Im Geschäft mit Haushaltapparaten herrscht ein gnadenloser Preiskampf. Er setzt sämtliche Anbieter unter Druck – V-Zug ebenso wie die beiden deutschen Konkurrenten Miele und BSH Hausgeräte.
Die gemeinschaftliche Waschküche gehört zu den Besonderheiten der Schweiz. Die einen lieben sie, andere wünschten sich, sie müssten sie nie benutzen. In ihr treffen sich Bewohner von Mehrfamilienhäusern zum Schwatz. Nicht selten kommt es aber auch zum Streit, weil Nachbarn einander nicht respektieren und die Waschküche belegen, obwohl sich jemand anderer eingetragen hat.
Für jede Wohnung eine eigene Maschine
Der Schriftsteller Hugo Loetscher beschrieb dies alles und weitere Eigenheiten des Schweizer Zusammenlebens schon 1983 humorvoll in seinem Werk «Der Waschküchenschlüssel und andere Helvetica». Doch gut 40 Jahre später entwickelt sich die gemeinschaftliche Waschküche immer mehr zu einem Auslaufmodell, wie man beim führenden Schweizer Waschmaschinenhersteller V-Zug feststellt.
Zwar gebe es einzelne Hausverwaltungen, die sich gegen den Trend bewegten und – wie eine Stadtzürcher Baugenossenschaft – diese Schweizer Institution förmlich zelebrierten und ihre Waschküchen sogar mit Kaffeemaschinen ausstatteten, sagt der Firmenchef Peter Spirig. Meistens aber, so räumt er ein, würden in neu errichteten oder totalsanierten Mehrfamilienhäusern Waschautomaten und Trockner direkt in den Wohnungen installiert.
Für die Firma V-Zug ist diese Entwicklung ein zweischneidiges Schwert. Zwar bietet sich ihr die Chance, pro Wohngebäude deutlich mehr Geräte zu verkaufen. Doch Maschinen für einzelne Wohnungen bilden viel stärker ein Massengeschäft als die meist deutlich grösseren und besonders robusten Geräte, die für gemeinschaftliche Waschküchen hergestellt werden. Und umso härter fällt in diesem Segment der Preiskampf aus.
Ein Zwerg im internationalen Vergleich
V-Zug produziert laut eigenen Angaben rund 100 000 Waschautomaten und Trockner pro Jahr. Das Zuger Unternehmen gehört damit zu den Zwergen in einer Branche, in der grosse, meist global tätige Hersteller wie Electrolux, Samsung, Whirlpool und die Bosch-Tochterfirma BSH Hausgeräte den Ton angeben und jährlich Millionen von Geräten fertigen.
In einem solchen Markt kann V-Zug nur mit Produkten überleben, deren Eigenschaften sich von der Masse abheben. «Unsere Geräte müssen ausgesprochen präzise, einfach zu bedienen und einfach zu besitzen sein», sagt Spirig. Mit Letztgenanntem meint der Konzernchef einen tadellosen Kundenservice, der bei Defekten rasch aufgeboten werden kann.
Die günstigsten Waschmaschinen sind in Bau- und Elektronikmärkten schon ab 500 Franken erhältlich. Das meistverkaufte Modell von V-Zug, die Adora V2000, die für den Einsatz in Einfamilienhäusern oder einzelnen Wohnungen bestimmt ist, kostet 1600 Franken. Verkaufsleute des Unternehmens werben damit, dass sie eine deutlich längere Lebensdauer aufweise als die meisten billigen Modelle auf dem Markt. Und jede Installation, egal von welchem Gerät, koste 300 Franken.
Vom Heimmarkt abhängig
V-Zug kann ähnlich wie der kleinere Konkurrent Schulthess, der seine Waschmaschinen ebenfalls nach wie vor in der Schweiz montiert, im Heimmarkt auf eine treue Kundschaft zählen. Im vergangenen ersten Halbjahr stammten noch immer 85 Prozent des Umsatzes von gut 280 Millionen Franken aus der Schweiz.
Allerdings bleibt das Wachstumspotenzial von V-Zug hierzulande beschränkt. Das Unternehmen, das je einen Drittel des Umsatzes mit Neubau- und Sanierungsprojekten sowie im Ersatzgeschäft erwirtschaftet, leidet darunter, dass die Bautätigkeit in der Schweiz weiterhin eher flau ist. «Es wird, gemessen am Bedarf an neuen Wohnungen, viel zu wenig gebaut», sagt Spirig. Nicht nur, weil sich gewisse Projekte nicht mehr rechneten, sondern vor allem auch, weil Planungs- und Bewilligungsverfahren viel zu kompliziert und unberechenbar geworden seien.
Die Talsohle durchschritten?
Spirig äussert sich überzeugt, dass V-Zug ein deutlich höheres Wachstum erzielen könnte, wenn sich der Schweizer Baumarkt schwungvoller entwickeln würde. Im zurückliegenden ersten Semester musste das Unternehmen erneut einen niedrigeren Gesamtumsatz hinnehmen – wie schon in den ersten sechs Monaten der beiden Vorjahre. Allerdings glaubt der Konzernchef, im Kerngeschäft die Talsohle durchschritten zu haben. Die jüngste Umsatzeinbusse sei fast ausschliesslich vom Lagerabbau eines einzelnen Kunden in den USA ausgegangen, der von V-Zug Steamer für den Einsatz in hochwertigen Küchen herstellen lasse.
Für das Gesamtjahr stellt das Unternehmen einen höheren Umsatz und eine verbesserte Profitabilität in Aussicht. Allerdings dürften sich die Fortschritte in einem bescheidenen Rahmen bewegen. Die Analysten der Zürcher Kantonalbank sprechen von «kleinen Schritten». Eine schnelle und markante Erholung sei nicht zu erwarten. Der Finanzchef von V-Zug, Adrian Ineichen, präzisierte an der Medienkonferenz zum Halbjahresabschluss, dass in der zweiten Jahreshälfte mit einer höheren Ebit-Marge als den 3,1 Prozent, wie sie im ersten Semester erreicht wurden, zu rechnen sei. Es werde aber keine 8 Prozent geben.
Wie Spirig eingestand, verdient V-Zug auf dem gegenwärtigen Margenniveau die Kapitalkosten nicht. Das Unternehmen ist damit auch noch weit entfernt von den 10 bis 13 Prozent, die es mittelfristig als Umsatzrendite anstrebt.
Geduldige Ankeraktionäre
In anderen Firmen müsste sich das Management wohl längst unbequeme Fragen stellen lassen, doch bei V-Zug profitiert die Führung davon, mit der Familie Buhofer und weiteren Schweizer Privatpersonen über geduldige Ankeraktionäre mit einem sehr langfristigen Anlagehorizont zu verfügen. Einschliesslich des Anteils der Beteiligungsgesellschaft Metall Zug, die von denselben Aktionären kontrolliert wird, befinden sich fast zwei Drittel des Kapitals von V-Zug in festen Händen. Dies schützt den Haushaltgerätehersteller auch vor feindlichen Übernahmeangeboten.
Zugleich bahnt sich in der Branche, in der sich schon länger Zusammenschlüsse häufen, eine weitere Grossübernahme an. Wie vor einem knappen Monat die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf informierte Kreise berichtete, prüft Bosch ein Angebot für den amerikanischen Konkurrenten Whirlpool. Ein Zusammengehen würde der Tochtergesellschaft BSH Hausgeräte ermöglichen, in Amerika Fuss zu fassen, wo sie bis anhin kaum vertreten ist. Mit Kitchenaid besitzt Whirlpool zudem eine bekannte Marke für kleine Küchengeräte.
Miele verlagert von Deutschland nach Polen
Der zweite grosse Hersteller von Haushaltgeräten Miele sieht sich derweil gezwungen, aus Kostengründen die Montage von Waschmaschinen vom Stammsitz in Gütersloh nach Polen zu verlagern. Der Schritt wird von V-Zug genau verfolgt, da Miele ähnlich viel Wert auf die Qualität und Langlebigkeit der eigenen Produkte wie die Zuger legt.
Laut Spirig sollen die Haushaltapparate von V-Zug weiterhin in der Schweiz montiert werden. Seit 2015 hat das Unternehmen mehrere hundert Millionen Franken in eine neue Fabrik auf dem Areal des Zuger Hauptsitzes investiert. Die letzten Montagelinien sollen dort im zweiten Quartal nächsten Jahres in Betrieb genommen werden. Die Firma hofft darauf, dass die Kunden weiterhin am Label «Swiss made» Gefallen finden und dafür einen entsprechenden Aufpreis zu zahlen bereit sind.