Freitag, September 27

In den letzten zwei Jahren hatte Skyguide fast ein Dutzend System-Aussetzer. Der Grund: eine interne Modernisierung des Betriebs, die schon zehn Jahre andauert. Skyguide kündet nun Massnahmen an.

«Clear the sky.» Am 15. Juni 2022 konnte nur noch eines helfen: die komplette Sperrung des Schweizer Luftraums. Während rund fünf Stunden ging am Himmel gar nichts mehr. Ein Ereignis, das es in der Geschichte der Schweizer Luftfahrt noch nie zuvor gegeben hatte.

Bei Skyguide, der Schweizer Flugsicherungsbehörde, hatte «ein Mangel bei einem Netzwerk-Switch» eine Störung ausgelöst. Dies hat eine unabhängige Untersuchung des Bundes später ergeben. Passiert ist zum Glück nichts. Die Massnahme sei angemessen gewesen, so der Bericht.

Es war zwar der gravierendste Vorfall. Aber es war bei weitem nicht der einzige in den letzten Jahren. Seit dem 15. Juni 2022 hatte die staatlich kontrollierte Skyguide nicht weniger als zehn weitere Aussetzer. Eine besorgniserregende Serie.

Teilweise war Pech im Spiel. Im vergangenen Juni hat lokaler Starkregen dazu geführt, dass das Untergeschoss des Genfer Kontrollzentrums überschwemmt wurde. Der Luftraum über Genf musste vorübergehend gesperrt werden. Im Juli wiederum sorgte ein fehlerhaftes Update bei der amerikanischen IT-Sicherheitsfirma Crowdstrike für weltweites Chaos im Luftverkehr.

«Zu schnell vorgegangen»

Aber auch wenn die Pannen unterschiedliche Gründe hatten, hatten sie stets dieselbe Ursache: einen grossangelegten Systemwechsel bei Skyguide, der 2014 begonnen wurde und noch lange nicht fertig ist. Eigentlich hätte dieser innert zehn Jahren abgeschlossen sein sollen. Nun soll es erst 2031 so weit sein.

«Wir sind zu schnell vorgegangen und haben die Komplexität unterschätzt», sagt Klaus Meier, Technologiechef bei Skyguide. Er verspricht: «Wir nehmen nun Tempo raus und fokussieren auf den operativen Betrieb. Aber dadurch kommt es zur Verzögerung.»

Aber wie kann man bei einem auf zehn Jahre ausgelegten Projekt zu schnell vorgehen? Und was macht Skyguide da überhaupt, das so viel Zeit braucht?

Hintergrund ist der verzettelte Luftraum über Europa. Es gibt auf dem alten Kontinent insgesamt 68 Flugkontrollcenter (in den USA: 20), die immer nur genau einen Sektor überwachen und gegenseitig nicht miteinander vernetzt sind. Das ist zwar höchst ineffizient und zwingt Flugzeuge oft dazu, nicht die direkteste Route zu wählen. Eine Vereinheitlichung scheitert aber seit Jahren am Widerstand von Gewerkschaften und nationalen Interessen.

Auch in der geografisch engen Schweiz teilen sich zwei Kontrollcenter den Luftraum auf – Genf und Zürich. Aber immerhin: Hierzulande will man einen Schritt Richtung Zukunft machen und die beiden Center –zumindest virtuell – zusammenlegen.

Der Stress bleibt hoch

«Unser Ziel ist, dass wir das alte Genfer System in den kommenden paar Jahren abschalten können. Dann sollte ein Genfer Lotse in der Lage sein, ein Flugzeug in Graubünden zu übernehmen und zu betreuen», sagt Klaus Meier von Skyguide. Der letzte Schritt, ein ortsunabhängiger Betrieb, werde dann wohl 2031 erreicht.

Das Problem: «Wir befinden uns in einem absoluten Sicherheitsumfeld. Es darf kein Fehler passieren. Deshalb ist die Übung so komplex», sagt Meier. Es sei wie eine Operation am offenen Herzen. Anders gehe es jedoch nicht. Parallel zum bestehenden Betrieb ein neues System aufzubauen und von einem Tag auf den nächsten zu wechseln, sei viel zu riskant.

Und weil Skyguide in Sachen Harmonisierung von Kontrollcentern europaweit voranprescht, muss sie vieles selber machen. Bewährte Systemlösungen gibt es nicht. Das verzögert alles zusätzlich.

Bleibt die Frage: Hätte man nicht alles beim Alten lassen und sich den ganzen Stress ersparen können? «Wir sind gezwungen, uns zu bewegen. Das Flugaufkommen nimmt massiv zu. Gleichzeitig haben wir Mühe, genügend gute Lotsen zu finden», sagt Klaus Meier. Nun müssten halt gleich viele Leute mehr Kapazität bewältigen können.

Der Stress im Schweizer Luftraum wird also hoch bleiben.

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