Sonntag, September 29

Die AL will ein Werbeverbot im öffentlichen Raum, dem Stadtrat geht das zu weit. Werbung habe in Zürich Tradition.

Der Zürcher Stadtrat ist gegen ein Verbot von Werbung im öffentlichen Raum. Das schreibt die Regierung am Mittwoch als Antwort auf einen Vorstoss der AL. Sie fordert, dass kommerzielle Werbeflächen im öffentlichen Raum der Stadt abgeschafft werden. Werbung «heizt die Konsumkultur an», kritisiert die Partei.

Die einzigen Ausnahmen des Werbeverbots der AL wären: Werbung für lokale Veranstaltungen, zur politischen Meinungsbildung sowie zur Beschriftung von Geschäften und Informationen der öffentlichen Hand.

Dem Stadtrat geht die Forderung der AL zu weit: Sie stelle einen «massiven und einseitig regulativen» Eingriff in die lokale Wirtschaft dar.

Die Stadt gibt zu bedenken, dass die Einnahmen aus den Werbeeinnahmen nach einem Verbot zu «internationalen Konzernen» fliessen würden. Diese prägten den Werbemarkt, schreibt der Stadtrat. Das wäre zum Nachteil der Stadtkasse: Die 3377 Werbeflächen in der Stadt generieren jedes Jahr 28 Millionen Franken Einnahmen.

Dabei beachte die Stadt bei der Vergabe Vorgaben aus den Varög, den Vorschriften über das Anbringen von Reklameanlagen im öffentlichen Grund. Darin ist unter anderem geregelt, dass in der Altstadt keine Leuchtkästen aufgestellt werden dürfen und an Balkonen keine vorstehende Werbung angebracht werden darf. Oder, in den Worten der Stadt: Die Verordnung sorgt für einen «verträglichen Betrieb» der Werbung in der Stadt.

Ausserdem, schreibt die Stadt weiter, habe Werbung in Zürich seit über 120 Jahren Tradition. Die Bevölkerung akzeptiere die Werbung auf öffentlichem Grund – zumindest mehr als andere Werbeformen.

AL: Werbung heize «Konsumkultur» an

Die AL sieht das anders: Gerade weil öffentlicher Raum nicht blockiert werden könne, sei sie besonders störend. «Die Bevölkerung braucht keine ständigen Erziehungsbotschaften», schreibt die Partei im Vorstoss. «Sie weiss ihre Bedürfnisse gut ohne ständige Manipulationsversuche durch Werbeversprechen zu befriedigen.»

Werbung heize «den Ressourcenverbrauch und die fortschreitende Umweltzerstörung» an, kritisiert die Partei weiter. Damit wirke sie den Klimazielen der Stadt entgegen. Die AL verweist auf den Artikel 152 der Gemeindeordnung, wo das Netto-Null-Ziel der Stadt festgeschrieben ist. Das soll auch erreicht werden, indem weniger Fast Fashion gekauft wird. «Die meiste Werbung läuft dem Ziel der Stadt Zürich, die indirekten Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren, entgegen», kritisiert die AL.

Anfang Jahr vermietete die Stadt eine Werbefläche an einem Baugerüst um ein Hochhaus der Stadt an den Modehändler Zalando. Dieser steht immer wieder in der Kritik: Weil zurückgeschickte Kleider nicht wiederverkauft werden, gilt Zalando als umweltschädlich. Davor hat die Stadt die gleiche Werbefläche an den Reiseveranstalter TUI vermietet, der (Flug-)Reisen ans Meer anbietet. Ebenfalls den Klimazielen der Stadt nicht zuträglich, wie die AL findet.

Rechtlich betrachtet darf die Stadt durchaus Werbeflächen an solche Unternehmen vermieten. Laut der Werbeabteilung der VBZ ist Werbung nur in wenigen Fällen verboten: wenn sie politischer Natur, anstössig oder diskriminierend ist und wenn sie Alkohol oder Zigaretten anpreist.

Stadtrat stoppt Ausbau digitaler Werbetafeln

Der Stadtrat kommt der AL nun aber in einem Punkt entgegen und handelt bei den Werbebildschirmen. Die «schlechtere Ökobilanz digitaler Werbeanlagen im Vergleich zur analogen Plakatierung» sei erkannt, schreibt die Stadt. Weil die digitalen Werbeflächen aber um ein Vielfaches wirtschaftlicher sind, ist die Stadt momentan daran, diese Anlagen zu ersetzen.

Das stoppt der Stadtrat jetzt, zumindest bis 2030. Dann wolle man weiterschauen. Weil die «ökologische Verträglichkeit der Anlagen von möglichen technischen Neuerungen profitieren könnte», könnte der Ersatz der Papierwerbung nach 2030 weitergehen.

Noch vergangenes Jahr hat der Stadtrat eine ähnliche Forderung der linken Parteien abgelehnt. Sie wollten ein Verbot der Werbebildschirme in der Stadt. Schon damals bezeichneten die Unterstützer der Forderung die Bildschirme als «sinnlose Energieverschwendung».

Der Stadtrat lehnte die Abschaffung der Bildschirme ab und verwies auf den Verlust von Werbeeinnahmen. Die rund 25 Millionen Franken kämen zu grossen Teilen den VBZ und damit dem ökologisch sinnvollen öffentlichen Verkehr zugute.

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