Die Mütter übernehmen einen grossen Teil der Kinderbetreuung, und ohne Grosseltern geht, insbesondere auf dem Land, gar nichts. Erkenntnisse aus der neusten Schweizer Familienumfrage.
Ein Haus, zwei Kinder, ein Hund: So lautet ein oft skizziertes Klischee des Familienglücks. Tatsächlich wünschen sich über die Hälfte der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 29 Jahren zwei Kinder. Der Kinderwunsch sei vom Zwei-Kind-Modell geprägt, lautet das Fazit einer neuen Umfrage des Bundesamtes für Statistik (BfS).
Die Umfrage verdeutlicht, wie sich junge Menschen in der Schweiz das Familienleben vorstellen. Und wie es tatsächlich ist. Die Erkenntnisse sind auch mit Blick auf die laufenden Debatten um familienpolitische Anliegen wie die externe Kinderbetreuung und die Care-Arbeit, aber auch den Fachkräftemangel und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, von Bedeutung.
Die Mütter kümmern sich stärker um ihre Kinder
Noch immer sind es die Mütter, die mehrheitlich die Kinder betreuen und die Hausarbeit machen. Wenn ein Kind krank ist, bleiben bei knapp zwei Dritteln der Familien die Mütter daheim. Sie kümmern sich öfter darum, die Kinder anzukleiden oder ihnen dabei zu helfen. Selten sind es die Väter, die hauptsächlich die Kinderbetreuung übernehmen.
Aufgaben wie spielen oder die Kinder ins Bett bringen werden hingegen öfter von beiden Elternteilen übernommen. In 6 Prozent der Paarhaushalte sind vorwiegend die Väter dafür zuständig, ihre Kinder in die Kita oder in die Schule zu bringen oder ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen.
Unabhängig von der Organisation haben viele Eltern laut eigenen Angaben zu wenig Zeit für die Erholung. Gut drei Viertel der 25- bis 54-Jährigen geben an, dies sei in ihrer Familie sehr oft, oft oder manchmal der Fall.
Interessant ist, dass viele Frauen trotz der höheren Belastung zufrieden sind. Zwar sind die Werte etwas tiefer als bei den Männern, aber über die Hälfte der Mütter zeigt sich sehr zufrieden mit der Situation – unabhängig davon, wie alt die Kinder sind. Allerdings macht es offenbar einen Unterschied, wie sich die Paare organisieren. Sind mehrheitlich beide Elternteile für die Betreuung des Nachwuchses zuständig, sind 77 Prozent sehr zufrieden. Wird die Kinderbetreuung hauptsächlich von einem Elternteil erledigt, sinkt dieser Wert auf 47 Prozent.
Progressive Kräfte dürften dies als Plädoyer für eine gleichberechtigte Aufteilung der Betreuungsarbeiten auslegen. Allerdings steht ein grosser Teil der Bevölkerung arbeitenden Müttern nach wie vor skeptisch gegenüber. Knapp die Hälfte ist der Ansicht, ein Kind im Vorschulalter leide, wenn die Mutter arbeite. Ein beträchtlicher Teil der Gesellschaft scheint also in dieser Frage, ungeachtet aller Fortschritte in Sachen Gleichberechtigung, konservativ zu ticken.
Die Grosseltern kümmern sich
Unersetzlich für viele Familien sind die Grosseltern. Besonders in ländlichen Regionen leisten sie einen wesentlichen Teil der Kinderbetreuung. Schweizweit betreuen drei Viertel der Grosseltern mit Enkelkindern unter 13 Jahren diese regelmässig oder gelegentlich, 42 Prozent passen mindestens einmal pro Woche auf ein Enkelkind auf.
In den grossen Städten hingegen besuchen Kinder häufig eine Kita oder schulergänzende Betreuungseinrichtungen. In Zürich, Basel, Bern, Genf, Lausanne und Winterthur stützen sich 71 Prozent der Familien mit kleinen Kindern auf diese Betreuungsform. In ländlichen Gebieten sind es mit einem Drittel nur halb so viele – in der Betreuung öffnet sich also ein ausgeprägter Stadt-Land-Graben.
Kaum überraschend, aber in dieser Grössenordnung effektiv einen Trend bezeugend: Immer mehr Schweizer lernen ihren Partner oder ihre Partnerin über Dating-Plattformen oder soziale Netzwerke kennen. Die Bars, Dorffeste sowie der Arbeitsplatz verlieren als Heiratsmarkt an Bedeutung.
Der Kinderwunsch der Jungen weicht tendenziell von den effektiven Geburten ab. Das legt der Vergleich der Aussagen verschiedener Generationen nahe. Obwohl sich über die Hälfte der 20-29-Jährigen zwei Kinder wünschen, haben bei den 50- bis 59-Jährigen nur 38 Prozent tatsächlich zwei Kinder. 19 Prozent haben drei Kinder oder mehr. Fast gleich viele sind Eltern eines Einzelkindes – obwohl sich dies nur 5 Prozent der jungen Erwachsenen wünschen.
Deutlich mehr, als sich das wünschen, bleiben kinderlos. Fehlender Partner zum richtigen Zeitpunkt, Unfruchtbarkeit, finanzielle Bedenken – es dürfte viele Gründe dafür geben. Die Umfrage des BfS macht keine Angabe dazu, wieso Wünsche und Realität auseinandergehen. Auffallend ist allerdings, dass besser ausgebildete Frauen im Alter von 50 bis 59 Jahren öfter kinderlos blieben als solche mit einem tieferen Schulabschluss. Bei den Männern macht die Ausbildung keinen signifikanten Unterschied. Das legt die Vermutung nahe, dass in dieser Generation einige Frauen mit Blick auf die Karriere auf Kinder verzichteten. Tatsächlich befürchten gemäss Umfrage 70 Prozent der Frauen mit Tertiärabschluss, die Geburt eines Kindes würde sich negativ auf ihre berufliche Karriere auswirken. Demgegenüber glauben das nur 48 Prozent der Frauen mit einem tieferen Bildungsstand.
An der Umfrage des BfS haben 18 317 Personen online oder telefonisch teilgenommen. Die Erhebung zu Familien und Generationen wird alle fünf Jahre durchgeführt.