Zurzeit haben Entenflöhe Hochsaison im Zürichsee. SP-Politiker wollen deshalb prüfen lassen, Waschgelegenheiten rund ums Seebecken zu installieren. Die FDP vermutet die «übliche SP-Manier».
An diesen heissen Tagen ist das Seeufer rund ums Zürichhorn rappelvoll. Die Menschen picknicken auf der Wiese, viele wagen den Sprung in den See. Sobald sie wieder rauskommen, trocknen sie sich ab und gehen zurück an den Arbeitsplatz oder in die nächste Gartenbeiz. Was sie nicht wissen: Sie tragen vielleicht noch blinde Passagiere mit sich, Entenflöhe.
Entenflöhe sind eigentlich keine Flöhe. Es sind Larven von Saugwürmern. Wenn der See über 20 Grad warm ist, suchen sie sich einen Wasservogel als Wirt. Falls aber zufällig ein Mensch vorbeischwimmen sollte, befallen sie auch ihn. Zum Unglück von beiden: Die Entenflöhe sterben, weil sie sich nicht durch die dicke Menschenhaut bohren können, und der Mensch erhält einen Hautausschlag mit starkem Juckreiz.
Der Zürcher Kantonschemiker Martin Brunner sagt, dass es zwei Wege gebe, um die unangenehmen Genossen loszuwerden. Erstens kann man sich gründlich abfrottieren und die Kleider wechseln, oder zweitens kann man gründlich duschen. Nur: Am Zürichhorn gibt es keine Waschgelegenheiten, Gleiches gilt fürs Seeufer bei der Rentenanstalt oder auf der Landiwiese. Genau das will die SP nun ändern.
Severin Meier von der SP: «Man kann die Dusche nicht von zu Hause mitbringen»
Severin Meier ist Gemeindeparlamentarier in der Stadt Zürich. Zusammen mit zwei Fraktionskollegen fordert er den Stadtrat auf, das Vorhaben zu prüfen, ausserhalb von Badeanstalten am Zürichsee kostenlose öffentliche Duschen zu installieren. Er hat dafür als Erstunterzeichner Mitte Juli einen Vorstoss eingereicht.
Dabei hatte der Gemeinderat Anfang Juni ein ähnliches Anliegen für kostenlose Sonnencrème abgelehnt. Auch das war ein Wunsch von links gewesen. Doch Meier ist nicht entmutigt. Er ist überzeugt, eine Mehrheit im Parlament zu finden. Er sagt: «Die Sonnencrème kann man auch von zu Hause mitbringen, eine Dusche nicht.»
Meier selbst geht oft im See schwimmen – auch ausserhalb der Badis. Er stellt dabei jeweils fest, dass die Menschen nach dem Seebad duschen möchten. Insbesondere an heissen Tagen, wenn die Wasserqualität abnimmt. Meier sagt, mit der minimalen Infrastruktur am Seeufer könnte man auch die teilweise überfüllten Badis entlasten.
Wie viele Duschen notwendig wären, kann er nicht abschätzen. Auch nicht, was die Installation und der Betrieb die Stadt kosten würden. Das müsse der Stadtrat abklären, sagt Meier. Er geht davon aus, dass nicht allzu viele Brausen nötig wären und der Bau technisch umsetzbar wäre.
Përparim Avdili von der FDP: «Was kommt als Nächstes? Gratis-Liegestühle?»
Kritisch gegenüber der Idee seines Ratskollegen zeigt sich Përparim Avdili, der Präsident der städtischen FDP. Er vermutet die «übliche SP-Manier» hinter der Forderung. Vordergründig sage man, es gehe um Hygiene und Gesundheit, hintergründig geht es um Umverteilung. Der Staat soll möglichst viele Leistungen erbringen.
«Doch die Bevölkerung will das nicht», sagt Avdili. Er verweist darauf, dass das Stimmvolk 2020 eine Initiative abgelehnt hatte, die vorsah, alle Badis in Zürich kostenlos zu machen. In dem Duschen-Vorstoss sieht Avdili den Versuch, das Ziel der Gratis-Badis auf neuem Weg zu erreichen. Er fragt sich: «Was kommt als Nächstes? Gratis-Liegestühle?»
Wer nach dem Baden duschen möchte, solle in eine Badi gehen, findet der FDP-Politiker. Dafür gebe es diese Einrichtungen. Wer sich den Eintritt sparen möchte, solle aufs Duschen verzichten. Avdili sagt, er sei früher auch in die Limmat gesprungen, ohne sich danach abzuduschen. Sein Vorteil: Im Fliessgewässer gibt es keine Entenflöhe.
Doch auch die Parasiten schätzt Avdili nicht als grosses Gesundheitsrisiko ein. Er appelliert an die Eigenverantwortung der Menschen. Und wenn schon Duschen am Seebecken, fragt sich Avdili, warum muss dann der Staat dafür bezahlen? Er schlägt vor, Unternehmen anzufragen, ob sie ein solches Projekt sponsern würden.
Duschen kommen frühestens 2027
Ein Blick ins Leitungskataster des Kantons Zürich zeigt, dass es unter den Strassen um den See Wasserleitungen gibt. Teilweise zweigen von dort aus bereits Leitungen auf die für die öffentlichen Duschen infrage kommenden Badeorte ab. Auf Anfrage bei der städtischen Wasserversorgung heisst es, dass es technisch möglich wäre, Leitungen zu legen. Es wäre nicht anders als bei einem Haushaltsanschluss.
Optimal wäre es, Duschen mit warmem Wasser zu installieren, sagt Kantonschemiker Brunner, damit sich die Leute gründlich abduschen könnten. Denn nur kurz unter der Kaltwasser-Brause zu stehen, würde nicht reichen, um die Parasiten wegzuspülen.
Severin Meier von der SP wäre zufrieden mit kalten Duschen. So wie es sie auch in den städtischen Badis gibt. Sollte der Stadtrat zum Schluss kommen, dass es unverhältnismässig teuer wäre, Brausen am Seeufer zu installieren, würde er dies aber auch verstehen, sagt er.
Meier rechnet damit, dass der Vorstoss frühestens im nächsten Frühling im Gemeinderat behandelt wird. Die öffentlichen Duschen dürften frühestens auf Sommer 2027 installiert werden.