Das ungewöhnliche SUV ist seit sechs Jahren das meistverkaufte Modell in der Palette des Luxusherstellers. Ein dezentes Facelift soll dafür sorgen, dass dies so bleibt.
Wer als Autohersteller seine Umsätze vor allem mit Limousinen erzielt, kommt heutzutage kaum vom Fleck. Das haben auch die Hersteller besonders edler und exklusiver Fahrzeuge in den vergangenen zehn Jahren erkannt. Und seit der Einführung ihrer luxuriösen Geländewagen wie des Mercedes-Maybach GLS 600 oder des Bentley Bentayga sind diese stets die meistverkauften Modelle im Angebot der Hersteller.
Rolls-Royce hat dies erkannt und 2018 die Cullinan-Baureihe lanciert. Nach sechs Jahren sahen es die Macher der im südenglischen Goodwood beheimateten Marke nun an der Zeit, den Cullinan auf den neuesten Stand zu bringen. Die Series II wurde im Design sanft angepasst, während an der Antriebstechnik kaum etwas verändert wurde.
Das Luxus-SUV der britischen BMW-Tochter gibt es mit dem Cullinan Series II und dem sportlich aufgemachten und etwas stärkeren Black Badge Cullinan Series II in zwei Ausführungen. Damit will Rolls-Royce gegen die erwähnten SUV von Maybach und Bentley antreten, aber auch gegen solche von typischen Sportwagenbauern wie den Lamborghini Urus oder den Aston Martin DBX.
Ein Facelift der besonders unauffälligen Art
Selbst Kenner der 120 Jahre alten Marke müssen gut hinschauen, um die Unterschiede zwischen dem Modell von 2018 und der nun aufgelegten Series II auf Anhieb zu erkennen. Das Design des neuen Cullinan, der auf mächtigen, 23 Zoll grossen Rädern mit Pirelli-Bereifung rollt, wurde kaum merklich angetastet.
Das neue Erscheinungsbild tritt mit klaren Kanten sowie vertikaler Linienführung um eine Spur markanter in Erscheinung als bisher. Die Chefdesignerin Juliane Blasi freut sich über eine «monolithische Schönheit» und spricht von einem «zeitlosen Design».
Im Zentrum steht das wichtigste Markenzeichen des britischen Herstellers: die Frontpartie mit dem wuchtigen «Pantheon»-Kühlergrill, den schmalen LED-Scheinwerfern und den vergrösserten Lufteinlässen. Der Grill tritt jetzt beleuchtet auf und wird vor allem nachts zum echten Hingucker. Am Heck finden sich in die Karosse eingelassene Auspuffrohre, die von einem Auffahrschutz aus gebürstetem Edelstahl vor Schaden behütet werden.
Ebenfalls mit einer gewissen Zurückhaltung zu Werke gegangen sind die Kunsthandwerker bei der Auffrischung des Interieurs, das – der Luxusklasse entsprechend – mit Holz, Leder, Chrom und einem sorgfältig perforierten Bambusfaserstoff namens Duality-Twill ausgekleidet ist. Über 2,2 Millionen Stiche und 18 Kilometer Faden sollen für die Auskleidung des Interieurs eines jeden Cullinan Series II nötig sein.
Neue Lichtspiele im Interieur
Vor dem Beifahrersitz fallen zwei gestalterische Spielereien auf: ein Lichtspiel-Panel mit 7000 grafischen Elementen, welche die beleuchteten Wolkenkratzer einer Grossstadt darstellen sollen. Dazu eine kleine Vitrine mit der analogen Borduhr und einer Miniaturausgabe der legendären Kühlerfigur «Spirit of Ecstasy».
Der 1400-Watt-Verstärker und die 18 Lautsprecher sorgen für ein eindrückliches Musikerlebnis während der Fahrt. Und auf der Heckklappe lassen sich elektrisch zwei Sitze sowie ein kleiner Beistelltisch ausfahren. «Um den Kindern beim Spielen zuzuschauen oder einfach um die Aussicht zu geniessen», meint ein Rolls-Royce-Techniker dazu.
Beim Antrieb setzt Rolls-Royce bei der zweiten Serie des Cullinan auf den bestehenden V12-Motor mit 6,75 Litern Hubraum und 571 PS Leistung. Beim etwas sportlicheren Bruder Black Badge, der sich durch seine schwarzen Gestaltungselemente vom «normalen» Cullinan unterscheidet, weist Rolls-Royce mit dem gleichen Triebwerk 600 PS und 900 Newtonmeter maximales Drehmoment aus.
Damit steht für diesen 2,5 Tonnen schweren Koloss mehr als bloss ausreichend Schub zur Verfügung. Als dementsprechend hoch entpuppt sich jedoch der Kraftstoffverbrauch, der zwischen 16 und 18 Litern Benzin auf 100 Kilometer liegen soll.
Robust, voll geländegängig, und das stets kultiviert – so formuliert der Hersteller die Eigenschaften des noblen Briten-SUV. Eine kurze Testfahrt bestätigt den Eindruck: Fahrkultur vom Feinsten in einem qualitativ hochwertigen Ambiente. Boris Weletzky, Regionaldirektor für Europa, Grossbritannien und Zentralasien, legt Wert auf die Feststellung: «Bei uns ist es nicht die Masse, die zählt, sondern die Qualität.» Und doch würde es dieses Fahrzeug vielleicht gar nicht geben, wenn es nicht die Stückzahlen der Marke bei den Neuzulassungen verdoppelt hätte.
Aber es handelt sich beim Cullinan trotzdem nicht um ein Massenprodukt: Mit der vergleichsweise geringen Anzahl von 6000 produzierten Fahrzeugen jährlich lasse sich ein enger Kontakt zur Kundschaft aufrechterhalten, was die Marke ebenfalls einzigartig mache, sagt Weletzky. Doch die potenzielle Kundschaft muss tief in die Tasche greifen: Der Rolls-Royce Cullinan Series II ist ab 450 000 Franken zu haben. Damit kostet er 50 Prozent mehr als der Bentley Bentayga – und ist deutlich exklusiver.