Freitag, November 29

Mitte November hat der Stadtrat entschieden, 380 000 Franken an das umstrittene Palästinenserhilfswerk UNRWA zu spenden. Das Geld ist bereits überwiesen – doch die Kritiker wehren sich weiter.

Die Kritiker konnten sich kaum dazu äussern, denn das Geld war schon weg: 580 000 Franken hat der Zürcher Stadtrat nach Gaza überwiesen. 380 000 davon an die UNRWA, das Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten. Das führt zu einem Streit – der nun auch die Zürcher Regierung erreicht: Die FDP hat am Donnerstag eine Aufsichtsanzeige an den Regierungsrat eingereicht. Darin fordert sie, dass die Spende der Stadt an die UNRWA als widerrechtlich anerkannt wird.

Hintergrund der Anzeige ist die Diskussion über die UNRWA, die auch auf Bundesebene geführt wird. Die UNRWA, so die Kritiker, sei eine antisemitische Organisation und von der Hamas unterwandert. Der Bund hat den Schweizer Beitrag für das Hilfswerk im Mai dieses Jahres von 20 auf 10 Millionen gesenkt. Der Nationalrat hat sich im September ganz gegen eine Zahlung für das Hilfswerk ausgesprochen.

Derweil spendet die Stadt Zürich 380 000 Franken an das Hilfswerk, weitere jeweils 100 000 Franken erhielten Terre des Hommes und Médecins du Monde. Das hatten SP, Grüne und AL im Juli in einem Vorstoss verlangt. Andere Parteien kritisierten den Entscheid scharf: Das Geld werde der Hamas zufliessen, argumentierte etwa der GLP-Gemeinderat Ronny Siev. Der SVP-Gemeinderat Stefan Urech sagte, dass die Stadt mit der Spende eine «antisemitische Organisation» unterstütze.

Auch die FDP kritisierte das Anliegen bereits im Sommer: Die Spende an die UNRWA sei eine Einmischung der Stadt in die Aussenpolitik des Bundes und eine «Machtanmassung», sagte der FDP-Fraktionspräsident Michael Schmid. Die FDP reichte nach dem Beschluss des Stadtrats über die Spende im August eine Beschwerde beim Bezirksrat und dem Statthalter ein.

FDP: «Widerrechtlichkeit muss anerkannt werden»

Mit der Aufsichtsanzeige an den Regierungsrat geht die FDP nun noch einen Schritt weiter. «Die Stadt Zürich mischt sich mit dieser Zahlung in eine aktuelle aussenpolitische Diskussion ein», sagt der Fraktionspräsident Michael Schmid. «Aussenpolitik ist Sache des Bundes, nicht der Stadt Zürich. Deshalb ist diese Zahlung widerrechtlich, und diese Widerrechtlichkeit muss festgestellt werden.»

Weil der Stadtrat sich für eine Spende an die UNRWA entschieden habe, masse er sich Kompetenzen an, die ihm nicht zustünden. «Das hat eine politische Dimension, die so gross ist, dass es nun angezeigt ist, dass sich der Regierungsrat mit dieser Sache befassen muss.»

Schmid betont indes, dass es der FDP nicht darum gehe, dass die Stadt Zürich gar keine Gelder für humanitäre Hilfe überweisen solle. «Der Stadtrat hat in der Vergangenheit anerkannten und neutralen Hilfswerken Spenden überwiesen, die wir grundsätzlich begrüssen», sagt Schmid. «Aber es gibt keinen Grund, der UNRWA städtische Steuergelder zu überweisen.» Sollten weder Regierungs- noch Bezirksrat auf die Anzeigen eingehen, so behalte die FDP sich vor, Gesetzesänderungen zu beantragen.

Bis dahin verlangt die FDP in der Aufsichtsanzeige vom Regierungsrat, den Beschluss des Stadtrats über die Spende an die UNRWA aufzuheben und Massnahmen zu verordnen, um «den entstandenen Schaden wiedergutzumachen». Wie dies genau geschehen könnte, dazu könne die FDP keine Aussagen machen, sagt Schmid. «Diese Mittel zu bestimmen, ist Sache des Regierungsrats.»

Stadt- und Regierungsrat äussern sich derweil nicht zur Anzeige der FDP. Die Stadt werde im Rahmen des laufenden Verfahrens zur Anzeige nicht Stellung nehmen, schreibt sie auf Anfrage der NZZ.

Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) sagte gegenüber dieser Zeitung Mitte dieses Monats, dass der Stadtrat intensiv geprüft habe, wie im Gazastreifen am meisten geholfen werden könne. «Die UNRWA ist das Rückgrat der humanitären Hilfe im Gazastreifen und geniesst das Vertrauen der Bevölkerung», sagte Mauch. Auf den Hinweis, dass das israelische Parlament die UNRWA in Israel, Gaza und Westjordanland per Anfang 2025 verbietet, sagte die Stadtpräsidentin, dass das Geld der Stadt noch vor dem Verbot ankommen werde.

Zahlreiche Länder haben ihre Zahlungen an die UNRWA bereits eingestellt. Der Colonna-Bericht, der die Neutralitätsmechanismen der UNRWA untersuchte, kam zum Schluss, es gebe Verbesserungspotenzial, aber keine groben Mängel. Das Hilfswerk entliess zudem neun Mitarbeitende, weil sie im Verdacht stehen, aktiv an den Anschlägen auf Israel beteiligt gewesen zu sein.

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