Das Börsendebüt des sozialen Netzwerks Truth Social stellt dem US-Präsidentschafts-Kandidaten Donald Trump viel Geld in Aussicht. Doch die Absturzgefahr der «Trump-Aktie» ist gross.
Donald Trump kann sich freuen. In den kommenden Monaten könnte sich der frühere US-Präsident nach dem erfolgreichen Börsenstart seines sozialen Netzwerks Truth Social Hunderte Millionen auszahlen lassen. Am Dienstag kamen die Aktien der Firma hinter Truth Social, der Trump Media & Technology Group (TMTG), an der US-Technologiebörse Nasdaq in New York in den Handel.
Die Aktien tragen das Kürzel DJT für Donald John Trump. Sie legten einen fulminanten Start hin. Zeitweise schossen sie 60 Prozent in die Höhe und gingen mit einem Plus von 16 Prozent und einem Preis von 57.99 Dollar aus dem Handel. Es ging wild zu und her. Die Kursschwankungen waren zeitweise so gross, dass der Handel minutenlang ausgesetzt werden musste.
Am Mittwoch konnten die Aktien die Gewinne vom Vortag weiter ausbauen. Donald Trump besitzt 58 Prozent an TMTG, was seinem Anteil einen theoretischen Wert von über 5 Milliarden Dollar gibt. Die Firma ist über eine spezielle Spac-Transaktion an die Börse gekommen. Dafür hat sich am Montag TMTG mit einer schon bestehenden, börsenkotierten Mantelgesellschaft namens Digital World Acquisition Company (DWAC) zusammengeschlossen.
Trump-Aktie hat «Meme»-Charakter
Die Trump-Aktie hält sich nicht an die Abläufe eines klassischen Börsengangs. So spielten die Bewertung und das Geschäftsmodell von TMTG keine Rolle für die Investoren. Die Firma hat noch nie Gewinn geschrieben und in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres hauptsächlich Geld verbrannt. Der Umsatz betrug bescheidene 3,4 Millionen Dollar. Dennoch kommt TMTG derzeit auf einen Börsenwert von fast 9 Milliarden Dollar.
Auch als «alternatives soziales Netzwerk» ist Truth Social nicht etabliert. Gemäss Daten von Similarweb kommt Truth Social auf 5 Millionen monatliche Nutzer. Zum Vergleich: Bei Tiktok sind es mehr als 2 Milliarden, bei Facebook mehr als 3. Auch über X (ehemals Twitter) hätte Trump mehr Breitenwirkung. Auf Truth Social kommt der frühere Präsident auf knapp 7 Millionen Follower, auf X sind es 87 Millionen. Trump wurde im Nachgang des Sturms auf das US-Capitol von den Plattformen Twitter (X), Facebook und Instagram gesperrt.
Doch um Finanzzahlen oder die Vermarktung des sozialen Netzwerks geht es nicht. TMTG ist in erster Linie ein Vehikel für Trump-Fans, über das sie den republikanischen Präsidentschaftskandidaten persönlich unterstützen können – wobei sie gleichzeitig spekulative Gewinne an der Börse einfahren. Schon im Vorfeld des Börsenstarts hatten sich Trump-Anhänger über die sozialen Netzwerke organisiert, um den Aktienkurs der Mantelgesellschaft DWAC zu befeuern.
Die Aktien gewannen zeitweise über 300 Prozent und waren ein beliebtes Thema auf dem Reddit-Forum «Wall Street Bets», wo sonst Meme-Aktien wie Gamestop, AMC oder Blackberry hochgeschaukelt werden. Solche spekulativen Aktien ziehen weitere Spekulanten an. So soll gemäss Marktanalytikern am Dienstag auch der Handel mit Optionen Höchstwerte erreicht haben. Mit Finanzinstrumenten wie Call-Optionen können Spekulanten auf einen weiteren Anstieg des Aktienpreises wetten. Die am meisten gehandelten Optionen sollen einen Zielpreis zwischen 80 und 90 Dollar haben.
Anteile vorläufig gesperrt
Ob die Aktie ihren Höhenflug fortsetzen kann, ist offen, zumal sich bei Meme-Aktien typischerweise nur Kleinanleger engagieren. Ihr Anlageverhalten ist im Vergleich zu grossen, institutionellen Investoren erratisch und unvorhersehbar. So dürfte die Volatilität der Aktien weiterhin hoch bleiben, da der Kurs hauptsächlich Spekulation und Sympathien für Trump spiegelt und fundamental keine Grundlage hat – ähnlich wie bei vielen Kryptowährungen. Für Investoren ist die Absturzgefahr mit den TMTG-Aktien deshalb beträchtlich.
Für Trump als grössten Aktionär wird es jedenfalls nicht einfach sein, grössere Aktienpakete zu verkaufen und zu Geld zu machen. Denn jedes Signal, dass er verkauft oder zu verkaufen gedenkt, würde den Aktienkurs negativ beeinflussen, auf die Kapitalisierung drücken und auch die Zukunftspläne von Truth Social gefährden. Ohne Trump ist die «Trump-Aktie» nichts wert.
Dabei braucht Trump das Geld dringend. Einerseits zur Finanzierung seiner Wahlkampagne, die die teuerste in der Geschichte der USA werden könnte. Andererseits wegen der juristischen Probleme, mit denen er zu kämpfen hat. Anfang Woche entschied ein New Yorker Gericht, dass Trump 175 Millionen Dollar zahlen müsste, um eine Strafzahlung von 464 Millionen Dollar wegen Betrugs zu verzögern. Trump hat behauptet, ihm sei es derzeit finanziell nicht möglich, den gesamten Betrag für eine solche Kaution zu hinterlegen.
Daran dürfte sich kurzfristig nicht viel ändern. Trumps Aktien sind im Rahmen einer bei Börsengängen üblichen «Lock-up»- oder Sperrklausel für sechs Monate gesperrt, ehe er Anteile verkaufen darf. Eine Umgehung der Sperre ist möglich. Dafür müsste der siebenköpfige Verwaltungsrat eine Sondergenehmigung erteilen. Dennoch wird in der Regel mindestens einen Monat abgewartet, um bei einem grossen Investor Verkäufe zuzulassen, um keine Flut von weiteren Verkäufen auszulösen.
Der Verwaltungsrat von TMTG ist zwar mit loyalen Trump-Leuten besetzt – unter ihnen sein Sohn und drei ehemalige Mitglieder seiner Regierung –, dennoch dürften auch sie bei der Erteilung einer Sondergenehmigung vorsichtig sein. Denn die Firma wird bereits von an der Spac-Transaktion beteiligten Investoren mit neuen Klagen eingedeckt. Sie sind unzufrieden mit den ihnen zugeteilten Gründeranteilen und könnten somit weniger Geld mit dem derzeitigen Kursfeuerwerk verdienen.