Die New Yorker Auktionen für moderne und zeitgenössische Kunst bestätigten grosse Namen wie Monet, Magritte oder Pollock. Für Maurizio Cattelans grenzwertige Kunstidee mit einer Banane gab es einen Überraschungserfolg.
Über 120 Millionen Dollar für ein Gemälde von René Magritte, 65 Millionen für ein Seerosen-Bild von Claude Monet – und dann ein Zuschlag, der schon Minuten nachdem der Hammer gefallen war, für Schlagzeilen sorgte. Da wurden doch tatsächlich bei Sotheby’s in New York für eine gewöhnliche Banane und ein Stück Klebeband 6,2 Millionen Dollar bezahlt.
Der Blick hinter die glänzende Oberfläche der New Yorker Auktionen von dieser Woche ergibt freilich ein differenzierteres Bild. Nach einem ausgeprägten Sommerblues hatte vor allem die Stimmung an der Pariser Art Basel im Oktober für Aufwind gesorgt. Es schien wieder etwas zu gehen auf dem angespannten Kunstmarkt, der sich mitten in einer Umbruchphase zu befinden scheint. Dementsprechend sind auch die Spitzenwerte jetzt in New York ein willkommenes Lebenszeichen, das trotz so manch verständnislosem Kommentar in den Medien zumindest bei den Akteuren des Kunstmarkts für Erleichterung sorgt.
Kryptowährungen akzeptiert
Gleichwohl verliefen die Veranstaltungen bei Sotheby’s und Christie’s über weite Strecken eher glanzlos. Abseits des Spektakels blieb ein beträchtlicher Teil der Lose trotz attraktiven Taxen – gemessen an den erzielten Topwerten von einst – am unteren Ende der Erwartungen hängen.
Magrittes ikonisches Grossformat, die nächtliche Szenerie «L’empire des lumières» von 1954 aus der Sammlung Mica Ertegun, wurde nach spannendem Bietgefecht bei Christie’s für insgesamt 121 Millionen Dollar zugeschlagen, während Monets frühe Seerosen tags zuvor bei der Konkurrenz Sotheby’s 65,5 Millionen erzielten. Die kunsthistorische Bedeutung derartiger Werke ist gesichert, was sich in den entsprechenden Preisen abbildet.
Eine solche steht bei Maurizio Cattelans «Comedian» allerdings noch aus. Daran mögen auch die vollmundigen Bekundungen des Auktionskatalogs nichts ändern. Es wurde eine Banane an die Wand geklebt – aber eben nicht von einem Marcel Duchamp. Doch eines belegt die schwindelerregende Performance der berüchtigten Südfrucht vom Mittwoch allemal: Bitcoin und Co. sind zurück!
Denn nicht nur akzeptierte Sotheby’s bei den Geboten für den Cattelan explizit Kryptowährungen. Auch ging der Zuschlag an einen prominenten Krypto-Investor aus Hongkong.
Der von einigen Beobachtern erwartete Befreiungsschlag für den Auktionsmarkt durch den Wahlausgang – der sogenannten Trump Bump, befördert etwa durch erwartete Steuersenkungen – blieb sonst diese Woche aus. Die politischen Unsicherheiten sind wohl zu gross. Schliesslich war die Expansion des Kunstbetriebs, jener Marktplatz der Ideen (und Bananen), während der letzten drei Jahrzehnte nur möglich in einem Umfeld offener Grenzen sowie geringer Handelsbeschränkungen – ebenjene Vorzüge der Globalisierung, die nun auf dem Spiel stehen.
Comeback für alte weisse Männer
Zu den Auffälligkeiten der Herbstsaison zählte dann auch die relativ hohe Präsenz von Künstlern, die kürzlich noch als alte weisse Männer auf das identitätspolitische Abstellgleis verschoben worden waren. So schnell können sich die Winde an den Frontlinien der Kulturkämpfe drehen. Da tauchten auf der letzten Abend-Session von Christie’s Bilder von Neo Rauch (versteigert für 630 000 Dollar) oder Daniel Richter (Zuschlag bei 945 000 Dollar) auf.
Im Mittelpunkt standen freilich die amerikanischen Kollegen, etwa Ed Ruscha. Dessen Pop-Ikone «Standard Station, Ten-Cent Western Being Torn in Half» (1964) wurde bei Christie’s für 68 Millionen Dollar zugeschlagen, ein weiteres Querformat mit amerikanischer Fahne («Georges’ Flag») kam bei Sotheby’s auf 13,6 Millionen Dollar.
Weit von seinen ehemaligen Auktionsrekorden entfernt ist allerdings Christopher Wool, der an gleicher Stelle mit einem seiner deftigen Text-Bilder auf Papier vertreten war (2,4 Millionen). Eine Arbeit des lange nur bei Insidern bekannten New Yorker Malers Martin Wong (1946–1999) erreichte mit insgesamt 819 000 Dollar den oberen Schätzbereich.
Mit einem besonders süffisanten Polit-Subtext versehen war dann bei Sotheby’s eine lebensgrosse Bronze von Leonora Carrington. Werke der britisch-mexikanischen Surrealistin erfuhren seit ihrem Tod 2011 eine enorme Aufwertung. In New York war es nun erneut eine «Cat-Woman», die von sich reden machte – dies erst kurz nachdem der designierte Trump-Vize JD Vance sich im Wahlkampf despektierlich über kinderlose, alleinstehende Frauen geäussert und diese als «Cat-Women» bezeichnet hatte.
Carringtons verführerisches Exemplar jedenfalls konnte sich vor Verehrern kaum retten – und kam mit einem Gesamtwert von 11,3 Millionen Dollar auf das Doppelte der Taxe. Insgesamt konnte Christie’s auf seinen Abendveranstaltungen fast 600 Millionen Dollar umsetzen, Sotheby’s verbuchte ein Total von 420 Millionen.
Ein vergleichbares Stimmungsbild ergab sich dann auch bei Phillips, wo eine unbetitelte Leinwand mittleren Formats von Jackson Pollock aus dem Jahr 1948 mit rund 15 Millionen dotiert wurde. Und auch hier war es ein gewisser Donald Trump, der seine Präsenz hinterliess. Von keinem Geringeren als Andy Warhol stammte nämlich jenes Bildnis des gleichnamigen Trump Tower von 1981, das nun mit knapp 1 Million Dollar bewertet wurde. Es mag vielen befremdlich klingen, doch einmal mehr scheint sich aus heutiger Sicht eine Aussage Warhols als visionär zu erweisen: «Making money is art (. . .) and good business is the best art.»