Finanzmärkte zufriedenstellen – ein Hochseilakt.
Der Favorit macht doch das Rennen. Donald Trump ernennt seinen Wirtschaftsberater Scott Bessent zum Finanzminister, wie sein Team am Freitagabend bekanntgemacht hat. «Scott ist weitherum respektiert als einer der weltweit führenden internationalen Investoren und geopolitischen und ökonomischen Strategen», teilte Trump mit.
Bessent, der jahrzehntelang als Hedge-Fund-Manager gearbeitet hat, gilt als loyaler Vertrauter Trumps und hat dessen kontroverse Wirtschaftspolitik im Wahlkampf stets verteidigt, gegenüber den Medien und Kritikern aus dem Finanzsektor. Aufgrund seiner langen Erfahrung an der Wall Street gilt der Milliardär aber auch als Kandidat, der die Märkte beruhigen kann, da er in vielen Belangen eine orthodoxe, konservative Finanzpolitik anstreben dürfte.
Steuern senken und sparen
Sollte Bessent vom Senat als «treasury secretary» bestätigt werden, würde er eine Schlüsselrolle in Trumps Kabinett einnehmen und die Wirtschaftspolitik der republikanischen Regierung prägen. Seine Aufgabe wird anspruchsvoll: Als Finanzminister muss er viele der ambitionierten und teils widersprüchlichen Versprechen umsetzen, die der gewählte Präsident während des Wahlkampfs abgegeben hat.
Einerseits soll Bessent umfangreiche Steuersenkungen durchs Parlament manövrieren und Trump helfen, die amerikanische Wirtschaft in ein neues «goldenes Zeitalter» zu führen, wie es der gewählte Präsident in seinem Statement am Freitag ausgedrückt hat. Andererseits muss Bessent einen Beitrag dazu leisten, das Handelsbilanzdefizit der USA zu senken; ein wichtiges Anliegen von Trump.
Zwar werden Handelsminister Howard Lutnick und der noch zu bestimmende Handelsbeauftragte die Zollverhandlungen mit China und dem Rest der Welt führen, doch wird auch Bessent eine wichtige Rolle spielen. Dies nur schon deswegen, weil Trump mit Zöllen einen Teil der Einnahmeverluste ausgleichen will, welche die Steuerrabatte für Unternehmen und Privatpersonen mit sich bringen werden.
Viele Finanzexperten sind der Ansicht, dass sich diese Ziele widersprechen: Steuersenkungen werden das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft kurzfristig beschleunigen und den Dollar stärken, was allerdings das Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten vergrössern wird. Höhere Zölle wiederum hemmen das Wirtschaftswachstum und treiben die Teuerung an.
Vermittler zwischen «Maga» und Finanzmarkt
Bessent wird zudem alle Hände voll zu tun haben, zwischen Trumps treuesten Anhängern aus der «Make America Great Again»-Bewegung, die eine radikale Präsidentschaft erwarten, und der Wall Street zu vermitteln. Die Staatsverschuldung der USA ist hoch und wächst rasant. Trumps teure Wahlversprechen werden nicht dazu beitragen, das Defizit zu verringern.
Zwar sagen Analysten fast unisono, dass dem Land aufgrund seiner Wirtschaftsstärke auf absehbare Zeit keine Staatsschuldenkrise droht. Mittel- bis langfristig sei der Verschuldungspfad der USA aber nicht nachhaltig, sagte unter anderem auch Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank Fed.
Am Anleihenmarkt sind die Zinsen für langjährige amerikanische Staatsanleihen seit Trumps Wahlsieg bereits merklich angestiegen, was sich als Misstrauensvotum der Märkte interpretieren lässt. Eine unseriöse Haushaltspolitik würde die Rendite weiter nach oben drücken und den Schuldendienst der USA zusätzlich verteuern.
Bessent muss sicherstellen, dass dies nicht passiert. Dafür braucht er auch gute Beziehungen in Washington. Er dürfte eng involviert sein in die Umsetzung der Sparpläne, die der Tesla-Chef Elon Musk und der Pharma-Unternehmer Vivek Ramaswamy für die Trump-Regierung in den kommenden achtzehn Monaten aushecken werden. Bessent muss diese Pläne im Kongress mehrheitsfähig machen, auch wenn die Republikaner in beiden Kammern nur eine dünne Mehrheit halten. Harte Sparpläne sind indes bei Parlamentariern jeglicher Couleur unpopulär, weil ihre Wähler darunter leiden.
Geldpolitik im Fokus
Der Hedge-Fund-Manager wird darüber hinaus die angespannte Beziehung zur US-Notenbank Fed führen müssen. In seiner ersten Amtszeit lieferte sich Trump regelmässig Auseinandersetzungen mit dem Fed-Chef Powell, den er einst selbst in diese Position gebracht hatte. Der Grund: Powell pochte auf die Unabhängigkeit des Fed und weigerte sich, die Leitzinsen wie von Trump gewünscht zu senken.
Aus Trumps Umfeld waren im Wahlkampf nun Überlegungen zu vernehmen, wie man die Unabhängigkeit des Fed einschränken und dem Präsidenten ein Mitspracherecht in der Geldpolitik einräumen könne. Trump versuchte, die Bedenken zu zerstreuen, und hat betont, dass er den Fed-Chef Powell nicht vorzeitig entlassen werde.
Scott Bessent selbst hat aber die Idee an die Öffentlichkeit getragen, dass Trump schon bald einen «Schattenchef» nominieren könnte, der den Chefposten im Mai 2026 übernehmen würde, wenn Powells Amtszeit ausläuft. Ziel der Massnahme wäre es, Powell frühzeitig zu einer «lahmen Ente» zu machen und seine Autorität zu untergraben.
Da das Fed den Leitzins 2025 voraussichtlich weiter senken wird, was die Wirtschaft ankurbelt, dürfte kurzfristig wenig Konfliktpotenzial zwischen Powell, Bessent und Trump bestehen. Der Lackmustest könnte 2026 folgen, wenn Powells Nachfolge das Amt antritt. Die Mehrheit der Ökonomen geht davon aus, dass Trumps Wirtschaftspolitik in mittlerer Frist inflationsfördernd wirkt, was wiederum das Fed veranlassen könnte, die Zinsen zu erhöhen.
Erfolgreicher Investor
Scott Bessent galt seit längerer Zeit als Kronfavorit für das Finanzministerium. Trump liess sich jedoch Zeit mit der Nominierung und führte in den vergangenen Tagen noch weitere Gespräche mit anderen Kandidaten, unter ihnen Marc Rowan, Chef der Private-Equity-Firma Apollo, und Kevin Warsh, der frühere Gouverneur der US-Notenbank Fed.
Manche Beobachter meinten, dass Bessents Lebenslauf ein Problem darstellen könne: Der 62-Jährige hat lange Jahre für George Soros gearbeitet, den Finanzinvestor und Milliardär, der sich aufs Alter hin zum Philanthropen und überzeugten Gegner der neuen Rechten entwickelt hat. Das machte Soros für viele Trump-Anhänger zum roten Tuch. Bessent selbst war für den mittlerweile 94-Jährigen indes nicht politisch tätig. Seit 2015 führt er seine eigene Investmentfirma, Key Square Capital Management.
Der Tech-Milliardär Elon Musk, der seinerseits einer der wichtigsten Berater von Donald Trump geworden ist, hat sich vor Wochenfrist noch öffentlich für Howard Lutnick als Finanzminister eingesetzt und Bessent auf seiner Nachrichtenplattform X dabei als «Business as usual»-Kandidaten betitelt. «Weiter wie bisher» führe Amerika aber in den Bankrott, so Musk.
Trump vertraut Bessent, der erst im vergangenen Jahr eine derart zentrale Rolle in seinem Team eingenommen hat, aber offenbar so sehr, dass er ihm die Umsetzung seiner Wirtschaftspläne überantwortet. Trump bleibt sich dabei durchaus treu. Er ist ein «money man» und schätzt seinerseits Unternehmer und Manager, die am Finanzmarkt erfolgreich waren.
Bessent hat in seinen Jahren bei Soros mehrfach ein hervorragendes Gespür für die makroökonomische Lage bewiesen. 2013 antizipierte er eine Schwäche des japanischen Yen frühzeitig und verdiente Milliarden mit seinem Einsatz.
Die kommende Aufgabe als «treasury secretary» wird indes ein Hochseilakt der anderen Art: Er muss Trump und seine Basis zufriedenstellen, ohne das Vertrauen der Parlamentarier und des Finanzmarkts zu verlieren. Scott Bessent ist weit aufgestiegen an der Seite von Donald Trump, doch die Absturzgefahr ist entsprechend gross.