Die Erkundung des Mondes begann in den 1950er Jahren mit einem harten Aufprall. Seither zerschellen immer wieder Sonden. Warum ist das so?
Sanft auf dem Mond aufzusetzen, ist kein Kinderspiel. Davon zeugt eine lange Liste von Sonden, die den Mond nie erreicht haben oder auf ihm zerschellt sind. Auch staatliche Weltraumorganisationen mit jahrzehntelanger Erfahrung sind gegen Rückschläge nicht gefeit. So krachte im August letzten Jahres die russische Mondsonde Luna-25 in einen Mondkrater.
Am 22. Februar steht der Mond erneut im Fokus. An diesem Tag unternimmt das amerikanische Raumfahrtunternehmen Intuitive Machines den Versuch, seinen unbemannten Odysseus-Lander heil in der Südpolregion des Mondes abzusetzen.
Ein Erfolg wäre aus verschiedenen Gründen ein Meilenstein. Es wäre das erste Mal seit mehr als 50 Jahren, dass wieder eine amerikanische Sonde auf dem Mond landet. Und es wäre das erste Mal überhaupt, dass dieses Kunststück einer privaten Firma gelingt.
Der Odysseus-Lander übersteht den Start
Das erste Hindernis hat Intuitive Machines bereits überwunden. Der Odysseus-Lander wurde am 15. Februar mit einer Rakete von Space X in den Weltraum geschossen. Ungefähr eine Stunde nach dem Start trennte er sich von der Rakete. Nach Angaben des Herstellers war die Orientierung der Sonde stabil, die Solarzellen produzierten Strom, und auch die Kommunikation mit dem Kontrollzentrum funktionierte einwandfrei.
Damit ist Intuitive Machines schon jetzt einen Schritt weiter als die amerikanische Firma Astrobotic Technology. Deren Mondlander hatte im Januar zwar den Weltraum erreicht, verlor danach aber wegen eines Lecks Treibstoff. Der Lander geriet ins Taumeln und konnte nicht mehr auf die Sonne ausgerichtet werden. Unter diesen Umständen war eine weiche Landung auf dem Mond unmöglich. Das Unternehmen entschied sich dafür, den Lander in der Erdatmosphäre verglühen zu lassen.
Der Fehlschlag lenkt die Aufmerksamkeit auf die wichtigste Komponente eines Mondlanders: sein Antriebssystem. Einer der grössten Unterschiede zwischen dem Mond und den Planeten im Sonnensystem ist, dass der Mond keine Atmosphäre hat. Ohne Luftwiderstand kann eine Mondsonde nicht mit Fallschirmen abgebremst werden. Stattdessen benutzt man die Triebwerke, um die Geschwindigkeit zu reduzieren – von typischerweise 6000 Kilometern pro Stunde auf nahezu null.
Das erfordert nicht nur ausgeklügelte Triebwerke, deren Schub sich verändern lässt, sondern auch einen sparsamen Umgang mit dem Treibstoff. Dieser steht nur in begrenzten Mengen zur Verfügung. Verliert die Sonde auf dem Weg zum Mond zu viel Treibstoff, fehlt dieser bei der Landung.
Einem japanischen Lander geht der Sprit aus
Das wurde im April letzten Jahres dem Hakuto-R-Lander des japanischen Raumfahrtunternehmens Ispace zum Verhängnis. Ein defekter Höhenmesser hatte suggeriert, der Lander sei bereits gelandet. Tatsächlich befand er sich aber noch fünf Kilometer über der Mondoberfläche. Auf den letzten Kilometern ging dem Lander der Sprit aus. Er ging in den freien Fall über und schlug mit einer Geschwindigkeit von 550 Kilometern pro Stunde auf dem Mond auf.
Auch mit genügend Treibstoff gibt es genug Dinge, die bei einer Mondlandung schiefgehen können. So scheiterte die israelische Beresheet-Mission im Jahr 2019 wegen eines defekten Beschleunigungssensors. Die Betriebsmannschaft im Kontrollzentrum versuchte, den Sensor wieder zu aktivieren, löste damit aber eine Kettenreaktion aus, die am Ende zu einer automatischen Abschaltung der Triebwerke führte. Wie eine spätere Analyse zeigte, krachte die Sonde mit einer Geschwindigkeit von 3000 Kilometern pro Stunde auf den Mond und hinterliess einen kleinen Krater.
Zusätzlich erschwert wird eine Mondlandung durch den Staub, den die Triebwerke aufwirbeln. Anders als irdischer Staub ist Mondstaub scharfkantig. Es besteht deshalb die Gefahr, dass die empfindlichen Sensoren eines Landers beschädigt werden. Zudem kann der aufgewirbelte Staub die Sicht beeinträchtigen, so dass die Sensoren möglicherweise die Entfernung zur Mondoberfläche falsch einschätzen.
Ohne funktionierende Sensoren wird eine Mondlandung zu einem Himmelfahrtskommando. Denn die Sonde muss anhand der Sensordaten weitgehend autonom entscheiden, wo und wann sie landet. Von der Erde aus lässt sich das nicht steuern. Denn ein Radiosignal braucht für den Weg vom Mond zur Erde und zurück mehr als zwei Sekunden. Sollte in dieser Zeit ein unvorhergesehenes Hindernis auf der Mondoberfläche auftauchen, käme der Befehl zum Ausweichen zu spät.
Ohne Private kann die Besiedelung des Mondes nicht gelingen
Die lange Liste der Fehlschläge zeigt, dass selbst erfahrene Raumfahrtnationen an diesen Herausforderungen scheitern können. Noch grösser ist das Risiko für private Firmen, die noch neu im Weltraumbusiness sind. Anders als die staatlich geförderten Raumfahrtbehörden müssen sie jeden Rappen spalten, wenn sie kommerziell erfolgreich sein wollen. Das führt dazu, dass sie bei der Technik und beim Testen von Komponenten gewisse Kompromisse eingehen müssen, die ihre Erfolgsaussichten schmälern.
Anderseits ist dieses Kostenbewusstsein auch einer der Gründe, warum private Firmen eine wichtige Rolle bei der Erschliessung des Mondes spielen. Wenn es den USA, China und anderen Raumfahrtnationen ernst damit ist, sich dauerhaft auf dem Mond einzurichten, so braucht es dafür sehr viele Versorgungsflüge.
Die Nasa hat schon vor einigen Jahren entschieden, diese Aufgabe in private Hände zu legen. Im Rahmen des Programms Commercial-Lunar-Payload Services (CLPS) vergibt sie Aufträge an Firmen, die Ausrüstung und wissenschaftliche Instrumente zum Mond bringen. So zahlt die Nasa Intuitive Machines für den Transport von sechs Nutzlasten 118 Millionen Dollar. Einen ähnlich hohen Betrag hat Astrobotic Technology erhalten. Daneben transportiert der Odysseus-Lander auch andere Nutzlasten, etwa eine Skulptur des Künstlers Jeff Koons.
Für die Nasa birgt der Rückgriff auf private Firmen ein finanzielles Risiko. Der Initiator des CLPS-Programms, der frühere Wissenschaftsdirektor der Nasa Thomas Zurbuchen, bekundete öffentlich, er rechne damit, dass jede zweite Mission scheitere. Bewahrheitet sich das, käme die Nasa aber immer noch günstig weg. Würde sie die Mondlander in Eigenregie entwickeln, wäre mit Kosten zwischen 500 Millionen und 1 Milliarde Dollar pro Mission zu rechnen. Nur für den Transport der Nutzlasten zu zahlen, ist für die Nasa eindeutig billiger.