Zwei junge Betrüger und Geldwäscher aus den Niederlanden, die mit einer fiesen, über SMS lancierten Masche 364 000 Franken erbeuteten, werden je für sieben Jahre des Landes verwiesen.
In der SMS, welche die nichtsahnenden Opfer erhielten, stand immer derselbe Text auf Schweizerdeutsch: «Hallo Mami/Papi. Ich habe eine neue Telefonnummer. Kontaktiere mich bitte dringend auf Whatsapp.» Die Opfer wurden damit in den Glauben versetzt, ihre Tochter oder ihr Sohn schreibe unter einer neuen Nummer.
Im Whatsapp-Chat wurde dann eine Notlage vorgetäuscht. Die Geschädigten wurden aufgefordert, dringend eine Überweisung von mehreren tausend Franken auf ein Schweizer Bankkonto auszuführen. Es wurde versprochen, die Summe innert weniger Tage zurückzuzahlen. Verlangt wurden Beträge zwischen 4000 und 25 000 Franken.
Wenn die Eltern nachfragten, hiess es, aufgrund des Telefonnummerwechsels sei der für die Erfassung einer dringenden Überweisung erforderliche Zugriff auf das eigene Online-Banking noch nicht möglich.
Falls eine Geldtransaktion erfolgte, kam die Aufforderung zu einer weiteren Überweisung, zum Teil auch zu mehreren Transaktionen derselben Opfer, bis die Geschädigten darauf nicht mehr eingingen. Tausende SMS wurden so verschickt, bei 47 kam es zu konkreten Konversationen, aus denen 28 vollendete Delikte mit einer Gesamtbeute von 346 139 Franken 50 Rappen resultierten.
Zahlreiche Helfershelfer in der Schweiz
Das Fiese an der Masche: Um möglichst authentisch mit den Geschädigten zu kommunizieren, erfolgte die Interaktion auf Schweizerdeutsch. Die beiden Haupttäter sind zwar Niederländer und der deutschen Sprache nicht mächtig, sie liessen die Texte aber durch Software-Programme, durch Bekannte aus der Schweiz oder durch bezahlte Service-Dienstleistungen auf Telegram übersetzen. Die Täter verwendeten Übersetzungen oder Fragmente davon mehrfach.
Die beiden Männer im Alter von 21 und 23 Jahren, die nun als Beschuldigte wegen gewerbsmässigen Betrugs und Geldwäscherei vor Zürcher Bezirksrichtern sitzen, vermitteln rein äusserlich überhaupt nicht den Eindruck von ausgebufften Berufskriminellen, sondern wirken sogar noch jünger, als sie eigentlich sind, ausgesprochen bubenhaft.
Wie aus den Anklagen hervorgeht, müssen sie aber über ziemlich gute Kenntnisse im Digitalbereich verfügen und eine aufwendige Organisation mit zahlreichen Helfern und Helfershelfern hochgezogen haben: Der 23-Jährige begann im Mai 2023 zu delinquieren, im Juli 2023 kam sein Komplize hinzu.
Zwischen Juli und September 2023 reisten sie insgesamt viermal für jeweils drei bis fünf Tage mit einem Auto von den Niederlanden in den Grossraum Zürich. Einerseits «um das hiesige Nachtleben ausschweifend zu geniessen», andererseits um ihr Partyleben mit den Betrugshandlungen zu finanzieren. Sie hielten sich jeweils mehrere Nächte in Hotels der oberen Preisklasse auf.
In der Schweiz warben die Täter via die App Snapchat und durch Bekanntschaften im Nachtleben junge Leute an, die für sie Schweizer SIM-Karten registrierten. Meist zahlten die Beschuldigten 300 Euro für fünf SIM-Karten. Denn die Täter benötigten für die Glaubwürdigkeit ihrer Masche Schweizer Telefonnummern mit einer für das Vorhaben tauglichen SMS-Flatrate sowie Konten von Schweizer Bankinstituten.
Zur Verschleierung der eigenen Täterschaft mussten diese Telefonnummern und Bankkonten auf Drittpersonen registriert sein. Helfer stellten ihnen auch Bankkonten zur Verfügung, hoben eingegangene Summen ab und übergaben sie ihnen bar. Diese Helfer wurden zum Teil mit bis zur Hälfte der überwiesenen Summen für ihre Dienste entschädigt.
Die Beschuldigten animierten auch angeworbene Personen dazu, im eigenen Umfeld weitere SIM-Karten-Registrationen und Bankkonten zu sammeln. Teilweise verwendeten die Täter auch im Internet angebotene Dienste professioneller Geldwäscher für Bankverbindungen.
Mit dem Computerprogramm Crownsoft Whatsapp Filters selektierten die Beschuldigten dann Telefonnummern potenzieller Opfer nach Alter, Mobiltelefonnummer und aktivem Whatsapp-Konto. Die so generierte Datei importierten sie auf ein Mobiltelefon, in dem eine Schweizer SIM-Karte eingelegt war, die über die Applikation Fast Bulk SMS Pro jeweils innert kürzester Zeit mehrere tausend SMS in Schweizerdeutsch versendete.
Ausbildung als Sicherheitsfachmann
Beide Beschuldigten versichern im Gerichtssaal, dass von ihrer Beute kein Geld mehr vorhanden sei. «Alles ist aufgebraucht», übersetzt die Dolmetscherin. Sie hätten das Geld für das Nachtleben, Automieten und persönliche Bedürfnisse ausgegeben. Der 23-Jährige sagt, er habe auch seine sieben Geschwister finanziell unterstützt. Die Frage, welchen Anteil der Beute sie selber behielten und wie viel letztlich an ihre Helfer ging, können sie nicht beantworten.
Beide beteuern aber ihre grosse Reue und sind vollumfänglich geständig. Bei ihrem vierten Trip in die Schweiz im September 2023 wurden sie in flagranti verhaftet und sassen bis April 2024 in Untersuchungshaft und vorzeitigem Strafvollzug. Sie haben sich mit der Staatsanwältin auf einen Deal, ein abgekürztes Verfahren, geeinigt und sind damit einverstanden, wegen gewerbsmässigen Betrugs und Geldwäscherei verurteilt zu werden.
Der 23-Jährige wird mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 35 Monaten, der 21-Jährige von 29 Monaten bestraft. Je 6 Monate davon sind vollziehbar, die sie jedoch bereits abgesessen haben. Zudem sind beide mit einem Landesverweis von 7 Jahren einverstanden. Zivilforderungen der Opfer haben sie anerkannt.
Das Gericht heisst den Vorschlag gut und erhebt ihn zum Urteil. Das Vorgehen der Täter sei «ziemlich professionell, fies und dreist» gewesen. Die Beschuldigten hätten vor Gericht aber einen überraschend guten Eindruck gemacht, hält der Gerichtsvorsitzende fest.
Zum Prozess sind die beiden Beschuldigten, die beide Vorstrafen im Jugendstrafrecht in den Niederlanden aufweisen, aus ihrem Heimatland angereist. Zu ihren Zukunftsplänen befragt, erklärt der 21-Jährige, er wolle eine eigene Marketingfirma aufbauen. Der 23-Jährige absolviert derzeit eine Ausbildung zum Sicherheitsfachmann. Die naheliegende Frage, wie sich ein gewerbsmässiger Betrüger und Geldwäscher mit einer solch gewichtigen Vorstrafe eine professionelle Zukunft im Sicherheitsbereich vorstelle, wird ihm aber nicht gestellt.
Urteile DH240043 und DH240044 vom 23. 7. 2024, abgekürzte Verfahren.