Die Niere reinigt das Blut von Schadstoffen, die anschliessend mit dem Urin ausgeschieden werden. Unser Leser isst das tierische Organ seit vielen Jahren und fragt, ob er sich damit etwas Gutes tue.
Leserfrage: Wie gut oder schlecht für die Gesundheit ist der Verzehr von tierischen Nieren?
Rinder und Schweine bestehen nicht nur aus Filets, Koteletts und Braten. Auch weniger beliebte Teile fallen bei einem Schlachttier an. Früher verarbeiteten Köche und Köchinnen diese noch vom Kopf bis zum Schwanz zu allerlei Speisen. Innereien wie Kutteln und Zunge wurden als Delikatessen verspeist.
Kalbsnieren kommen auch heute noch regelmässig auf die Teller. Eine beliebte lokale Spezialität ist das Zürcher Geschnetzelte. Das originale Rezept beinhaltet neben Geschnetzeltem auch Kalbsniere. Allerdings gibt es in vielen Restaurants auch eine Variante ohne Nieren, denn viele Menschen mögen den speziellen Geschmack nicht. Aber wie gesund oder ungesund ist der Verzehr dieses tierischen Organs?
Viel Vitamin B12 und Eisen
Grundsätzlich ist das Fleisch von Innereien fettarm und reich an gewissen Vitaminen und Mineralstoffen. In der Niere sind die Werte von Vitamin A, B1, B2, B12, Pantothensäure und Eisen deutlich höher als in Muskelfleisch. Kalbsniere enthalte 20-mal so viel Eisen wie Kalbsgeschnetzeltes und rund 17-mal so viel Vitamin B12, schreibt Stéphanie Bieler von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung auf Anfrage. Weil es sich dabei um wichtige Nährstoffe handelt, könnte man daraus schliessen, dass es durchaus gesund sei, den Speiseplan mit diesem Fleisch zu ergänzen.
Aber Ruth Ellenberger hält wenig von diesem Argument. Sie ist Co-Geschäftsführerin des Ernährungszentrums Zürich, einer privaten Praxis für Ernährungsberatung, und sagt: «Vitamin B12 und Eisen sind ausreichend in anderen Fleischstücken enthalten. Innereien sind nicht besonders gesund. Im Gegenteil: Oft sind sie eine Müllhalde.»
Die Niere ist ein Filtrationsorgan. Sie reinigt das Blut von Schadstoffen, die anschliessend mit dem Urin ausgeschieden werden. Tatsächlich können Nieren erhöhte Werte von Schwermetallen wie Blei oder Quecksilber sowie andere Giftstoffe aufweisen. Besonders in Innereien von Wildtieren werden oft erhöhte Schwermetallwerte gemessen. Das hängt allerdings davon ab, was die Tiere essen und wo sie aufwachsen. Deshalb empfiehlt Ellenberger, nur die Nieren von Jungtieren aus biologischer Landwirtschaft zu essen. Denn je älter ein Tier ist, desto länger hat die Niere bereits Schadstoffe angereichert.
Warnung vor Purinen
«Problematisch sind Innereien auch wegen ihres hohen Puringehalts», sagt die Ernährungsberaterin. Diese Grundbausteine des Erbmaterials sind in allen pflanzlichen und tierischen Zellen enthalten. Besonders reich an Purinen sind Lebensmittel wie Fisch, Fleisch und speziell Innereien. Beim Abbau der Purine entsteht Harnsäure, die die Niere normalerweise mit dem Urin ausscheidet.
Manche Menschen aber können die Harnsäure aufgrund einer genetischen Veranlagung nicht in ausreichender Menge ausscheiden. In solchen Fällen bildet die Harnsäure kleine Kristalle, die zu Entzündungen in den Gelenken führen und Gichtanfälle auslösen können.
Carsten Wagner leitet am Institut für Physiologie der Universität Zürich eine Gruppe zur Erforschung der Nieren und des Säure-Basen-Haushalts. Er sagt: «Eine leichte Säurebelastung geht mit jedem Konsum von tierischen Proteinen einher. Für gesunde Menschen sind Purine unproblematisch.» Aber wer Gicht oder Harnsteine habe, solle besser auf tierische Nieren verzichten.
Ein Beitrag zur gesunden Ernährung
Doch wer keine Probleme mit erhöhten Harnsäurewerten hat und es mit dem Konsum nicht übertreibt, kann das Fleisch massvoll geniessen. Ellenberger empfiehlt, nicht mehr als zweimal im Monat Nieren zu essen.
Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung schreibt: «Für die Allgemeinbevölkerung gibt es keine konkrete Empfehlung zum Konsum von Nieren, auch nicht für Innereien im Allgemeinen.» Werde Fleisch massvoll konsumiert und bei der Auswahl der Fleischstücke das Prinzip der Abwechslung berücksichtigt, so dürften Nieren relativ selten auf dem Menuplan stehen. Unter diesen Umständen sei trotz dem möglicherweise erhöhten Schadstoffgehalt nicht von einer Gefahr für gesunde Erwachsene auszugehen. Wer traditionelle Gerichte mit tierischen Nieren liebt, kann mit den enthaltenen Vitaminen und Mineralstoffen demnach einen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten.
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