Neu berücksichtigt die Lebensmittelpyramide auch ökologische Aspekte. Pflanzliche Eiweissquellen werden stärker hervorgehoben, und man soll weniger Milch konsumieren als bis anhin.
Wasser trinken, jeden Tag frisches Obst und Gemüse essen und maximal zwei- bis dreimal pro Woche Fleisch: Dazu raten das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sowie die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) in ihren neuen Ernährungsempfehlungen.
Seit 2011 war die Schweizer Lebensmittelpyramide unverändert, es wurde Zeit für ein Update. Die Empfehlungen wurden deshalb auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüft und aktualisiert. Zudem berücksichtigen sie nun auch ökologische Aspekte. Es geht nicht mehr nur darum, gesund zu essen, sondern auch nachhaltig. Viel geändert hat sich trotzdem nicht.
Die wichtigsten Änderungen
Neu sind Hülsenfrüchte, dazu gehören etwa Bohnen und Linsen, in der Gruppe der Eiweisslieferanten. Dort finden sich auch Fleisch, Fisch, Eier und Tofu. Zuvor waren Hülsenfrüchte gemeinsam mit Getreideprodukten und Kartoffeln bei den Stärkelieferanten aufgeführt. Da Linsen und Bohnen sowohl Stärke als auch Eiweiss liefern, ist die Änderung nachvollziehbar, wäre aber nicht zwingend nötig gewesen. Mit der Änderung werden pflanzliche Proteinquellen stärker als bisher hervorgehoben.
Zudem heisst es in den neuen Empfehlungen, man sollte pro Woche maximal zwei bis drei Portionen Fleisch essen, inklusive Geflügel und verarbeiteten Fleischs. Eine Portion entspricht 100 bis 120 Gramm. Das ähnelt den bisherigen Empfehlungen, die aber etwas zurückhaltender formuliert waren. Bisher hiess es: «Konsumieren Sie Fleisch massvoll – im Bewusstsein, dass zwei bis drei Portionen Fleisch (inkl. Geflügel und Fleischerzeugnisse) pro Woche genügen.»
Milch und Nüsse bekommen ihre eigene Kategorie
Milch war bis jetzt ebenfalls Teil der Gruppe der Eiweisslieferanten. Neu bilden Milchprodukte eine eigene Gruppe. Das BLV schreibt dazu in einer Mitteilung: «Milchprodukte sind eine Proteinquelle, aber auch Calciumlieferanten, ganz im Gegenteil zu Fleisch. Die Aufteilung der beiden Gruppen erleichtert die Kommunikation über ihre jeweilige Rolle.»
Ab sofort werden nur noch zwei bis drei Portionen Milch zu je 200 Millilitern empfohlen. Zuvor waren es drei Portionen täglich. Die neue Empfehlung decke den Calciumbedarf zu 60 Prozent, die übrigen 40 Prozent könne man mit anderen Lebensmitteln aufnehmen, zum Beispiel über Nüsse, Mineralwasser oder verschiedene Gemüsesorten.
Eine eigene Lebensmittelgruppe bilden neu auch Nüsse und Samen, die zuvor den Ölen und Fetten zugeordnet waren. Empfohlen wird, jeden Tag 15 bis 30 Gramm Nüsse und Samen wie etwa Walnüsse und Sonnenblumenkerne zu essen. Davor waren es 20 bis 30 Gramm. Dieses Detail bei der Untergrenze lässt sich am ehesten mit ökologischen Aspekten erklären. Denn diese Lebensmittel sind zwar sehr gesund, die Autoren der neuen Lebensmittelpyramide schreiben aber, Nüsse hätten keine gute Ökobilanz.
Kein Fruchtsaft mehr und weniger Öl
Die Ernährungsempfehlungen raten zudem von Fruchtsäften ab. Zuvor hiess es, pro Tag könne eine Portion Früchte durch ein Glas ungesüssten Saft ersetzt werden. Das Glas Saft war auch auf der Pyramide abgebildet. Auf der neuen Lebensmittelpyramide fehlt es. Die Autoren empfehlen in den Erläuterungen höchstens vier Gläser Saft mit jeweils zwei Dezilitern pro Woche. Tatsächlich raten Fachleute, lieber die ganze Frucht zu essen, da Säfte weniger wertvolle Nahrungsfasern enthalten, kaum sättigen und eine negativere Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel haben.
Eine weitere Änderung gab es bei den Ölen. Bisher lautete die Empfehlung, täglich 20 bis 30 Gramm Pflanzenöle zu konsumieren, also zwei bis drei Esslöffel. In den neuen Empfehlungen sind es nur noch 20 Gramm, also zwei Esslöffel. Wie bis anhin wird geraten, mindestens zur Hälfte Rapsöl zu wählen. Rapsöl hat eine besonders vorteilhafte Zusammensetzung verschiedener Fettsäuren und bietet auch die wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Die gesundheitlichen Vorteile schienen für die Autoren überwogen zu haben. Denn ökologisch kann das Öl nicht allzu sehr punkten. Beim Rapsanbau werden viele Pestizide benötigt.
Weshalb beim Öl reduziert wurde, ist nicht ganz klar. Per se sind Öle nicht ungesund, vor allem Pflanzenöle mit vielen ungesättigten Fettsäuren haben gesundheitliche Vorteile. Doch sie liefern auch enorm viel Energie und können somit zu Übergewicht beitragen, wenn an anderen Stellen des Speiseplans nicht gespart wird. Die Schweizer Lebensmittelpyramide empfiehlt aber im Vergleich zu anderen Ländern immer noch recht viel Öl. In Deutschland rät man nur noch zu einem Esslöffel Pflanzenöl pro Tag.
Was geblieben ist: vor allem Wasser trinken
Viele andere Punkte auf der Lebensmittelpyramide sind geblieben wie zuvor. Noch immer bilden Getränke die grösste Gruppe, wie bis anhin soll man vor allem Wasser trinken, wahlweise auch ungesüssten Kräuter- und Früchtetee. Kaffee und Schwarztee können zur Flüssigkeitszufuhr beitragen, ein moderater Konsum – etwa drei Tassen täglich – wird aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen empfohlen.
Wie zuvor werden drei Portionen Getreideprodukte oder Kartoffeln pro Tag empfohlen, die dem Körper Kohlenhydrate liefern. In den neuen Empfehlungen steht, davon sollte «mindestens die Hälfte in Form von Vollkorn» aufgenommen werden. Zuvor hiess es noch nicht ganz so eindeutig: «Bei Getreideprodukten Vollkorn bevorzugen.» Aus gesundheitlicher Sicht ist die klarere Formulierung sinnvoll. Vollkornprodukte liefern wertvolle Ballaststoffe, sättigen dadurch gut und wirken sich positiv auf die Darmflora aus.
Kein pauschales Abraten von hochverarbeiteten Lebensmitteln
Auch mit dem Thema hochverarbeitete Lebensmittel haben sich die Autoren der neuen Lebensmittelpyramide auseinandergesetzt. Sie raten aber wie bis anhin nicht explizit von industriell hochprozessierten Gerichten ab. Denn bis jetzt gibt es unter Wissenschaftern noch keine eindeutige Definition hochverarbeiteter Lebensmittel. Die wissenschaftlichen Studien sind bis heute noch nicht aussagekräftig genug, um klare Empfehlungen abgeben zu können. Diese Einschätzung teilen auch Fachleute.