Freitag, November 29

Der oberste Rechnungsprüfer hadert mit dem neuen Sportwagen.

Es gibt Gegenden, da bereitet der Dienst als Gesetzeshüter womöglich etwas mehr Spass als anderswo. In Rom etwa, wenn man zu jener schnellen Truppe gehört, die seit diesem Jahr im Lamborghini auf Streife gehen darf. Auch in Dubai gehört der Luxus-SUV zur Wagenflotte.

Egg im Zürcher Oberland, 8880 Einwohner und vier Gemeindepolizisten, hat nun ebenfalls aufgerüstet. Ein neuer SUV-Sportwagen soll künftig die Mobilität der vier Gemeindepolizisten gewährleisten. Seit zwei Wochen ist ein BMW X5 im Einsatz. Der Dienstwagen hat über 300 PS, ist 250 Kilometer pro Stunde schnell und kostet die Gemeinde 167 000 Franken.

Nur ist Egg finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet. Die Gemeinde am Pfannenstiel rechnet fürs nächste Jahr mit roten Zahlen. Im Budget klafft eine Lücke von einer halben Million Franken, die mit Eigenkapital gefüllt werden muss. Just in dieser finanzpolitisch heiklen Stimmung machte die Meldung vom neuen Dienstwagen die Runde.

In einem Beitrag von Tele Züri wird ein Egger Bürger gefragt, was er von einem derart teuren und schnellen Gefährt halte. Die spöttische Antwort des Rentners: «Auf die halbe Minute kommt es bei uns wohl nicht an.» Die «vox populi» in der Egger Fussgängerzone schien gemacht zu sein: «Unnötig!» – «Frech!» – «Eine Geldverschwendung!».

Aufseiten der Gemeinde sieht man die Dinge etwas anders. Der Kauf sei notwendig geworden, weil das jetzige Einsatzfahrzeug aus dem Jahr 2017 bald ausgemustert werde. Sowieso dürfe der Gemeinderat derlei Ausgaben in Eigenkompetenz tätigen, sagt Gemeindepräsident Tobias Bolliger (FDP) im «Zürcher Oberländer». Die Preise eines Polizeiwagens seien nicht mit jenen für einen Privatwagen vergleichbar. Zudem habe die Rechnungsprüfungskommission mit ihrem Ja zum Budget auch dem Wagen zugestimmt.

Hippie-Bus in Zürich, Teslas in Basel

Der Präsident besagter Rechnungsprüfungskommission ist mit dieser Lesart aber überhaupt nicht einverstanden. Beat Rüegg (SVP) fühlt sich hinters Licht geführt. Die Leasinggebühr für die «Luxusanschaffung» habe sich damals ganz anders präsentiert: «Wir haben im Budget die 15 000 Franken gesehen», die pro Jahr an Leasinggebühren angefallen seien, sagt er im Lokalfernsehen. «Und jetzt steht das Auto auf dem Gemeindeplatz und kostet im Jahr 32 000 Franken.» Was auf fünf Jahre 167 000 Franken ausmacht. Rüegg: «Nicht akzeptierbar.»

Und auch sonst hadert Rüegg mit den Dimensionen: Das Einsatzgebiet der Gemeindepolizei beschränke sich schliesslich auf Egg. Notabene eine Gemeinde von 14,5 Quadratkilometern. Wie man es besser macht, zeigen laut dem obersten Rechnungsprüfer der Gemeinde die Nachbarn. In Stäfa habe man für einen Škoda lediglich 80 000 Franken bezahlt, sagt Rüegg im «Zürcher Oberländer».

Die Motorisierung von Ordnungshütern ist längst nicht nur in Zürcher Landgemeinden ein Politikum. Jüngst gab in der Stadt Zürich die neuste Anschaffung der Stadtpolizei zu reden. Seit diesem Jahr dreht ein Elektro-VW-Bus mit Blaulicht und Sirene seine Runden. Das landläufig als «Hippie-Bus» bezeichnete Gefährt dürfte nicht für schnelle Verfolgungsjagden gedacht sein.

Nirgends im Land sorgten Polizeiwagen für solch dramatische Schlagzeilen wie in Basel. Schon die Beschaffung der Tesla-Flotte im Jahr 2019, sieben Wagen für rund eine Million Franken, bezeichnete die Geschäftsprüfungskommission als «unrechtmässig» und «willkürlich». Der damalige Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP) sah sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Zu allem Unglück waren die Basler Teslas auch noch pannenanfällig. So klemmten die Flügeltüren just dann während der Verfolgungsjagd, als eigentlich schnelles Aussteigen gefragt gewesen wäre. Am Ende sahen sich die Gesetzeshüter in den eigenen Wagen gefangen. Kommendes Jahr sollen die Basler Teslas ausgemustert werden.

Der BMW darf bleiben

In Egg war derweil am Montag ein definitiver Entscheid gefragt. Also musste die eigentliche Macht in jeder Gemeinde ihres Amtes walten: die Gemeindeversammlung.

Der Antrag der Rechnungsprüfungskommission war unmissverständlich: Die geplanten Ausgaben fürs Leasing sollen gestrichen werden. Der Leasingvertrag musste aufgelöst werden. Ein neuer Vertrag für ein anderes Modell sollte her. Und das neue Auto sollte nur noch die Hälfte kosten.

Man kann den Entscheid, den die 83 Stimmbürgerinnen und -bürger im Egger Hirschensaal fällten, durchaus prosaisch nennen: Der BMW darf bleiben. Dem Dorffrieden zuliebe und weil eine Rückgabe erneut Kosten verursacht hätte.

Aber zum BMW gibt es noch etwas: eine Schuldenbremse. Ab kommendem Jahr ist der finanzielle Spielraum des Gemeinderates damit beschränkt.

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