Freitag, September 27

Seit er ein viel zu cooler New Yorker Teenager mit Virgil Abloh als Mentor war, gilt Luka Sabbat, Model, Designer und Schauspieler, 26, als Stilvorbild schlechthin.

Luka Sabbat, Sie wurden schon als «professional cool kid», als professionell cooler Typ, bezeichnet. Ist das eine faire Einschätzung?

Nein. Wenn etwas professionell ist, dann ist es nicht cool.

Wie beschreiben Sie sich gegenüber Menschen, die Sie nicht kennen?

Ich sage ihnen immer, ich sei ein Typ, der gerne Sachen macht: in Serien oder in Filmen mitspielen etwa, oder Kleidung und Möbel herstellen. Teil von etwas zu sein, das mag ich.

War das schon immer so?

Ja. Als Kind zeichnete ich. Später besuchte ich eine Highschool mit Fokus auf Schauspielerei. So lange ich mich erinnern kann, mochte ich es, Dinge zu erschaffen.

Das Erschaffen ist das eine. Finden Sie es schwierig, Pläne dann auch umzusetzen?

Sich Konzepte auszudenken, ist einfach. Aber sie zu realisieren, den Leuten verständlich zu machen, das stresst mich.

Ein Outfit zusammenzustellen, gehört das dazu?

Manchmal, wenn ich an einen Event gehe oder in den Ausgang. Aber ich ziehe mich ja schon mein ganzes Leben lang an.

Ich auch.

Nein, wirklich? (lacht) Ich habe mittlerweile so etwas wie eine Uniform. Meinen Kleiderschrank habe ich bis zur Perfektion kuratiert. So, dass ich darin alles mit allem kombinieren kann und fire aussehe. Man kann vieles über mich sagen, aber das ist wahr! Ich liebe Kleidung schon mein ganzes Leben. Es ist fast unmöglich für mich, ein schlechtes Outfit zusammenzustellen.

Woraus besteht ihre Uniform?

Vintage-T-Shirt, Hosen aus Leder, Stiefel, Jacke. Mehr oder weniger.

Wie müssen Lederhosen Ihrer Meinung nach geschnitten sein?

Flare- oder Boot-Cut, also mit Schlag. Das ist ein Must.

Warum?

Es ist die bessere Silhouette, sexy. Und man hat Platz für Stiefel.

Erinnern Sie sich an das erste Mal, als Ihnen ein Outfit wirklich wichtig war?

O ja. Der erste Tag an der Highschool.

Was haben Sie damals getragen?

Einen puderblauen Hoodie von Supreme mit Kate Moss drauf, ein Paar Skinny Jeans, einen Hut von Supreme und «Air Jordans 1s». Fortan war es mir jedes Jahr wichtig: Ein anderes Mal trug ich ein grafisches T-Shirt von Riccardo Tisci mit Hosen von Phillip Lim und einem Paar «Arenas» von Balenciaga. Am ersten Tag an der Highschool muss man fresh sein. Obwohl meine Idee von fresh sich sehr unterschied von der, die alle anderen hatten.

Wie reagierten die Mitschüler auf Sie?

Sie fanden mich nicht unbedingt cool. Sie trugen Hollister, Baggy Jeans von True Religion und Duck-Boots von Polo. Ich war europäisch beeinflusst, sie mehr von New York.

Heute schauen viele junge Männer modemässig zu Ihnen auf. Welchen Rat würden Sie denen geben, die mit ihrem Stil hadern?

Jeder sagt das, aber: Selbstbewusstsein ist das Wichtigste. Man darf sich nicht von der Kleidung tragen lassen. Wenn man denkt, dass man fly ist, dann ist man das wahrscheinlich auch.

Gibt es ein bestimmtes Kleidungsstück, mit dem Sie jeden Morgen anfangen, ein Outfit zu bauen?

Wenn ich gerade etwas Neues gekauft habe, dann ist das mein shit. Dann gehe ich für alle meine Outfits davon aus, bis es sich in meine Garderobe integriert. Im Moment sind es zwei «Birkin Bags». Eine hat eine Farbe wie Erdnussbutter, eine wie Traubenkonfitüre. Wie ein «Peanut butter and jelly»-Sandwich! Ich mag Spass; die Mode ist manchmal so ernst. Aber jetzt habe ich schon wieder zurück zu meiner braunen «Birkin» gewechselt.

Sind Sie es nicht manchmal leid, so viele Dinge zu besitzen?

Das ist eine sehr seltsame Frage. Sind Sie es je leid, viele Dinge zu besitzen?

Nein.

Aber eigentlich lustig, dass Sie das fragen. Ich bin es manchmal schon leid. Ich weiss gar nicht mehr, wo alles ist, weil ich vieles in Hotels und in Lagern in verschiedenen Ländern, in verschiedenen Städten gelassen habe. Ich verbringe viel zu viel Zeit damit, herauszufinden, wo all meine Sachen sind. Das nervt.

Minimalismus hat Sie nie interessiert?

Nein. Das ist langweilig. «Ich bin ein Minimalist. Schaut mich an. Ich mag nur sehr wenige Dinge und habe zwei Möbelstücke in meinem Loft.» Ja, okay, Bro.

Misten Sie je aus?

Nein. Manchmal werde ich Dinge aus Versehen los. Sprich: Ich verliere sie. Aber alles ist mit einer Erinnerung verbunden.

Was ganz besonders?

Ein Feuerzeug von Chrome Hearts. (Sabbat hält es in die Kamera, es ist aus Silber und mit dem Zungenlogo der Rolling Stones dekoriert.) Sie sind sehr rar und ich habe schon etwa fünf solche verloren. «Dude, du kannst die nicht ständig verlieren», haben sie mir gesagt und haben mir eine Version an einer Kette gemacht. Sie hängt buchstäblich an mir.

Das erinnert mich an viktorianische Chatelaines, diese Ketten, an denen Frauen alles Mögliche befestigten.

Oh, ja. Ich tue das auch. Meine Schlüssel und so.

Mit welchem aktuellen Modetrend können Sie gar nichts anfangen?

Ich finde, der ganze Y2K-Scheiss war lahm, weil: Das war noch gar nicht so lange her. Es ist 2024. Das ist nicht einmal zwanzig Jahre her! Von den siebziger, achtziger, neunziger Jahren inspiriert zu sein oder von der Zukunft, das finde ich cool. Aber du bist inspiriert von 2006? Das war gestern. Keine Ahnung, warum das je trendy wurde.

Wo shoppen Sie am liebsten?

Am liebsten kaufe ich in Japan ein. Die Auswahl ist einfach so gross. Wenn man sich für etwas interessiert, gibt es dort garantiert jemanden, der sich noch mehr dafür interessiert und der es auch verkauft. Aber eigentlich bin ich ständig am Shoppen. Meine Augen sind offen. Ich bin nie dagegen, etwas zu kaufen.

Zu wem schauen Sie auf, wenn es um Stil geht?

Den Kostümdesignerinnen und -designern meiner liebsten Filme. «Ichi the Killer», «Cruising» und «No Country for Old Men» etwa.

Und Ihre Eltern? Sie arbeiten beide auch in der Modewelt.

Klar, ja, aber das ist zu einfach. Sie haben mich mein ganzes Leben eingekleidet, bevor ich das selber konnte. Das zählt nicht.

Sie selbst arbeiteten lange mit dem 2021 verstorbenen Designer Virgil Abloh zusammen.

Er war mein «OG», mein Mentor. Ich lernte ihn als Teenager kennen, als ich bei einer Firma namens VFiles arbeitete. Aber es ist rückblickend schwierig, zu sagen, was Arbeit und was Spass war bei uns. Wir hingen einfach ab, ob im Büro von Louis Vuitton oder bei Off-White. Und dann war es zufälligerweise auch Arbeit.

Was haben Sie von ihm gelernt, was Sie heute noch brauchen? Vor allem jetzt, da Sie zusammen mit dem Designer James Pierce ihr eigenes Modelabel namens Marking Distance haben.

Dass es das Wichtigste ist, Ideen in die Welt zu setzen. Ob sie nun ausgereift sind oder nicht. Virgil liess so viele Informationen für alle da. Man konnte den Fortschritt in seiner Arbeit immer sehen: In einer Kollektion gab es ein T-Shirt und dann vier Saisons später dasselbe, aber besser. Deswegen versuche ich, Ideen unmittelbarer zu veröffentlichen. Vorher sagte ich ja, das sei das Schwierigste. Dabei sollte es das Einfachste sein.

Ist Instagram immer noch die beste Plattform dafür?

Eindeutig.

Trotz Tiktok?

Ja. Für die nächste Generation wird es Tiktok sein. Aber ich sehe dort nichts, was auch nur im Entferntesten inspirierend wäre.

Warum nicht?

Manche Mode-Influencer auf Tiktok, wie Wisdom [Kaye], finde ich cool. Er steckt viel Arbeit in seine Videos, das sieht man. Aber abgesehen davon gibt es einfach viele Fehlinformationen auf der Plattform.

Wie meinen Sie das?

Einer macht zum Beispiel ein Video über Michèle Lamy. Darauf fragen sich manche, warum alle Promis mit dieser Frau abhängen, und plötzlich starten sie Verschwörungstheorien darüber. Dabei ist sie die Frau von Rick [Owens] und die liebste Person der Welt und wahrscheinlich eine der intelligentesten Kreativen. Alle hängen mit ihr ab, weil sie phantastisch ist und die Welt bereist. Sie ist nicht irgendein dunkles Wesen. Tiktok hat die Mode sehr Klatsch-lastig gemacht, anstatt dass es um Kleidung ginge.

Welche Designer finden Sie gerade spannend?

Luka Sabbat. Marking Distance. James Pierce. (lacht) Und sonst: Mowalola. Ich finde ihre Silhouetten interessant, ihre Mode macht Spass, ist jung und schwarz, ich fühle mich sehr gut repräsentiert. Zudem hat ihre Kleidung faire Preise, und ich mag ihre Attitüde. Ein bisschen Nacktheit auf dem Laufsteg stört mich nicht. Im Gegenteil: Die Abwesenheit von Kleidung kann das sein, was Kleidung cool macht.

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