Der Mieterinnen- und Mieterverband will mit einer Volksinitiative hohe Mieten in der Schweiz bekämpfen. Vermieter noch mehr zu gängeln, ist aber der falsche Weg.
In der Schweiz ist der Wohnraum knapp. Im vergangenen Jahr sind fast 100 000 Personen netto in die Schweiz eingewandert, während gleichzeitig nur wenig gebaut wurde. Zudem gibt es immer mehr kleine Haushalte. Vor allem in den Städten herrscht deshalb ein Mangel an Mietwohnungen, die Leerstandsquoten sind gering.
Höherer Referenzzinssatz sorgt für steigende Mieten
Die wachsende Nachfrage bei knappem Angebot gibt den Vermietern Spielraum für höhere Mieten. Viele haben diese jüngst angehoben, zumal der hypothekarische Referenzzinssatz im vergangenen Jahr zweimal um 0,25 Prozentpunkte gestiegen ist. Der Satz, der den Durchschnittszinssatz aller ausstehenden Hypotheken abbildet, ist wegweisend für die Entwicklung der Mieten in der Schweiz. Wer bis vor zwei Jahren 2500 Franken Miete pro Monat zahlte, könnte nun unter Umständen 2750 Franken bezahlen, schätzt der Online-Vergleichsdienst Comparis.
Der Mieterinnen- und Mieterverband will den Anstieg der Mieten nun bekämpfen, indem er eine Volksinitiative lanciert. Diese soll erstens die Renditen der Vermieter begrenzen: So sollen diese in Zukunft nicht mehr die Möglichkeit haben, die Preise bei Mieterwechseln auf das orts- und quartiersübliche Niveau anzuheben.
Zweitens sollen die Mieten regelmässig überprüft werden, um zu verhindern, dass Vermieter zu hohe Renditen einstreichen. Unklar bleibt allerdings, wie dies geschehen sollte. Angesichts der Millionen von Mietverhältnissen in der Schweiz ginge das kaum ohne hohe Kosten und eine enorme Bürokratie.
Laut dem Mieterverband halten sich viele Vermieter nicht an ein Urteil des Bundesgerichts. Dieses hat im Oktober 2020 bestimmt, dass die Nettorendite bei einem Referenzzins von zwei oder weniger Prozent um maximal zwei Prozentpunkte über diesem Referenzzins liegen darf. Derzeit liegt dieser Zins bei 1,75 Prozent, die höchste zulässige Nettorendite beträgt also 3,75 Prozent.
Der Verband will mit seinem Vorstoss die Mieten reduzieren und das Einstreichen «unfairer Renditen» verhindern. Doch dafür ist seine Volksinitiative das falsche Rezept. Mangelnder Respekt vor Eigentum und eine Gängelung der Vermieter bewirken nämlich genau das Gegenteil: Sie schaden dem Wohnangebot.
Umzug in kleinere Wohnungen ist wenig attraktiv
Bereits das derzeitige Mietrecht lässt nur wenige Anpassungen bei den Mieten zu. Eine Annahme der Volksinitiative würde diesen Trend noch verschärfen. Damit würden sich die Angebotsmieten erst recht von den Bestandesmieten entkoppeln. Das wiederum bewirkt, dass es gerade für ältere Wohneigentümer wenig attraktiv ist, in kleinere Wohneinheiten zu ziehen und Wohnraum frei zu machen – schliesslich zahlen sie dann möglicherweise mehr Geld für weniger Wohnfläche.
Sollen die Mieten nicht weiter steigen, muss mehr gebaut werden. Neue Regulierungen, wie sie die Initiative des Mieterverbands postuliert, verhindern das aber. Die anhaltende Knappheit an Wohnraum und die geringe Bautätigkeit in der Schweiz würden sich noch verschärfen, weil es immer weniger attraktiv wird, in den Bau von neuen Wohnungen zu investieren.
Zudem hätten auch die Vermieter bestehender Gebäude mit Mietwohnungen weniger Anlass, in diese noch zu investieren. Nötige Renovationen könnten so ausbleiben, da die Eigentümer auf den Kosten sitzen bleiben.
Schlechte Rahmenbedingungen fürs Bauen
Anstatt noch mehr Regeln einzuführen, sollte die Politik lieber die Rahmenbedingungen für die Bautätigkeit verbessern. Baubewilligungen ziehen sich in der Schweiz oft sehr lange hin, Verdichtungen und Umnutzungen werden ausgebremst, es kommt oft zu Einsprachen und Gerichtsverfahren.
Bei Privaten hat dies bereits dazu geführt, dass sich viele als Bauherren zurückziehen. Laut Raiffeisen wird derzeit nur noch rund jede zehnte neue Mietwohnung von privaten Bauherren erstellt, vor 20 Jahren sei es noch jede fünfte gewesen. Bei den Einfamilienhäusern hätten Private 2008 noch zwei Drittel der Baugesuche gestellt, heute seien es weniger als die Hälfte. Vor allem die wachsende Komplexität dürfte sie abschrecken – sie haben nicht die Ressourcen von Grossinvestoren, die nun immer stärker zum Zug kommen.
Bauen muss wieder einfacher und attraktiver werden. Die geplante Volksinitiative aber würde die Probleme auf dem Immobilienmarkt und damit die Wohnungsknappheit noch verschärfen. Sie ist buchstäblich ein Schuss in den Ofen.