Der ehemalige Präsident verkauft Zölle zunehmend als Allheilmittel. Damit gefährdet er den Welthandel und die US-Wirtschaft – und setzt sich selber unter Druck.
Donald Trump ist auf Wiederwahltour. Um zurück ins Weisse Haus zu gelangen, verspricht er Steuererleichterungen für so ziemlich alle und jeden in Amerika. Dem Ausland und jenen Unternehmen, die seinen Wünschen nicht folgen, droht er dagegen mit hohen Zöllen.
Bekannte Drohungen, neue Ziele
Das überrascht nicht, denn Trump hat diese Strategie schon in seiner ersten Amtszeit genutzt. Er liebe Zölle, betont er auch im jetzigen Wahlkampf immer wieder. Doch während er als Präsident von 2017 bis 2021 Zölle noch vergleichsweise gezielt eingesetzt hat, sieht er sie heute als Allzweckwerkzeug. Trump schlägt enorm hohe und breit anwendbare Zölle vor. In dieser Kombination würden sie sich sehr negativ auf die USA und die Weltwirtschaft auswirken.
Den möglichen Schaden aus dieser Handelspolitik genau zu prognostizieren, ist schwer. Auch weil die Liste der von Trump vorgeschlagenen Zollabgaben stetig wächst. An einem Tag droht er Zölle von 100 Prozent für Länder an, die sich vom Dollar abkoppeln. Am nächsten Tag will er dem Traktorhersteller John Deere Importgebühren von 200 Prozent auferlegen, falls dieser einen Teil seiner Produktion vom Mittleren Westen nach Mexiko verschiebt. Solche Abgaben würden das Handelsabkommen mit Mexiko und Kanada verletzen, das Trump selbst während seiner ersten Amtszeit ausgehandelt hat.
Hinzu kämen Importzölle von 10 oder auch 20 Prozent für alle Handelspartner – was zu grossen Friktionen etwa mit der EU führen würde – und von 60 Prozent (oder mehr) für Waren aus China.
Auch die USA würden leiden
Löste Trump in einer zweiten Amtszeit all seine Zollversprechen ein, würde er auch in den USA selbst wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Erstens würde er unweigerlich Handelskriege anzetteln, die alle Beteiligten ärmer machten. Kleine exportorientierte Länder wie die Schweiz würden wohl kaum Vergeltungszölle einführen, die EU und China aber schon. Einzelne Branchen in den USA, etwa die Landwirtschaft oder die Automobilindustrie, sind von Exporten abhängig und würden stark unter diesen Handelskriegen leiden.
Zweitens wirken Zölle wie eine Importsteuer. Sie verteuern all die Waschmaschinen und Mangos, welche die Amerikaner so gern aus dem Ausland einfliegen lassen, aber auch Vorprodukte, welche amerikanische Firmen für ihre Produktion nutzen.
Die Importabgaben würden somit die Inflation erneut anheizen, welche die US-Notenbank erst wieder unter Kontrolle gebracht hat. Da auch ein Grossteil von Trumps übriger Politik preistreibend wirkt – vor allem die geplanten Steuersenkungen und Massendeportationen von illegalen Einwanderern –, ist die Gefahr real, dass die Inflation erneut nach oben schiesst und die Notenbank erneut zu einer restriktiven Geldpolitik zwingt. Hohe Leitzinsen könnten ihrerseits das Wirtschaftswachstum abwürgen.
Trump setzt sich selbst unter Druck
Letztlich gefährdet Trumps Zollstrategie langfristig die Machtposition Amerikas in der Welt. Die Allzweckwaffe der Zölle stumpft mit der Zeit ab. Heute ist sie noch scharf, weil Exporte in die Vereinigten Staaten für andere Länder sehr wichtig sind. Die USA selbst sind wegen ihres riesigen Binnenmarkts weniger von anderen abhängig. Güterexporte nach Kanada, Mexiko und in die EU, die mit Abstand wichtigsten drei Exportdestinationen der USA, tragen jeweils nur etwas mehr als 1 Prozent zum amerikanischen Bruttoinlandprodukt bei.
Zölle lenken die Handelsströme über die Zeit aber um, und die Bedeutung des Exportmarkts USA für andere Länder sinkt. Ein sich abschottendes Amerika verliert damit an Einfluss im Ausland.
Die wirksamste Drohung ist jene, die man nicht umsetzen muss. Manche Handelspartner werden mit Trump verhandeln, um Zölle zu vermeiden. Und doch setzt sich der Ex-Präsident mit seiner Strategie selbst unter Zeitdruck. Je länger er hohe Zölle anwenden muss, desto schwerer wiegen deren Nebenwirkungen – steigende Inflation, nachlassendes Wachstum, schwindender Einfluss im Ausland. Das wiederum wissen auch Peking und Brüssel.