McLaren hat die Baureihe Artura überarbeitet. Die Version Spider bietet zahlreiche technische Weiterentwicklungen und ist womöglich das letzte Leichtgewicht des britischen Herstellers.
Der McLaren Artura Spider ist geradezu eine fürstliche Kutsche. Im Vorfeld des Formel-1-Rennens in Monaco am 26. Mai drehte Fürst Albert II. mit seinem Sohn, Erbprinz Jacques, eine Ehrenrunde auf dem Stadtkurs. Und weil das Wetter mitspielte, war er dabei mit offenem Dach unterwegs. Das Carbon-Glas-Dach war unter dem Heckdeckel verstaut.
McLaren nennt das in elf Sekunden und bis Tempo 50 km/h fahrend versenkbare Dach Retractable Hard Top, kurz RHT. Es wiegt zusammen mit den acht Elektromotoren, die es betätigen, 62 Kilogramm mehr und stellt damit den einzigen Gewichtsunterschied zum vor rund zwei Jahren lancierten Coupé (1573 kg) dar.
Dank der Verbundkonstruktion mit Carbon-Monocoque und zwei Aluminiumrahmen ist die Spider-Karosserie genauso steif wie jene des Coupés. Vorne bildet Alu die Aufprallstruktur, hinten das Gerüst für die Hybridantriebsgruppe.
Mit dem Artura Spider gibt es nun ein weiteres Hochleistungsmodell aus dem McLaren-Werk im südenglischen Woking. Als Spider und mit dem neuen Hybridantrieb lädt der Artura zwar auch zum entspannten Cruisen ein, doch die passendste Umgebung sind verkehrsarme Überlandstrassen. Auf ihnen kann er seine Nähe zu Rennsportfahrzeugen unter Beweis stellen.
Hybridantrieb für mehr Leistung bei weniger Verbrauch
Ähnlich wie im Motorsport bietet McLaren beim Artura einen ausgeklügelten Hybridantriebsstrang. Dieser dient – wie in derartigen Sportwagen üblich – in erster Linie als Tuning-Massnahme, mit der ohne Mehrverbrauch zusätzliche Leistung generiert werden kann.
Mit den Antriebs- und Fahrleistungen liegt der neue Spider zwischen den aktuellen Schwestermodellen GTS und 750 S, die beide mit 4-Liter-Biturbo-V8, nicht aber mit zusätzlichem Elektromotor ausgestattet sind. Aus dem neuen 3-Liter-V6-Biturbo und der ins 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe integrierten E-Maschine ergibt sich eine maximale Systemleistung von 515 kW (700 PS). Das Höchstdrehmoment von 720 Nm steht schon bei nur 2250 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung.
Dies ist auf der Strasse angenehm, denn viel Kraftreserve ist in jeder Fahrsituation sofort verfügbar. Elastizität und spontanes Ansprechen verdankt der Artura-Antrieb auch dem zwischen V6 und Getriebe integrierten Elektromotor. Bei ihm verläuft der elektromagnetische Fluss anders als im konventionellen E-Motor parallel zur Drehachse des Motors. Man spricht von Axialfluss-Maschine. Neben der grösseren Leistungs- und Drehmomentdichte bringt dieses Konzept dank der besonders schmalen Bauform auch beträchtliche Bauraum- und Gewichtsvorteile.
Gegenüber dem Artura Coupé liess McLaren die Antriebsleistung der 2025er-Modelle um 20 PS anwachsen. Gleichzeitig flossen weitere technische Optimierungen ins Fahrzeug ein – etwa die überarbeitete Getriebekalibrierung für noch schnellere Schaltvorgänge, das optimierte Ansprechverhalten der adaptiven Dämpfer und die höhere Leistung der Carbon-Keramik-Bremsanlage.
Mit der neu gestalteten Auspuffanlage sorgten die Sound-Ingenieure ausserdem für einen noch eindrücklicheren Motorenklang, der bei versenktem Dach oder auch nur heruntergelassenem Heckfenster besonders deutlich vernehmbar ist.
Annähernd lautlos ist der Artura Spider dagegen im EV-Modus durch Dörfer oder die Stadt zu bewegen. Höchstens rund 33 Kilometer E-Reichweite gestattet die kleine 7,4-kWh-Batterie, die sich an der Wallbox in zweieinhalb Stunden aufladen lässt. Strom für weitere Kilometer erzeugt der V6-Motor zudem während der Fahrt.
Nichts für absolute Fahranfänger
An zwei Wippschaltern auf dem Kombiinstrument, die mit den Fingern erreichbar sind, ohne dass die Hände vom Lenkrad genommen werden müssen, erfolgt die Moduswahl – links für den Antrieb, rechts für das Handling. Neben den Stufen Comfort, Sport und Track kann beim Antrieb auch EV angewählt werden, während bei der Fahrdynamikwahl auch das vollständige Off zur Verfügung steht. Schnell findet man so die Einstellungen passend zur gewünschten Gangart und zu den Strassenverhältnissen.
Mit dem Leistungsgewicht von nur gerade 2,2 Kilogramm pro PS stehen hervorragende Fahrleistungen zur Verfügung, und es sind nur noch ausreichend Erfahrung und die richtige Risikobewertung notwendig, um den schnellen Spider stets sicher auf der Strasse zu bewegen.
Alle Voraussetzungen dazu sind gegeben: Der serienmässige Klubsportsitz kann im Neigewinkel verstellt werden, und eine anpassbare Lendenwirbelstütze optimiert den Komfort. Wahlweise sind beheizbare Komfortsitze mit Memory-Funktion lieferbar. Ebenfalls erfreulich ist die Tatsache, dass das Lenkrad frei von Bedienelementen ist, also nicht mit Knöpfen und Tasten überladen. Das kompakte Kombiinstrument bewegt sich mit der Lenksäule, wenn diese in Länge oder Neigung verstellt wird.
Mit dem Leergewicht von 1635 Kilogramm zählt der Artura Spider trotz Hybridantrieb und Batterie zu den leichtesten offenen Supersportwagen. McLaren folgt also auch mit dem neuen Cabrio seiner Leichtbauphilosophie. Doch diese Philosophie gilt womöglich nicht mehr allzu lange. Denn der Trend geht in Richtung schwere SUV und Batterieautos.
Spruchreif ist bei McLaren derzeit zwar noch nichts – andere Sportwagenhersteller haben jedoch gezeigt, dass ursprünglich ausgesprochene Tabus wie Geländewagen und E-Auto aus wirtschaftlichen Gründen oft keinen Bestand haben.
Immerhin geht es auch bei McLaren, das seit März dieses Jahres zu 100 Prozent im Besitz der Investorengruppe Mumtalakat aus Bahrain ist, um existenzielle Entscheidungen. Und da kommen sowohl der Allradantrieb als auch der vollelektrische Antriebsstrang aufs Tapet – und ein SUV dürfte ebenfalls folgen, auch wenn man es dann lieber als SPV bezeichnet – als Shared Performance Vehicle, also eines, in dem mehr als zwei Personen mitfahren können. So oder so: Es droht der Abschied vom leichtgewichtigen Auto.